Aufgewachsen unter Hunden: Das schwarze Schaf vom Maroldhof
Bambi sticht nicht nur wegen ihrer Rasse aus der Schafherde heraus. Familie Dachs zog das weibliche Bergschaf vor 14 Jahren im Wohnhaus mit der Flasche auf. Auch eine damals elfköpfige Hundefamilie adoptierte das Schaf. Noch heute unterscheidet sich Bambi von ihren Artgenossen.
Warngau – Auf den ersten Blick ist Bambi ein gewöhnliches Schaf: Sie frisst Gras und macht „Mäh“. Doch Bambi frisst auch Leckerlis und spielt mit Hunden. Das kohlrabenschwarze Bergschaf lebt seit 14 Jahren auf dem Maroldhof am Taubenberg und ist geprägt von einer aufregenden Kindheit: Ihre ersten Monate verbrachte Bambi bei den Hundewelpen der Familie Dachs.
Weil die Mutter das Lamm verstoßen hatte, mussten Silvia Dachs, ihr Mann Klaus und die Kinder Marinus und Filomena das Schaf mit der Flasche aufziehen. Die ersten Monate verbrachte es deshalb im Haus, damit es von den anderen Tieren nicht totgetreten wurde – mit einer Windel bekleidet, da sie ja nicht stubenrein war (wir berichteten). „Bambi ist nicht im Kochtopf gelandet, wie manche damals behaupteten“, erzählt Silvia Dachs. Ganz im Gegenteil: Bambi lebt ein langes Leben auf dem Maroldhof. „Wir hätten sie nie geschlachtet. Sie ist mit unseren Hundebabys aufgewachsen, sie war quasi auch ein Hundebaby für uns.“
Dachs erinnert sich gerne an die Zeit zurück, als Bambi noch ein Lämmchen war. „Es war eine sehr schöne Zeit.“ Da ihre zwei Hunde Hexi und Loiserl Nachwuchs bekommen hatten, lebten damals neun Welpen im Hause Dachs. „Sie haben immer alle gleichzeitig gespielt und geschlafen – und das Schafbaby immer mittendrin.“ Welpe Bertl blieb auf dem Hof, seine Geschwister fanden neue Familien. Mit Bertl wuchs Bambi auf, tobte und spielte draußen, bis der Hund vergangenes Jahr starb.
Dass ein Lämmchen mit der Flasche aufgezogen wird, ist nichts Besonderes. Es komme häufiger vor, dass Mütter ihre Lämmer verstoßen, berichtet Dachs, vor allem, wenn sie krank sind. Dass ein Schaf aber mit Windeln im Haus tobte, mit den Hunden spielte und im Hundebett schlief, sei eine Ausnahme gewesen. Auch an Spaziergängen mit den Hunden nahm Bambi gerne teil.
Mittlerweile gibt es auf dem Maroldhof einen zweiten Stall, in dem verstoßene oder kranke Lämmer separiert und vor anderen Tieren geschützt werden können. Zutritt zum Haus bekommt kein Schaf mehr.
Heute darf Bambi zwar nicht mehr ins Haus, vieles aus ihrer Sozialisation mit den Hunden ist aber geblieben. „Sie isst heute noch Hundeguttis, und sie ist noch sehr lange ins Haus gegangen, wenn die Tür offen stand.“ Auch sein Wissen hat das Schaf nicht verloren: „Sie wusste jahrelang noch, in welcher Schublade die Guttis sind und hat sie gefressen“, schmunzelt Dachs. Heute ist das Schaf ruhiger geworden. „Sie wird alt, sie sieht nicht mehr so gut und humpelt ein bisschen, aber es geht ihr gut.“ Anders als ihre Herde hat Bambi aber keine Angst vor Hunden, auch nicht vor fremden.
Nicht nur Bambi bleibt auf dem Maroldhof bis zu ihrem Lebensabend: Auch die anderen sechs Schafe, fünf Nandus, Hühner, Enten, Pfaue, vier Hunde, Katzen und Kanarienvögel dürfen hier alt werden. So gut wie alle Tiere sterben eines natürlichen Todes oder werden eingeschläfert, wenn sie krank sind.
So kam es, dass Bambi vor zwei Jahren als einziges Bergschaf übrigblieb. Dachs wollte sie nicht alleine lassen, weshalb sich die Familie vier Tiroler Steinschafe zulegte. „Das war eine Verjüngungskur für Bambi“, sagt die Warngauerin und lacht. Die Schafe hält sie, damit sie die Weide auf dem Anwesen abgrasen – so spart sich die Familie das Mähen. „Die Landwirtschaft ist mehr ein Hobby“, sagt die 57-Jährige, die mit ihrem Mann Klaus eine Gästepension betreibt.
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Wie lange Bambi dem Hof erhalten bleiben wird, kann Dachs schwer abschätzen. „Das geht manchmal von einem Tag auf den anderen.“ Auf ein bewegtes Leben kann das Schaf allemal zurückblicken.
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