Ein Blick in den Renten-Entwurf offenbart das Ende des Generationenvertrags

Wir Jungen müssen auf die Barrikaden gehen – vielleicht nicht gerade mit Waffen, wie es Vertreter der Grünen Jugend derzeit fordern, aber die Lage ist doch ernst. Was das Bundeskabinett zur Rente beschlossen hat, ist unverantwortlich. 

Hier wird Politik zulasten unserer Generation gemacht. Nicht nur der Aufschrei bleibt aus. Ganz unverhohlen wird weiterhin Geld ausgeschüttet, das es gar nicht gibt. Nur, um uns ruhig zu stellen? 

Ich gebe hier meine persönliche Meinung wieder. Denn schon lange ist für mich klar: Das mit der Rente wird so nicht gut gehen. Die Regierung behauptet zwar, die Rente zu „reformieren“. Was seit dieser Woche aber als Gesetzentwurf vorliegt, ist alles andere als eine Verbesserung: Das ohnehin strukturell marode Rentensystem wird weiter aufgebläht, von echten Reformen keine Spur.

Das Rentenniveau ist nur eine Rechengröße

Hinzu kommt: Sozialministerin Bas behauptet allen Ernstes, die Jüngeren profitierten von ihrem Gesetz besonders. Das stimmt in meinen Augen nicht. Denn sie lastet den Beitrags- und Steuerzahlern derart hohe Kosten auf, dass es einem schwindelig wird. Und die Jungen sind und werden davon am längsten betroffen sein. 

Das milliardenschwere Rentenpaket soll neben der Ausweitung der Mütterrente, ein unfassbar teures Unterfangen, zuvorderst das Rentenniveau absichern. Genauer, weil komplizierter und – auf lange Sicht – ungleich teurer, sollten wir bei Letzterem hinsehen. 

Das Rentenniveau ist nur eine Rechengröße. Sie setzt Renten nach 45 Beitragsjahren mit Durchschnittsverdienst ins Verhältnis zum aktuellen Durchschnittslohn. Das sagt nichts über die eigene Rente aus, ist ein Orientierungswert. 

2018 wurde festgelegt, dass dieses Netto-Standard-Rentenniveau vor Steuern bei mindestens 48 Prozent gehalten werden muss. Nach derzeitigem Recht soll das nur noch bis 2025 gelten, nun allerdings bis 2031 verlängert werden.

Immer weniger Beschäftigte werden in Rentenkasse einzahlen

Das wird für das umlagefinanzierte gesetzliche Rentensystem weitreichende Folgen haben: Ein Umlagesystem funktioniert – ganz vereinfacht gesprochen – so, dass kalkuliert wird, wie viele Beitragszahler mit welchem Volumen einzahlen und wie viel Renten auf Grundlage der unterschiedlichen Ansprüche gemäß des Äquivalenzprinzips ausgezahlt werden (können). 

In Wahrheit handelt es sich hierbei natürlich um hochkomplexe versicherungsmathematische Modelle. Dennoch ist die Grundstruktur einleuchtend. In den kommenden Jahren werden aufgrund des demografischen Wandels immer weniger Beschäftigte in die Rentenkasse einzahlen. 

Nach offiziellen Berechnungen des Sozialministeriums würde das Rentenniveau deshalb auf „natürlichem Wege“ von heute 48 Prozent bis zum Jahr 2030 auf 46,9 Prozent und bis zum Jahr 2045 auf 44,9 Prozent sinken. Die Renten würden also weniger stark steigen im Vergleich zu den Einkommen der Erwerbstätigen.

Finanzielle Lücke wird immer größer werden

Wenn aber, wie jetzt, das Niveau der Renten „künstlich“, also politisch gewollt, höher gehalten wird, als es nach dem Umlageverfahren eigentlich möglich wäre, entsteht eine finanzielle Lücke. 

Und diese wird immer größer werden, je mehr Babyboomer-Jahrgänge auf „die andere Seite“ wechseln. Schon heute belaufen sich die Ausgaben des Bundes für die gesetzliche Rentenversicherung auf rund 30 Prozent des gesamten Bundeshaushalts. Das wird nun definitiv mehr werden. Und wir Jungen werden zur Kasse gebeten:

Denn zum einen lässt sich das künstlich hoch gehaltene Rentenniveau über die Bundesmittel und entsprechend über Steuern finanzieren. Das erscheint natürlich wunderbar einfach, wenn man mit massiven Neuverschuldungen in der Tasche am Geldhahn sitzt. 

Und es verschleiert im Nebel der Ausgaben, dass man weiter an das Geld der Steuerzahler ranmuss, um seine Versprechen einzuhalten. Denn bereits im Koalitionsvertrag haben sich die Regierungsparteien darauf geeinigt, alle etwaigen Mehrkosten über den Steuerhaushalt laufen zu lassen. 

Aktuell liegt Beitragssatz bei 18,6 Prozent

So heißt es auch im Gesetzentwurf: „Die sich daraus ergebenden Mehraufwendungen der Rentenversicherung werden aus Steuermitteln vom Bund erstattet“. Im Jahr 2031 werden diese auf 11,2 Milliarden Euro steigen.

Zum anderen über die Beiträge. Aktuell liegt der Beitragssatz zur Rentenversicherung bei 18,6 Prozent. Ein Blick in den Bas’schen Gesetzentwurf lässt einmal mehr meinen Galgenhumor hervorkommen. Denn klammheimlich wird die ebenfalls 2018 eingeführte Obergrenze für den Beitragssatz von maximal 20 Prozent gestrichen. 

Nun steht im Gesetzentwurf nur noch, man wolle Beitragssatzsteigerungen „vermeiden“, dieser Satz ist aber rechtlich nicht bindend. Das muss man sich mal vorstellen: Es wird vereinbart, die Mehrkosten über das Steuersystem zu bezahlen. Schlimm genug. 

Generationenvertrag de facto aufgekündigt

Doch offenbar reicht das nicht aus und Bas will an den Beitragssatz ran. Im Gesetzentwurf steht auch, wie seine Steigung prognostiziert wird: Im Jahr 2040 soll er bei 21,4 Prozent liegen. Jeder kann selbst einmal ausrechen, was das bei seinem Brutto-Verdienst für ihn bedeuten würde. 

De facto ist der Generationenvertrag, der einen Ausgleich zwischen sozial gerechten Rentenzahlungen der Älteren und der Beitragslast der Jüngeren schaffen soll, damit aufgekündigt.

Das ist ein Schlag ins Gesicht meiner Generation. Statt Maßnahmen gegen mehr Belastungen zu unternehmen, die aufgrund des demografischen Wandels ohnehin akut sind, macht Frau Bas Geld-Geschenke an die Älteren. 

Gleichzeitig wird nichts reformiert oder verbessert, was das marode Rentensystem stabiler machen würde. Und dann der Oberknaller: Bas behauptet, die Jüngeren würden von ihrem Milliarden-Paket besonders profitieren, die, die heute arbeiten und unser Land am Laufen halten. Dazu, liebe Leser, fällt mir nichts mehr ein. 

Milliardenausgaben liegen auf unseren jungen Schultern

Dass meine Generation keine stabilen Renten bekommen und noch dazu vorher über steigende Steuern und Sozialabgaben immer weiter belastet wird, liegt auf der Hand. Die Bundesregierung hat ihre Chance verpasst, intergenerationelle Gerechtigkeit herzustellen. 

Was jetzt vorliegt sind Milliardenausgaben, die auf unseren jungen Schultern liegen – ob über einen Anstieg der Beitragssätze, über Bundesmittel, also Steuergelder, oder über die Neuverschuldung, also ebenfalls in die Zukunft verlagerte Steuern. 

Schlimm ist, dass die vermeintlichen Gerechtigkeitsargumente dann doch bei vielen verfangen und Politiker wie Sozialministerin Bas damit durchkommen, die eigentlichen Ursachen des Rentenproblems zu ignorieren und aufzuschieben. Den ausbleibenden Aufschrei interpretiere ich jedenfalls so.

Über die Kolumnistin

Franca Bauernfeind (geb. 1998) studiert derzeit an der Universität Erfurt im Masterstudiengang Staatswissenschaften. Die begeisterte Leistungsschwimmerin, Geigerin und Chorsängerin ist Stipendiatin der Hanns-Seidel-Stiftung, engagiert sich in verschiedenen Hochschulgremien und ist publizistisch tätig. Bundesweit bekannt wurde Franca Bauernfeind als Bundesvorsitzende des Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) und Mitglied im Bundesvorstand der CDU.