TV-Kolumne „Markus Lanz“ - Bei Lanz offenbart Kubicki, wie groß der Scherbenhaufen FDP wirklich ist
Wolfgang Kubicki wirft seinen Hut in den Ring. „Ich habe mehrere Hundert Mails bekommen, ich solle doch weiter machen“, sagt der FDP-Vize beim Nacht-Talk mit Markus Lanz. „Jetzt muss ich darüber nachdenken.“ Schon Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat angekündigt, den Vorsitz der Liberalen übernehmen zu wollen. Nun will sich offenbar auch Wolfgang Kubicki erheben.
Christian Lindner, unter dessen Führung die Partei bei der Bundestagswahl weit unter fünf Prozent erreicht hatte, ist zurückgetreten. Die junge Garde, die er um sich scharte, ist ebenfalls weg. Jetzt müssen es offenbar die Silberrücken machen. Alleinunterhalter Lindner hat es versäumt, frische politische Gesichter aufzubauen, die die FPD nach außen vertreten können.
150 FDP-Mitarbeiter landen auf der Straße
Allein 150 FDP-Fraktionsmitarbeiter bekommen in wenigen Wochen kein Geld mehr. Da stehen Existenzen auf dem Spiel. Doch Lindner winkt nur aus der Ferne. „Es ist schwierig, die Leute bei der Stange zu halten und neue Leute zu gewinnen“, klagt Kubicki. Und es wird gewiss nicht leichter, wenn offenbar wird, dass die FDP-Führung sich wenig um ihr einstiges Personal kümmert. Kubicki sagt: „Am Ende des Monats März stehen die vor dem finanziellen Nichts.“
Auch 700.000 FDP-Mitglieder hätten wohl gerne gewusst, wie der frühere Bundesvorsitzende Lindner sich die Zukunft der Partei vorstellt. Aber er erklärt nur: „Ich scheide aus der aktiven Politik aus.“ Und tschüss.
Lindner hat eine Partei-Ruine hinterlassen
„Man stampft Personal nicht aus dem Boden. Es braucht Strukturen“, erklärt Wolfgang Kubicki. Er wolle diese Strukturen schaffen. Nun braucht man bei den Liberalen wieder die Alten: Strack-Zimmermann ist 66, Kubicki ist 72 Jahre alt. Der 46-jährige Lindner hat eine Partei-Ruine hinterlassen. Die Folge ist, dass nun Menschen in die Ruder greifen müssen, die sich selbst als Notlösung sehen.
„Dass ich nicht die Zukunft der Partei bin, weiß ich auch. Ich glaube aber auch nicht, dass Strack-Zimmermann die Zukunft der Partei ist“, erklärt Kubicki. Als seine Kernkompetenzen für den Vorsitz der FDP hat er Folgendes ausgemacht: „Dafür spricht meine Beliebtheit, meine Bekanntheit und meine Erfahrung.“
Eine liberale Kraft würde dem Bundestag guttun
Am Wahltag war FDP-Urgestein Kubicki gegen 3.30 Uhr ins Bett gegangen. Am Morgen danach hatte er einen schweren Kater. „Ich habe das Ergebnis begossen“, erzählt er bei Markus Lanz. „Ich habe Trauerarbeit geleistet.“ Er habe sich schlicht nicht vorstellen können, dass die FDP „so schmählich“ aus dem Parlament ausscheide. Offenbar sehen frühere FDP-Wähler in der Partei kein Bollwerk mehr gegen die Beschränkung der Bürgerrechte, sondern eher eine Vereinigung des Eigennutzes. Dabei täte eine liberale Kraft dem Bundestag gut. Doch Lindner hat den parlamentarischen Liberalismus an den Abgrund geführt.
Kann Kubicki das Leck stopfen?
Wer in ein paar Jahren an die Ampelkoalition zurückdenkt, wird sich an einen Christian Lindner erinnern, der vehement und immer wieder für den Erhalt der Schuldenbremse eintrat. Das war es dann aber auch schon. Die Partei von Hans-Dietrich Genscher ist zu einer eindimensionalen Steuer- und Unternehmenspartei geschrumpft. Smoking statt gelber Pulli. Früher reichte das Spektrum bis zur Weltpolitik, jetzt sind es marktliberal Dogmen, die den Kern der FDP ausmachen.
Sicher hat diese Verengung damit zu tun, dass Lindner das Amt des Bundesfinanzministers ausübte und als Parteichef vorwiegend eigene Themen auf die Agenda setze. Der 46-jährige Wuppertaler hat die Partei versenkt. Es ist mehr als fraglich, ob ein 72-Jähriger das Leck stopfen kann.