Gemeinde in Aufruhr: Bürgermeister sitzt in U-Haft – und bezieht weiter Gehalt
Seit eineinhalb Jahren ist die politische Situation im bayerischen Seeg ziemlich vertrackt. Denn der Bürgermeister sitzt in U-Haft – ist aber weiter im Amt.
Seeg – Hängepartie seit rund 18 Monaten: In Seeg sitzt der Bürgermeister, Markus Berktold (CSU), in Untersuchungshaft. Ihm wird vorgeworfen, so berichtet es der BR, zusammen mit dem Leiter eines Pflegedienstes Coronahilfen in Höhe von etwa zwei Millionen Euro unrechtmäßig abgerechnet zu haben, zudem soll er mehr als eine Million Euro bei der Betreibergesellschaft des Seeger Seniorenheims und dem Trägerverein veruntreut haben.
Im Januar dieses Jahres wurde er vom Landgericht Nürnberg-Fürth zu einer Gefängnisstrafe von fünfeinhalb Jahren verurteilt. Aber: Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, der Bundesgerichtshof muss noch im laufenden Revisionsverfahren eine Entscheidung treffen. Bis dahin bleibt Berktold im Amt – und Seeg in der politischen Schwebe.
Bürgermeister in U-Haft: Seeg zahlt weiter Gehalt – und fragt sich, wie es weitergehen soll
Die Amtsgeschäfte Seegs führt derzeit Lorenz Schnatterer, der laut BR eigentlich Vollzeit für einen Werkzeugmaschinenbaukonzern tätig ist. Ihm zufolge sehnen sich die Menschen in Seeg nach einem Ende der politischen Hängepartie – die auch noch ziemlich teuer ist. Denn wie der BR auf Nachfrage von Nutzern erklärt, musste die Gemeinde dem inhaftierten Bürgermeister bis September dieses Jahres volles Gehalt zahlen. Inzwischen wurden die Bezüge durch die Bundesanwaltschaft um die Hälfte gekürzt.
Im Falle einer finalen Verurteilung müsste Berktold das Geld zurückzahlen. Doch daran hat Schnatterer Zweifel – er wisse nicht, ob die Gemeinde die 200.000 Euro (inklusive Nebenkosten) zurückbekommen würde. Ein weitreres Problem sei, dass man wegen der anhaltenden Zahlungen Projekte zurückstellen oder verschieben müsse. Das ärgere gewaltig, so der stellvertretende Bürgermeister zum BR.
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Seeg in Hängepartie mit offenem Ende – doch eines steht für Bürgermeister Berktold fast fest
Wie lange es noch dauert, bis der Bundesgerichtshof eine Entscheidung in dem laufenden Revisionsverfahren fällt, ist völlig offen – es kann noch Monate dauern. Bis dahin gilt die Unschuldsvermutung und Berktold bleibt im Amt. Kurios ist aber durchaus, dass die Verteidigung des CSU-Politikers beim Plädoyer im Januar zweieinhalb Jahre Haft forderte. Denn bereits ab einer Verurteilung zu einer Strafe von mehr als einem Jahr würde der Bürgermeister qua Gesetz sein Amt so oder so verlieren, erklärt der BR.
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Parallel läuft sogar noch ein Disziplinarverfahren gegen Berktold. Im Rahmen dessen wurde der Bürgermeister von der Landesanwaltschaft Bayern bereits vorläufig von seinem Amt enthoben, schreibt der BR. Doch auch dieses ruht, bis das Strafverfahren abgeschlossen ist. Für die Bürger von Seeg heißt das alles unterm Strich: warten. Und hoffen, dass der Bundesgerichtshof bald ein Urteil fällt. (fhz)