„Haarsträubender Blödsinn“: Bayerischer Rektor rechnet mit Notenvergabe an Schulen ab

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Markus Söder schließt aus, unangekündigten Tests generell abzuschaffen. „Als ob wir keine anderen Probleme haben“, sagt ein Schulleiter aus Bayern.

In Bayern ist ein Streit über unangekündigte Tests an Schulen entbrannt. Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) wollte zu Beginn des Schuljahres einen Dialog mit Lehrern, Eltern und Schülern über die Prüfungskultur der Zukunft und „unangekündigte Leistungsnachweise“, „Exen“ genannt, führen. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) beendete die Debatte nach wenigen Tagen und erteilte einer generellen Abschaffung eine Absage.

In einem offenen Brief kritisierte der Bayerische Elternverband Söders Einmischung scharf. Söder habe das Vertrauen der Eltern in Demokratie und Rechtsstaat schwer beschädigt. Eine Münchner Schülerin hatte zuletzt eine Online-Petition zur Abschaffung der Exen gestartet.

„Es nervt mich. Das ist wieder ein typisch gymnasiales Thema, das die Bildungsdebatte prägt, ähnlich wie die Diskussion um G8 und G9, als ob wir keine andere Probleme hätten“, sagt Helmut Klemm BuzzFeed News Deutschland von IPPEN.MEDIA. Er ist Schulleiter der Eichendorffschule in Erlangen (Bayern). Die Mittelschule gewann 2023 den Deutschen Schulpreis.

Trauriges Mädchen vor Schule
Unangekündigte Tests setzen Schülerinnen und Schüler unter permanenten Stress, kritisiert ein Rektor. © Depositphotos/IMAGO

Rektor gegen Exen in Schulen – „hat mich maßlos gestresst und genervt“

Die „Exen“, also Extemporalen oder Stegreifaufgaben, um die es geht, sind unangekündigte, kurze Tests zur Wissensabfrage. Die Schülerinnen und Schüler haben dabei etwa 20 Minuten Zeit zu zeigen, dass sie den Stoff der vergangenen Stunde beherrschen. Klemm kenne das aus seiner Zeit als Schüler – „das hat mich maßlos gestresst und genervt“.

„Im Bereich der Mittelschule kennen wir das nicht“, sagt Klemm. Seine Eichendorffschule verwende diese Tests nicht, „weil wir es pädagogisch für falsch halten, mit solchen Leistungen zu Noten zu kommen“. Und auch gymnasiale Kollegen und Kolleginnen seien nicht verpflichtet, unangekündigte Tests durchzuführen.

„Da soll etwas verboten werden, was nicht gemacht werden muss“, sagt Klemm BuzzFeed News Deutschland. Pädagogen könnten die ganze Diskussion entschärfen, wenn sie sagen würden: „Ist uns eigentlich wurscht, dass Söder es nicht verbieten will“. Sie haben als Pädagogen eine Verantwortung und können die Entscheidung in den Kollegien treffen, sagt Klemm.

Exen abschaffen? Schulleiter in Bayern ärgert sich über „altmodische“ Diskussion

Das Argument, unangekündigte Tests bereiteten junge Menschen auf den Umgang mit unvorhergesehenen Situationen im Arbeitsleben vor, hält Klemm spontan für „haarsträubenden Blödsinn“. Er wisse nicht, welche Arbeitswelt den Befürwortern der Tests vorschwebe, aber niemand sei „permanent unvorhersehbaren Drucksituationen ausgesetzt. Man arbeitet entweder in Routinen oder in Teams“, sagt Klemm BuzzFeed News Deutschland.

Klemm ärgert sich über die „altmodische, rückwärtsgewandte und lächerliche Diskussion“. Es gehe nicht um solche „nervigen und stressigen“ Abfragen, sondern um die Frage, wie wir mit Leistung umgehen. Da sei man an manchen Schulen in Bayern schon viel weiter: „Wir reden davon, die Bedeutung von Noten zu reduzieren, weil sie so subjektiv sind und, dass wir Schülerinnen und Schüler gezielt fördern müssen“, sagt Klemm. Er fordert eine „andere Kultur von Leistung und Leistungsnachweisen“.

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