Urteil gegen Markus Berktold: „Seeg tut es gut“ - Anwalt kündigt Revision an
Nach dem Urteil gegen ihn muss Markus Berktold nicht nur um seine Freiheit, sondern auch um Amt und Einkommen fürchten. Sein Anwalt kündigt bereits Revision an.
Seeg – Fünfeinhalb Jahre. So lange muss der Seeger Bürgermeister Markus Berktold ins Gefängnis. Das hat das Landgerichts Nürnberg-Fürth gestern Nachmittag verkündet. Das Gericht unter dem Vorsitz von Richter Dr. Mark Leppich sah es als erwiesen an, dass sich der CSU-Kommunalpolitiker des Betrugs sowie des versuchten Betrugs in Millionenhöhe schuldig gemacht hat.
Gleichwohl – rechtskräftig ist das Urteil noch nicht. Berktold hat nun zwei Wochen Zeit, in Revision zu gehen. Sein Anwalt Robert Chasklowicz teilte am Freitagnachmittag mit, von diesem Recht Gebrauch machen zu wollen: „Ich werde auf jeden Fall Revision einlegen, weil das Urteil mit fünfeinhalb Jahren völlig überzogen ist und weder Herrn Berktold als Person noch den festgestellten Umständen des Falles gerecht wird“, so der Strafverteidiger gegenüber dem Kreisboten.
Staatsanwaltschaft und Gericht haben sich nach Chasklowicz Überzeugung von dem dem Mitangeklagten „aufs Glatteis führen lassen“. Der ehemalige Pflegeheimleiter hatte den Kommunalpolitiker gleich zu Beginn des Prozesses schwer belastet.
Staatsanwaltschaft und Gericht hätten nicht erkannt, dass sich der Mitangeklagte damit einen persönlichen Vorteil in der Strafzumessung erkaufen wollte. „Was ihm letztlich ja auch gelungen ist“, teilte Chasklowicz mit.
Ob die Revision tatsächlich durchgeführt werde, hänge von den schriftlichen Urteilsgründen ab und könne deshalb erst entschieden werden, wenn das vollständige schriftliche Urteil vorliege, so der Kaufbeurer Rechtsanwalt weiter.
Sollte Berktold jedoch tatsächlich rechtskräftig verurteilt werden, wären die Folgen für ihn gravierend.
Als Bürgermeister von Seeg ist Berktold ein kommunaler Wahlbeamter. Seit September ist er jedoch von der Landesanwaltschaft Bayern wegen des Verfahrens gegen ihn vorläufig seines Amtes enthoben. Die Landesanwaltschaft ist die zuständige Disziplinarbehörde für den Großteil der Beamten im Freistaat. Die Amtsgeschäfte in Seeg führt seit Berktolds Verhaftung Zweiter Bürgermeister Lorenz Schnatterer. Zudem hat der neue Geschäftsleiter Peter Hartl, der aus Füssen kommt, seinen Dienst zu Jahresbeginn angetreten.
Doch nun droht dem Verurteilten die vollständige Amtsenthebung: „Sollte die strafrechtliche Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von über einem Jahr rechtskräftig werden, würde das Beamtenverhältnis kraft Gesetzes mit der Rechtskraft des Urteils enden“, teilte ein Sprecher der Landesanwaltschaft dazu auf Anfrage des Kreisboten mit.
Bedeutet: Solange das Urteil noch nicht rechtskräftig ist, bleibt Berktold vorerst weiterhin nur vorläufig suspendiert. Sollte eine Revision jedoch nicht zugelassen oder Berktold auch in einem Berufungsverfahren rechtskräftig verurteilt werden, wird die Landesanwaltschaft ihn tatsächlich vollständig seines Amtes entheben. Damit verliert er gleichzeitig auch sämtlichen Besoldungs- und Versorgungsansprüche, wie Landesanwaltschaftssprecher Michael Pahlke weiter erläuterte.
Gravierende finanzielle Folgen
Außerdem müsste er das seit seiner Verhaftung vor einem Jahr bezogene Gehalt zurückzahlen. Dieses war ihm in den vergangenen Monaten nur unter dem Vorbehalt der Rückforderung ausgezahlt worden. „Die Besoldung ist zurückzuerstatten, wenn der Betroffene wegen des dem Haftbefehl zugrunde liegenden Sachverhalts rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wird“, so Pahlke.
Wie hoch die Summe ist, die Berktold zurückzahlen müsste, ist noch unklar. „Die Gesamtsumme ist abhängig von der Gesamtdauer der Untersuchungshaft, die aufgrund der noch fehlenden Rechtskraft des Strafurteils derzeit noch nicht feststeht. Daher kann an dieser Stelle keine genaue Summe genannt werden“, heißt es dazu vonseiten der Landesanwaltschaft.
Keine Wahl mehr möglich
Berktolds politische Karriere wäre mit einer Verurteilung gleichfalls beendet. Bürgermeister oder Landrat kann er laut Landesanwaltschaft nicht mehr werden. Demnach ist für ein solches Amt nicht mehr wählbar, wer rechtskräftig zu einer Haftstrafe verurteilt wurde, die den Verlust der Beamtenrechte zur Folge hat. Sein Amt als Kreisrat verliert er ebenfalls.
Solange das Urteil gegen den Kommunalpolitiker aber noch nicht rechtskräftig ist, bleibt auch offen, wie es in der Gemeinde Seeg weitergeht. Erst ab dem Zeitpunkt des Inkraftretens ist die Gemeinde verpflichtet, innerhalb von drei Monaten einen neuen Bürgermeister zu wählen, erklärte Stefan Leonhart, Sprecher des Landratsamtes in Marktoberdorf, dazu auf Nachfrage.
Weder Zweiter Bürgermeister Lorenz Schnatterer noch Geschäftsleiter Peter Hartl waren am Freitag für eine Stellungnahme erreichbar.
Unklar ist derzeit auch, wer für Berktolds in den Ostallgäuer Kreistag nachrücken wird. „Über das Nachrücken eines Listennachfolgers ist zu entscheiden, wenn der Listennachfolger zum Nachrücken berufen ist“, so Landratsamt-Sprecher Leonhart.
Das sagen die Seeger Bürger zum Urteil
Die Seeger Bürger scheinen das Urteil vornehmlich gut zu hießen. Zumindest war bei einer Umfrage im Ortskern unter Passanten keine einzige Stimme zu hören, die das Strafmaß kritisch sieht.
So sagt zum Beispiel Stefan Kösl: „Mich überrascht das Urteil nicht, ich habe damit gerechnet – und ich begrüße es.“ Er habe Markus Berktold kennen gelernt, erzählt der junge Mann, „und zwar von seiner negativen Seite“. Folglich glaube er nicht, wie immer mal wieder zu hören sei, dass der Bürgermeister da in etwas hineingeraten ist, sondern „er hat genau gewusst, was er tut und dann ist es ihm über den Kopf gewachsen.“ Für das Amt eines Bürgermeisters sei Berktold daher nicht geeignet, findet der Seeger.
Auch Hartwig Heinz ist enttäuscht über das Verhalten des Bürgermeisters und meint: „Ich bin mit dem Urteil einverstanden.“ Man sei per du gewesen, habe sich gekannt – da fühle man sich als Bürger gelinkt, wenn solche Straftaten ans Licht kommen, sagt Heinz. Dass Berktold dafür ins Gefängnis soll, findet er gerechtfertigt: „Wenn ich etwas verbreche, werde ich auch eingesperrt.“
Florian Paulsteiner findet das Urteil ebenfalls gerechtfertigt. Der Seeger hofft, dass bald alles wieder in geregelten Bahnen laufen kann in der Gemeinde. „Seeg braucht neue Strukturen“, sagt er. Er hätte sich gefreut, wenn dieses Urteil nun der Schlusspunkt gewesen wäre. „Aber wenn er in Revision geht, zieht sich das noch ewig hin.“
Eine 43-jährige Seegerin, die anonym bleiben möchte, ist der Meinung: „Das Urteil ist absolut gerechtfertigt. Wer unrecht tut, der soll auch dafür grade stehen, diesen Grundsatz kennen bereits Kindergartenkinder.“ Sollte das Jahr U-Haft angerechnet werden und eventuell noch ein Bonus wegen guter Führung, sei die Haftzeit schnell vorbei, meint sie. Ihr Fazit: „Seeg tut es gut, dass nun Klarheit herrscht.“
Riccarda Gschwend