Reißt Merz‘ Migrationswende die Brandmauer ein? Alle Informationen zum Asyl-Showdown im Bundestag
Der CDU-Chef probt den Asyl-Aufstand. Am Mittwoch will Friedrich Merz eine Wende in der Migrationspolitik einleiten – auch mit Stimmen der AfD. Alle Informationen.
Berlin – Kurz vor der vorgezogenen Bundestagswahl setzt CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz alles auf eine Karte in der Migrationspolitik. Der CDU-Vorsitzende, der Umfragen zufolge gute Chancen hat, nach dem 23. Februar ins Kanzleramt einzuziehen, möchte nicht bis dahin warten, um zu regieren. Noch in dieser Woche plant Merz, seine geforderte Wende in der Migrationspolitik durch den Bundestag zu bringen, unabhängig davon, wer den CDU-Antrag unterstützt. Am Mittwoch droht im Bundestag ein entscheidender Showdown zur Asylpolitik. Hier sind die wichtigsten Informationen zur bevorstehenden Abstimmung.

Merz plant Migrationswende noch vor der Bundestagswahl – Hintergrund der Entscheidung
Der tödliche Messerangriff in Aschaffenburg am vergangenen Mittwoch war der Auslöser für Merz‘ Forderung nach einer Wende. In der bayerischen Stadt griff ein ausreisepflichtiger Afghane, der in psychiatrischer Behandlung war, eine Kitagruppe in einem Park an. Dabei wurden ein zweijähriger Junge und ein 41-jähriger Mann, der den Angreifer stoppen wollte, getötet.
Am folgenden Tag forderte Merz öffentlich radikale Änderungen in der deutschen Migrationspolitik. „Wir stehen vor dem Scherbenhaufen einer in Deutschland seit zehn Jahren fehlgeleiteten Asyl- und Einwanderungspolitik“, erklärte Merz und kündigte an, ein „faktisches Einreiseverbot“ für Unberechtigte durchsetzen zu wollen. Diesen Schritt würde er auch gegen den Willen eines möglichen Innenministers mit der Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers durchsetzen.
Fünf-Punkte-Plan zur Migrationspolitik: Merz‘ Vorhaben im Bundestag
Noch in dieser Woche möchte Merz die ersten Anträge für eine neue Migrationspolitik durch den Bundestag bringen. „Ich werde mit den Themen, die wir haben und die seit letzter Woche Mittwoch eine neue Dringlichkeit erfahren haben, in dieser Woche sehr konsequent durch den Deutschen Bundestag gehen“, kündigte Merz am Montag an.
Die CDU hat hierfür zwei Antragsentwürfe vorbereitet, die unter anderem der Tagesschau vorliegen. Diese sogenannten Entschließungsanträge sollen die Meinung des Parlaments zu einem bestimmten Thema festhalten, zwingen die Bundesregierung jedoch nicht zum Handeln. Gesetzesänderungen so kurz vor der Bundestagswahl gelten ohnehin als unrealistisch.
CDU plant zwei Anträge im Bundestag: Kernpunkte der Migrationspolitik
Der erste Antrag umfasst einen Fünf-Punkte-Plan „für sichere Grenzen und das Ende der illegalen Migration“. Der Plan sieht folgende Maßnahmen vor:
Meine news
- Dauerhafte Grenzkontrollen zu allen Nachbarstaaten
- Einreiseverbot für alle Personen ohne gültige Einreisedokumente (unabhängig von einem möglichen Schutzgesuch)
- Inhaftierung von Personen, die „die vollziehbar ausreisepflichtig sind“ und „tägliche“ Durchführung von Abschiebungen – regelmäßig auch nach Afghanistan und Syrien
- Mehr Unterstützung für die Länder beim Vollzug der Ausreisepflicht und mehr Befugnisse für die Bundespolizei
- Unterbringung von ausreisepflichtigen Straftätern und Gefährdern in einem zeitlich unbefristeten Ausreisearrest
Der zweite Antrag trägt den Titel „Für einen Politikwechsel bei der Inneren Sicherheit“ und umfasst 27 Sofortmaßnahmen in verschiedenen Bereichen. Darunter auch folgende Punkte:
- Videoüberwachung in Echtzeit mit elektronischer Gesichtserkennung
- Härtere Strafen für Körperverletzung
- Ausweitung der Liste von sicheren Herkunftsstaaten
- Entzug der Staatsbürgerschaft für Doppelstaatler, die schwere Straftagen begehen
- Stärkung der Nachrichtendienste, Sicherheitsbehörden und Justiz
Merz provoziert Asyl-Showdown im Bundestag: Abstimmungstermin
Die beiden Anträge der Union sollen bereits am Mittwoch im Parlament zur Abstimmung kommen, wenn der Bundestag in der vorletzten Sitzungswoche der Legislaturperiode erstmals zusammentritt. Die vorläufige Tagesordnung sieht um 14.10 Uhr eine „Regierungserklärung zu aktuellen innenpolitischen Themen“ durch Bundeskanzler Olaf Scholz vor. Im Anschluss dürften die Anträge zur Abstimmung stehen.
Merz‘ Migrationswende im Bundestag – AfD als mögliche Unterstützer
Das große Problem bei Merz‘ Vorhaben sind die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag. Die Union ist zwar die größte Oppositionspartei, benötigt jedoch die Unterstützung mehrerer Fraktionen für eine Mehrheit. FDP-Chef Christian Lindner signalisierte bereits am Montagmorgen im Deutschlandfunk Zustimmung und sagte: „Das ist mir sogar egal, ob die AfD dort mitstimmt.“ Es gehe um ein politisches Signal des Bundestages.
Das mögliche Mitstimmen der AfD ist der Knackpunkt des Vorstoßes des CDU-Chefs. Merz zeigte sich offen, den Antrag auch mit den Stimmen der AfD durchzubringen. „Wer diesen Anträgen zustimmen will, der soll zustimmen. Und wer sie ablehnt, der soll sie ablehnen. Ich gucke nicht rechts und nicht links, ich gucke in diesen Fragen nur geradeaus“, sagte Merz.
CDU könnte Anträge mit AfD-Stimmen durchsetzen: Fällt die Brandmauer?
Einige sehen in der möglichen Durchsetzung eines Antrags mit AfD-Stimmen im Bundestag ein Einreißen der viel zitierten Brandmauer. In einem Unvereinbarkeitsbeschluss von 2018 hat die CDU eine Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen. Auch Merz hatte sich zur Brandmauer bekannt und sich in seinem Fünf-Punkte-Plan von den Rechtspopulisten distanziert.
SPD und Grüne reicht das jedoch nicht. „Die AfD kann ja ihr Glück kaum fassen. Es ist ja genau der Punkt erreicht, an dem sie die Union immer haben wollte“, sagte Grünen-Chef Felix Banaszak am Montag. Ziel der Partei sei „nicht eine Zusammenarbeit mit der Union, sondern eine Zersetzung der CDU und der CSU“. SPD-Generalsekretär Matthias Miersch erklärte: „Sollte es dazu kommen, wäre dies ein ‚beispielloser Tabubruch in der Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland.‘
Asyl-Showdown im Bundestag: Weidel jubelt – Merz appelliert an SPD und Grüne
AfD-Chefin Alice Weidel scheint der Vorstoß in die Karten zu spielen. „Die Brandmauer ist gefallen! CDU und CSU haben mein Angebot angenommen, in der Schicksalsfrage der Migration im Bundestag gemeinsam mit der AfD zu stimmen“, teilte Weidel auf X mit.
Bundestagswahl 2025 - Alles, was bei den Neuwahlen im Februar wichtig wird
So wählen Sie richtig: Was die Erststimme von der Zweitstimme bei der Bundestagswahl 2025 unterscheidet.
Fristen, Zahlen und der Antrag: Das sollten Sie bei der Briefwahl vor den Neuwahlen beachten.
Vorsicht beim Ausfüllen: Diese Fehler gilt es beim Ausfüllen des Stimmzettels zu vermeiden.
Auszählung und Ablauf: Alles Wichtige zum Zeitpunkt der Ergebnisse der Bundestagswahl in der Übersicht.
Welche Partei passt zu mir: Mit dem Wahlomat zur Bundestagswahl 2025 die passende Partei finden.
Für eine Mehrheit im Parlament fehlen der Union jedoch selbst mit der Zustimmung von AfD und FDP noch fünf Stimmen. Diese könnten von fraktionslosen Abgeordneten kommen, von denen sieben ursprünglich der AfD-Fraktion angehörten. Auch einzelne Abgeordnete des BSW gelten als mögliche Unterstützer des Merz-Antrags. Parteichefin Sahra Wagenknecht hatte im Gespräch mit dem RND angekündigt, sinnvollen Anträgen der Union, „um die unkontrollierte Migration zu beenden“, zustimmen zu wollen.
Merz hingegen forderte SPD, Grüne und FDP auf, die Mehrheit mit der AfD zu verhindern, indem sie selbst für den Antrag der Union stimmen. Bei den Abstimmungen „liegt es an der SPD, an den Grünen und an der FDP, zu verhindern, dass es Mehrheiten gibt, die keiner von uns will“, sagte der Unionskanzlerkandidat nach Beratungen der Parteispitze in Berlin.