Pools auf Hochhausdächern: Was verrückt klingt, könnte unsere Bäder entlasten

Wer an Freibäder denkt, hat sofort ein Bild im Kopf: lange Warteschlangen vor dem Eingang, Kinder, die ungeduldig mit ihren Handtüchern wedeln, Eltern, die versuchen, die Stimmung hochzuhalten, während die Sonne auf den Asphalt brennt. 

Die Realität vielerorts: Das Becken ist voll, die Liegewiese ebenso. Und gleichzeitig hören wir Schlagzeilen über Bäderschließungen, Fachkräftemangel und steigende Kosten.

In Berlin tauchte deshalb eine Idee auf, die für viele zunächst wie Science-Fiction klingt: Pools auf den Dächern von Wohnhäusern. Klingt verrückt? Vielleicht. Aber es könnte ein Blick in die Zukunft sein.

Ein Bad direkt vor der Haustür

Stellen wir uns das einmal vor: Ein Mehrfamilienhaus, oben auf dem Dach kein Penthouse, sondern ein kleiner Pool. Kein Luxus wie im Hochglanzprospekt, sondern funktional. Zehn Meter lang, zwei Meter breit – genug, dass Kinder planschen, Senioren sich bewegen und Nachbarn sich begegnen können. Das wäre keine Konkurrenz zum Freibad, sondern eine Ergänzung. Wasser direkt vor der Haustür, ohne Auto, ohne lange Wege.

In Wien gibt es bereits Wohnanlagen, die genau das anbieten. Dort teilen sich die Bewohner einen Dachpool mit Aussicht über die Stadt. In Singapur ist es fast schon Standard: Viele Hochhäuser haben Schwimmbecken integriert – nicht nur als Luxus, sondern auch als Ort für Bewegung und Begegnung. Warum also nicht auch bei uns? 

Deutschland diskutiert noch, ob das überhaupt machbar ist. Aber wenn man sich die Herausforderungen anschaut – fehlende Schwimmflächen, überfüllte Freibäder, hohe Eintrittspreise – dann könnte dieser Ansatz tatsächlich Potenzial haben.

Das Wasser kommt zu den Menschen

Freibäder liegen oft am Stadtrand. Für Familien ohne Auto ist das schon die erste Hürde. Dazu kommt: Ein Freibadbesuch kostet Zeit und Geld. Wer spontan nach Feierabend ein paar Bahnen ziehen will, lässt es häufig bleiben. Ein Pool auf dem Dach wäre dagegen schnell erreichbar.

Natürlich gibt es viele Fragen: Wie sieht es mit Statik und Sicherheit aus? Wer zahlt das? Wer kümmert sich um Hygiene? Aber genau an solchen Punkten zeigt sich: Wir brauchen neue Denkweisen. Vielleicht ist es nicht jedes Dach, sondern ausgewählte Neubauten, vielleicht zunächst in Großstädten. Wichtig ist: Es zeigt, dass Wasser auch wieder mitten in die Städte zurückkommen kann.

Dachpools könnten Nachbarschaften verändern

Ein Dachpool wäre mehr als nur Wasser in der Stadt. Er könnte Nachbarschaften verändern. Stellen wir uns vor: Kinder, die nicht vor der Konsole hocken, sondern mit den Nachbarskindern schwimmen. Ältere Menschen, die direkt vor der Tür ihre Bewegungsübungen machen. Begegnungen, die sonst vielleicht nie stattfinden würden. Aus Fremden werden Nachbarn, aus Nachbarn manchmal Freunde.

Dazu kommt ein ganz praktischer Aspekt: Jeder Quadratmeter Wasserfläche entlastet die Freibäder. Wenn Familien im eigenen Haus oder Block ins Wasser können, bleiben die öffentlichen Bäder überschaubarer. Warteschlangen werden kürzer, die Stimmung entspannter.

Technik und Verantwortung

Natürlich darf man nicht naiv sein. Wasser bedeutet Verantwortung. Filter müssen gespült, Hygiene muss überwacht, Aufsicht muss organisiert werden. Genau hier kommen Dienstleister ins Spiel, die Know-how und Personal stellen. 

Schon heute unterstützen Firmen Kommunen, die es nicht mehr alleine schaffen. In Zukunft könnte das auch für private Wohnanlagen ein Modell sein: Technik-Checks, Wasserpflege, Notfallpläne – professionell betreut. So wird aus einer verrückten Idee eine umsetzbare Lösung.

Ralf Großmann wuchs im Schwimmbad auf und lebt Bäderbetrieb seit Kindheitstagen. Auf H2ohero.de teilt er seine Erfahrung aus deutschen Bädern – authentisch, alltagsnah und mit Herz für Sicherheit und Qualität. Er ist Teil unseres Experts Circle. Die Inhalte stellen seine persönliche Auffassung auf Basis seiner individuellen Expertise dar.

Früher gab es deutlich mehr Schwimmbäder

Spannend ist auch der Blick zurück: Früher hatten viele Städte deutlich mehr Bäder, teilweise sogar kleine Quartiersbäder mitten in den Wohngebieten. Sie waren Treffpunkte, Orte der Nähe. Heute dagegen erleben wir Schließungen und Rückbau. Vielleicht schließt sich hier ein Kreis: Wasserflächen kommen zurück – nicht in Form großer Neubauten, sondern klein und dezentral.

Und vielleicht wird das, was heute noch verrückt klingt, schon bald normal sein. Denn wer hätte vor 30 Jahren gedacht, dass wir Carsharing, Dachgärten oder Coworking-Spaces einmal als selbstverständlich ansehen würden?

Keine Konkurrenz, sondern Ergänzung

Wichtig ist: Dachpools sollen das Freibad nicht ersetzen. Ein Freibad bleibt ein Erlebnis, das man mit Freunden, Pommes rot-weiß und 50-Meter-Becken verbindet. Aber kleine, wohnortnahe Lösungen können eine Ergänzung sein. Sie geben Menschen die Chance, häufiger ins Wasser zu kommen – und sie nehmen Druck aus dem System.

Warum wir neue Ideen brauchen

Wenn wir ehrlich sind: So wie bisher geht es nicht weiter. Immer weniger Kinder lernen richtig schwimmen, Bäder kämpfen ums Überleben, Personal fehlt. Gleichzeitig wächst die Sehnsucht nach Wasser, nach Abkühlung, nach Orten, die verbinden. 

Dachpools sind nur eine von vielen Ideen, aber sie zeigen: Wir müssen größer, mutiger, kreativer denken.

Und wer weiß: Vielleicht lachen wir in zehn Jahren nicht mehr über den Gedanken, sondern erleben in unseren Städten eine neue Kultur – Wasser als Teil des Alltags, nicht nur als Wochenend-Ausflug. Eine Kultur, die nicht auf Schlagzeilen über Schließungen und Personalmangel reduziert wird, sondern die wieder zeigt: Wasser gehört in unser Leben, in unsere Nachbarschaften, in unsere Städte.

Dieser Beitrag stammt aus dem EXPERTS Circle – einem Netzwerk ausgewählter Fachleute mit fundiertem Wissen und langjähriger Erfahrung. Die Inhalte basieren auf individuellen Einschätzungen und orientieren sich am aktuellen Stand von Wissenschaft und Praxis.