Bad Wiesseer besaß über 500 kinderpornografische Dateien – Verzweiflungstat nach Razzia

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Ein 22-Jähriger kam vor dem Miesbacher Schöffengericht mit einer Bewährungsstrafe davon. Er soll in Chatgruppen kinderpornografische Inhalte verschickt haben. © Thomas Plettenberg

Über 500 kinderpornografische Inhalte fanden Beamte bei einem 22-jährigen Wiesseer. Weil er Reue zeigte, kam der Angeklagte vor dem Amtsgericht Miesbach mit einer Bewährungsstrafe davon.

Bad Wiessee – Wegen des Besitzes und der Verbreitung von Kinderpornografie hat sich nun ein 22-Jähriger vor dem Miesbacher Schöffengericht verantworten müssen. Der Mann zeigte sich dort reuig. Dies und weitere Umstände haben ihn davor bewahrt, direkt ins Gefängnis zu wandern.

Bei Bad Wiesseer: Rund 15 Stunden kinderpornografisches Material gefunden

Der Wiesseer soll in Chatgruppen im Internet in sechs verschiedenen Fällen kinderpornografische Inhalte ausgetauscht und verschickt haben. Auf seinem Smartphone fand die Polizei dann umfangreiches Material. Neben 391 Bildern waren darauf über 500 Videos mit einer Gesamtlaufzeit von gut 15 Stunden abgespeichert. Erst im August hatte das Amtsgericht einen Irschenberger verurteilt, der über 10 000 kinderpornografische Dateien besaß.

Er leugne nichts, ließ der Angeklagte durch seinen Rechtsanwalt vor Gericht erklären. Seine Taten erschienen ihm aus heutiger Sicht widerwärtig und eklig. Er bereue, die Inhalte heruntergeladen und verschickt zu haben. Zur Tatzeit habe er sich keine Gedanken gemacht, „was den Kindern passiert, die zu sehen sind“.

In die Chatgruppen sei der Angeklagte durch Neugierde und Geltungsdrang geraten. Entsprechende Neigungen habe sein Mandant nicht, erklärte der Verteidiger. Er interessiere sich nur für erwachsene Frauen. „Zum damaligen Zeitpunkt wohl nicht“, erwiderte Vorsitzender Richter Klaus-Jürgen Schmid. Die Hausdurchsuchung habe dem Angeklagten sein Fehlverhalten klargemacht, sagte der Verteidiger.

Angeklagter stürzte nach Durchsuchung in eine Krise

Wie sehr, zeigte sich im Bericht der Jugendgerichtshilfe. Der junge Mann habe noch am Abend nach der Durchsuchung seiner Wohnung im Internet recherchiert, welche Konsequenzen seine Taten haben könnten. Er habe eine Abschieds-SMS an seine Eltern getippt und versucht, sich das Leben zu nehmen. Mit schweren Verletzungen sei er ins Krankenhaus gekommen. In der Reha habe er auch drei Therapiegespräche geführt. Nach der anschließenden Pflege durch seine Eltern habe er ins Arbeitsleben zurückkehren können.

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Eine Therapie zur Aufarbeitung habe der junge Mann nicht gemacht. Er sei wohl aus Neugierde in diese Sache hineingeraten, die sich dann zur Sucht entwickelt und mit dem Beginn der Ermittlungen ihr Ende gefunden habe. Ob er denn nicht das Bedürfnis gehabt habe, nach dem Suizidversuch Hilfe durch einen Therapeuten zu haben, wollte eine Schöffin wissen. Der Aufenthalt bei den Eltern habe dem Heranwachsenden viel geholfen, antwortete der Anwalt.

Nach Fund von kinderpornografischem Material: Zweieinhalb Jahre Haft gefordert

Ein Pluspunkt für den Wiesseer war sein Geständnis, sagte der Staatsanwalt in seinem Schlussvortrag. Doch angesichts der erdrückenden Beweise hätte es dessen gar nicht bedurft. Die große Menge vor allem auch an Videos mit widerwärtigen und erniedrigenden Darstellungen müsse mit einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten geahndet werden.

Eine Geldauflage für seinen Mandanten hielt hingegen der Verteidiger für ausreichend. Der Angeklagte sei zur Tatzeit noch keine ausgereifte Persönlichkeit gewesen und habe sein Verhalten und seine Taten nicht reflektiert, sich dann aber ausdrücklich davon distanziert. „Ich bereue das alles zutiefst“, äußerte der nicht vorbestrafte junge Mann bei seinem Schlusswort.

Das Schöffengericht verhängte schließlich eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung. Zusätzlich muss der Wiesseer 2000 Euro an den Frauen- und Mädchennotruf Rosenheim bezahlen. Es handle sich um eine Vielzahl von Fällen, doch habe der Angeklagte Reue gezeigt und mit dem Suizidversuch und dessen langwierigen Folgen einiges durchlitten, hieß es in der Urteilsbegründung.

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