Kickl und die FPÖ geraten durch alte Skandale und verlorene Innsbruck-Wahl unter Druck
Kurz vor der EU-Wahl verliert die FPÖ die zweite große Kommunalwahl und immer neue Details zu Affären kommen ans Licht. Parteichef Kickl muss sich vor dem Parlament verantworten.
Wien – Weniger als zwei Monate vor der Europawahl verdichten sich die schlechten Nachrichten für die rechtsautoritäre FPÖ. Aktuell führt die Partei in Umfragen zur Nationalratswahl im Herbst mit etwa 28 Prozent. Öffentlich kämpft die Partei aber zunehmend an zwei Fronten: Der Nimbus der Umfragewerte wird zunehmend entzaubert und radikaler Frontmann Herbert Kickl wird immer kritischer beäugt.
Andererseits fördern journalistische Recherchen und ein Untersuchungsausschuss des Parlaments beinahe täglich neue belastende Details über die FPÖ und Kickls politischen Werdegang zutage. Kickl wird hierzu unter Wahrheitspflicht aussagen müssen. Ein Überblick über die Woche am rechten Rand Österreichs.
Innsbruck-Wahl: „Ibiza-Koalition“ aus FPÖ und ÖVP klar abgewählt – FPÖ verliert trotz Umfragehoch
Bei der Innsbruck-Wahl am Sonntag (14. April) konnte die FPÖ den nationalen Umfrage-Trend zum zweiten Mal in Folge nicht in Wahlergebnisse übersetzen: In Innsbruck prophezeiten Umfragen einen knappen FPÖ-Sieg. An der Urne verlor die Partei allerdings etwa drei Prozent gegenüber ihrem Ergebnis von 2018 und blieb mit ihrem Ergebnis von 15 Prozent weit hinter dem nationalen Trend zurück. Bereits bei der Salzburger Kommunalwahl im März blieb die FPÖ weit hinter den Umfragen zurück.

Nebenbei scheiterte auch die konservative ÖVP in Innsbruck krachend. Ihr Kandidat Florian Tursky sprach sich explizit für eine Koalition mit der FPÖ in der Stadtregierung aus. Stattdessen zog der ÖVP-Abweichler Johannes Anzengruber in die Stichwahl um das Bürgermeisteramt ein. Anzengruber ließ etwas nebulös durchblicken, er sei in Koalitionsfragen „nicht für Extreme zu haben“ und verzichtete im Wahlkampf weitgehend auf rechte Kulturkampfthemen à la FPÖ. Eine Beobachtung, die der ÖVP zu denken geben dürfte, sollte sie über eine Neuauflage der Ibiza-Koalition nachdenken.
Österreich-Spionageaffäre: Ex-FPÖ-Innenminister Kickl will von nichts gewusst haben
Bis zur „Ibiza-Affäre“ 2019 regierten ÖVP und FPÖ gemeinsam, Kickl war Innenminister. 2018 durchsuchte eine von Kickl eingerichtete und von einem FPÖ-Kommunalpolitiker geführte Polizeieinheit den damaligen österreichischen Inlandsgeheimdienst BVT. Inzwischen klärte ein Gericht, dass die Durchsuchung illegal war. Begründet wurde sie mit einer anonymen Anzeige aus dem Geheimdienst. Der Geheimdienst wurde aufgelöst, ein Untersuchungsausschuss eingerichtet.

Inzwischen verdichteten, so die Zeitung Kurier, die Hinweise, dass die Anzeige aus einem russischen Spionagering, geführt von Jan Marsalek, um den mutmaßlichen Spion Egisto Ott gekommen sein könnte. Bereits 2017 soll das BVT vom einem westlichen Geheimdienst vor dem Spionagering gewarnt worden sein. Damals war der heutige Parlamentspräsident, Wolfgang Sobotka (ÖVP) noch Innenminister. Seine Partei versuchte zuletzt, immer wieder die Aufmerksamkeit in dieser Angelegenheit auf die FPÖ zu fokussieren. Kickl stritt im Parlament jegliches Mitwissen hierzu ab und sprach von einer „Kampagne des Systems“ und des „tiefen Staats“ gegen die FPÖ. Ein Untersuchungsausschuss befragte den FPÖ-Chef bereits in der zweiten April-Woche, mit geringem Erkenntnisgewinn.
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Spionageaffäre in Österreich: FPÖ-Mann pflegte Kontakte zu mutmaßlichem Spion
Bereits 2022 berichtete die Tageszeitung Presse über Kontakte zwischen Ott dem FPÖ-Fraktionschef im U-Ausschuss zur BVT-Affäre, Hans-Jörg Jenewein, der damals als Kickl-Mann galt. Jenewein soll Ott einen Posten im vom Kickl-Ministerium umgebauten Geheimdienst angeboten haben. Die Pläne zum Umbau des Geheimdienstes wurden durch die „Ibiza-Affäre“ und den Koalitionsbruch zwischen ÖVP und FPÖ beendet. Am Mittwoch (17. April) stritt Kickl im Parlament strikt ab, vom Spionagering gewusst zu haben und schob die Verantwortung auf die ÖVP, die zuvor Jahrzehnte das Innenministerium führte.

Nun wurde berichtete die Tageszeitung Standard, dass eine Hausdurchsuchung bei Jenewein Fotos zutage förderte, die laut den Ermittlern „eindeutig nationalsozialistische Gesinnung“ erkennen ließen. Zuvor berichtete die Zeitung über Chats zwischen Jenewein und einer engen Mitarbeiterin Kickls. Demnach soll sie Jenewein Akten aus dem BVT weitergeben haben. Jenewein ließ über seine Anwälte alle Vorwürfe zurückweisen.
Spionageaffäre: Hat FPÖ-Polizist Beweise für Verbindung zu Neonazis verschwinden lassen?
Bereits im Abschlussbericht des BVT-U-Ausschusses stand der Verdacht im Raum, dass bei der Razzia Akten zu Ermittlungen gegen die extreme Rechte verschwunden seien. Im aktuell laufenden Untersuchungsausschuss trug die damalige Leiterin des Extremismusreferats im BVT nun zur Klärung bei: Unter Berufung auf das Protokoll ihrer Aussage berichtete der Standard, dass nach der Durchsuchung ihres Büros ein Ausdruck einer E-Mail zwischen dem FPÖ-Polizisten und dem mehrfach verurteilten Rechtsextremen Gottfried Küssel verschwunden gewesen sei.
Küssel gilt als Schlüsselfigur der Neonazi-Szene. Er organisierte in den 1990er-Jahren Wehrsportübungen, an denen auch der ehemalige FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache teilnahm. Der Einsatzleiter wollte dem Standard nicht erklären, in welchem Verhältnis er zu Küssel stand. Kickl arbeitete damals als Redenschreiber des FPÖ-Übervaters und späteren Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider.
Österreich: Untersuchungsausschuss will Kickls Steuererklärung wegen Korruptionsverdachts
In Kickls Kärntner führt nun auch ein Auskunftsersuchen des laufenden Untersuchungsausschusses. 2005 gründete Kickl eine PR-Firma, über die Steuergeld aus FPÖ-Ministerien in die Parteikassen floss. Der FPÖ-Chef betonte stets, kurz nach Gründung wieder ausgestiegen zu sein und konnte dies mit Handelsregisterauszügen belegen. Zu Ermittlungen gegen ihn kam es bisher nicht.

Bereits 2015 berichtete der Falter über zwei Treuhandverträge aus den Jahren 2005 und 2010, die belegen sollen, dass Kickl seine Anteile zwar an seinen Geschäftspartner überschrieb, aber weiterhin stiller Teilhaber blieb. Diese Verträge seien, so Kickl, „nie gelebt worden“. Nun will sich der Untersuchungsausschuss seine Steuererklärungen ansehen und den Partner in der PR-Agentur befragen. Einen Termin hierfür gibt es genauso wie für die angekündigte Befragung Kickls nicht, er dürfte aber noch vor der EU-Wahl liegen. (kb)