6 Momente, die zeigen, wie besonders dieses DFB-Team ist

Deutschland ist raus. Der EM-Traum ist mit dem dramatischen Halbfinal-Aus gegen Spanien (0:1 n.V.) vorbei. Die DFB-Frauen werden zwar keinen Titel in der Schweiz einsammeln, aber sie haben viel mehr gewonnen. Unsere Herzen!

Dieses Team ist ein Besonderes. Das wurde schon vor Turnierstart in Momenten wie mit Schlagerstar Wolfgang Petry klar. Sie können mitreißen, auf und neben dem Platz. Sie sind nahbar, sie sind echt. 

Das Spiel gegen Spanien hat diesen Eindruck unterstrichen. Sechs Momente stechen dabei heraus.

1. Das ist keine Mannschaft, es ist eine Familie

Rund 90 Minuten vor Anpfiff kommen die Spielerinnen auf den Rasen des Letzigrund in Zürich, die roten Ränge sind zu dieser Zeit noch größtenteils leer. Nur hinter der deutschen Ersatzbank ist bereits eine große Traube an Menschen.

Es sind die Familien und Freunde der DFB-Stars. Manche Spielerinnen gehen hin, manche winken aus der Ferne. Torhüterin Ann-Katrin Berger kommuniziert in Gebärdensprache mit ihrer schwerhörigen Schwester. Die Stadionregie fängt die Szene sofort auf und spielt es auf den Bildschirmen. 

Bundestrainer Christian Wück schnappt sich die Kamera von der Teamfotografin und macht unter strenger Aufsicht von Pressesprecherin Annette Seitz ein Gruppenfoto der Geliebten auf den Rängen.

Bundestrainer Christian Wück (r.) schnappt sich die Kamera und fotografiert die Familien der Mannschaft
Bundestrainer Christian Wück (r.) schnappt sich die Kamera und fotografiert die Familien der Mannschaft Getty

Die Gruppe wird größer und größer. Die einzelnen Familien sind durch die Namen ihrer Spielerin gut erkennbar. Alles vermischt sich.

Dann taucht auch Legende Horst Hrubesch auf. Der Ex-Trainer gewann im vergangenen Sommer Bronze mit der Mannschaft, noch immer gehört er zur Familie der Frauen-Nationalmannschaft.

Genau das ist es: eine große, gemischte Familie. Eine Einheit.

2. Das DFB-Spalier vor Spielbeginn

Als sich die Startelf im Spielertunnel bereit macht und die Fotografen vor dem Eingang versammeln, stellt sich auch die gesamte Ersatzbank der deutschen Mannschaft auf.

Einwechselspielerinnen, Trainerteam, Staff, sie alle empfangen ihre Elf und applaudieren ihr, als sie den Gang auf den Rasen bestreiten. Derweil sitzen die spanischen Ersatzfrauen in ihren gemütlichen Sesseln. Ein kleiner, aber feiner Unterschied.

Giulia Gwinn hält vor Spielbeginn eine emotionale Rede an die Mannschaft
Giulia Gwinn hält vor Spielbeginn eine emotionale Ansprache an die Mannschaft Getty

Der Spielerkreis findet ebenfalls mit der gesamten Mannschaft statt. Die verletzte Kapitänin Giulia Gwinn hält augenscheinlich eine leidenschaftliche Ansprache. Schiedsrichterin Edina Alves Batista muss per Pfiff signalisieren, dass doch nun bitte Schluss ist. Ein letzter Push in Richtung Spielbeginn.

3. Capo im eigenen Team

Hinter der Ersatzbank sitzen nicht nur die Familien, sondern auch die gesperrten Spielerinnen. Kathrin Hendrich (Rot) und Sjoeke Nüsken (Gelb) sind zum Zuschauen verdammt. Aber mit dieser Rolle wollen sie sich nicht zufrieden geben.

Besonders Nüsken wird zum Capo, zur Anpeitscherin auf der Haupttribüne. Immer wieder springt die Ersatzkapitänin auf, jubelt, applaudiert, schreit. Und immer wieder dreht sie sich um und animiert das restliche Publikum. Es wirkt: Die Fans hinter ihr geben alles, um die Mannschaft auf dem Rasen zu unterstützen.

4. Plötzlich rennt verletzte DFB-Spielerin zum Fanblock

Auf den Rängen ist die Angelegenheit sowieso eindeutig. Es ist eine klare schwarz-rot-goldene Überlegenheit. Ob der Fanclub in der Kurve oder der Familien-Fanclub auf der Haupttribüne, die Stimmung ist energiegeladen, spektakulär.

Zuallererst werden die Fans von den Heldinnen auf dem Feld animiert. Nach jeder gelungenen Aktion wird gefeiert und gebrüllt. Die Spielerinnen gestikulieren in Richtung Tribünen und bekommen sofort eine Antwort.

So wird die Mannschaft von Minute zu Minute stärker. Nachdem Spanien Durchgang eins noch mit 77 Prozent Ballbesitz dominierte, wendet sich das Blatt spät im Spiel. Deutschland wird aktiver, griffiger, gefährlicher. Spielerinnen und Fans, es ist die perfekte Symbiose!

Es geht trotzdem in die Verlängerung. Kurz vor Wiederanpfiff rennt die verletzte Sarai Linder über die rote Tartan-Rennbahn in Richtung deutschen Fanblock und sorgt nochmal für mächtig Stimmung. Sie hüpft und wedelt mit den Armen, eine grandiose Szene!

5. Das Verletzungsdrama um Kleinherne

Nach wenigen Minuten in der Verlängerung ist dann für Sophia Kleinherne Schluss. Die Verteidigerin opfert sich, verletzt sich bei einer sensationellen Rettungstat. Sie liegt weinend auf dem nassen Rasen, während sie behandelt wird.

Sophia Kleinherne muss verletzt ausgewechselt werden
Sophia Kleinherne muss verletzt ausgewechselt werden Getty

Als klar ist, dass es für sie nicht weitergeht, wird sie gleich von einer Traube an Mitspielerinnen in den Arm genommen und getröstet. Es erinnert ein wenig an das Verletzungsdrama um Gwinn aus dem ersten Gruppenspiel gegen Polen.

6. Der traurigste Moment der EM

Trotz all dieser Emotionen, trotz des unerbittlichen Kampfes gegen die als Übermannschaft gefeierte La Furia Roja, trotz des grandiosen Spiels reicht es nicht für die deutschen Frauen. Spanien gewinnt durch einen Geniestreich in der 113. Spielminute.

Die untröstliche Ann-Katrin Berger nach dem EM-Aus
Die untröstliche Ann-Katrin Berger nach dem EM-Aus Imago

Dabei wird ausgerechnet unsere größte EM-Heldin zur tragischen Figur. Torhüterin Ann-Katrin Berger sieht bei dem Abschluss von Aitana Bonmati aus sehr spitzem Winkel unglücklich aus. Sie hatte ihre Mannschaft so oft vor dem Rückstand bewahrt und ist nun doch geschlagen.

Nach der Partie zeigt die Keeperin wahre Größe, nimmt den Fehler und damit die Niederlage auf sich, entschuldigt sich mit feuchten Augen bei ihrem Team und den Fans. Es ist der traurigste Moment dieser EM.

Aber, liebe Ann-Katrin Berger, entschuldigen müssen Sie sich bei niemandem!