„Bollwerk gegen Populismus“
Mit dem Regisseur Andreas Dresen als Stargast, der Filmbiografie „In Liebe, Eure Hilde“ als Eröffnungsfilm und Aussagen zur Zukunft des Festivals ist am Dienstagabend in der Starnberger Schlossberghalle das 18. Fünf-Seen-Filmfestival eröffnet worden. Dabei machte Leiter Matthias Helwig erstmals seit Längerem Hoffnung auf einen Fortbestand.
Starnberg - So politisch wie am Dienstag war ein Eröffnungsabend beim Fünf-Seen-Filmfestival selten. Vor dem offiziellen Teil mit Begrüßung und Reden war unter den rund 500 geladenen Gästen in der Starnberger Schlossberghalle vor allem die Zukunft des Festivals ein großes Thema, nachdem Gründer und Leiter Matthias Helwig im vergangenen Mai seinen Rückzug angekündigt hatte. Nach dem gut zweistündigen Eröffnungsfilm „In Liebe, Eure Hilde“ über Berliner Mitglieder der „Rote Kapelle“ genannten Widerstandsgruppe gegen das NS-Regime drehten sich viele Gespräche um diese Geschichte, in deren Mittelpunkt die 1943 hingerichtete Hilde Coppi steht. Mit lang anhaltendem Beifall, Bravo-Rufen und Standing Ovations feierte das sichtlich bewegte Publikum Regisseur Andreas Dresen und eine der Haupt㈠dar㈠stellerinnen, Lisa Wagner, die eigens nach Starnberg gekommen waren.
Es war kein klassischer Eröffnungsfilm, der mit einer gewissen Leichtigkeit das Publikum einnimmt und auf die nächsten Tage einstimmt – ganz im Gegenteil. In eindringlichen Bildern und mit einer ungewöhnlichen Erzählweise schildert Dresen das bewegende Schicksal der 1909 geborenen Hilde Coppi, die Schritt für Schritt in den Widerstand hereinrutscht, als Hochschwangere von der Gestapo festgenommen wird und im Gefängnis nicht nur ihr Kind zur Welt bringt, sondern sich auch zu einer starken Frau entwickelt. In die Kinos kommt „In Liebe, Eure Hilde“ am 17. Oktober.
Ihm sei es darauf angekommen, „die Widerstandskämpfer als Menschen aus Fleisch und Blut zu zeigen, als Menschen, die sich geliebt haben, die eine Familie und Kinder haben wollten, die keine Übermenschen waren“, sagte der 61-Jährige. „Genauso wichtig war es uns, die Leute auf der anderen Seite nicht als prügelnde, schreiende Nazi-Horden zu zeigen. So ein Terrorregime wird nicht nur von den prügelnden Horden getragen, sondern von der überwiegend schweigenden Mehrheit. Von Menschen, die sich nicht trauen, etwas zu sagen. Von der breiten Masse der Opportunisten. Von Menschen, die ein bisschen ängstlich sind.“
Genau deswegen sei ihm dieser Film so wichtig gewesen, sagte Festivalleiter Matthias Helwig am Tag danach im Gespräch mit dem Starnberger Merkur. Zwar waren einige ältere Besucher bereits während der Aufführung gegangen. „Ich bin dennoch sehr froh, dass ich diesen Film gezeigt habe.“ Er sei nicht nur großartig gemacht und gespielt, sondern behandele ein brandaktuelles und eminent wichtiges Thema. Er habe Verständnis, wenn die Geburtsszene den einen oder anderen verstöre, sagte Helwig, aber: „Wenn wir starke Frauen zeigen wollen, gehört das dazu.“
Bereits am Dienstagabend hatte der Festivalmacher vor dem Publikum die Kultur als „das entscheidende Bollwerk gegen Populismus“ bezeichnet. Natürlich würden Menschen auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen für Demokratie einstehen, sagte er. „Aber in der Kultur gilt nicht der Populismus und das schnelle Wort, in der Kultur setzt man sich auseinander.“
Im Gespräch mit Moderatorin Marieke Oeffinger ging Helwig auch auf die Zukunft des Filmfestivals ein, das heuer 18 Jahre alt und damit quasi volljährig ist. Mehrfach betonte er, dass es sich um eine Teamleistung handele. Ohne seine Mitarbeiter sei all das nicht möglich gewesen, erklärte Helwig – und berichtete dann von einer Begebenheit vor wenigen Tagen bei den Filmfestspielen in Venedig. Da sei eine ältere Frau auf ihn zugekommen mit den Worten: „Sind Sie derjenige, der dieses legendäre Festival in Starnberg macht?“ Seinen Stolz, dass er in Venedig darauf angesprochen wurde, verband er mit dem „Wunsch, dass auch alle anderen stolz auf dieses Festival sind“.

Und Helwig machte Hoffnung auf die Zukunft, nachdem Aussagen seinerseits in den vergangenen Monaten eher Befürchtungen verstärkt hatten, dass die 18. die letzte Ausgabe des Festivals sein könnte. „Ich würde gerne Verantwortung an Jüngere weitergeben und wäre bereit, sie dabei zu begleiten“, sagte er. Es gebe Leute, die anpacken wollten, aber das sei wohl nicht innerhalb eines Jahres zu leisten. „Der Umbau wird länger dauern, als ich dachte.“
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Eine wichtige Voraussetzung für ein neues Team sei Planungssicherheit. „Ich würde mir wünschen, dass sich die öffentlichen Förderer für drei Jahre verpflichten, damit wir das Festival in Ruhe umbauen können. Wenn diese Sicherheit da wäre, wären wir bereit, enorm viel dafür zu geben.“ Sollte es eine Zukunft für das Festival geben, sei das nur gemeinsam mit den öffentlichen Förderern möglich, denen er sehr dankbar sei. „Die Situation ist schwierig, aber zusammen können wir es schaffen.“ Näher äußerte sich Helwig nicht, auch auf Nachfrage blieb er zurückhaltend.

Starnbergs Dritte Bürgermeisterin Christiane Falk, seit jeher eine eifrige Festival-Besucherin, ließ in ihrem Grußwort an ihrer persönlichen Unterstützung keinen Zweifel. „Die Zwänge der Politik dürfen nicht die Zwänge der Kultur sein“, sagte sie und hoffte auf „Ideen und Schwung“ auch abseits der Politik. Vizelandrat Matthias Vilsmayer bekräftigte in seinem Grußwort, dass der Landkreis nach seinen Möglichkeiten das Festival immer unterstützen werde. Die gut 33 000 Euro Förderung in diesem Jahr bedeuteten im Übrigen auch keine Kürzung.
Wichtig zu wissen: „In Liebe, Eure Hilde“ läuft beim Filmfestival noch am heutigen Donnerstag, 5. September, in Seefeld und am Sonntag, 8. September, um 16 Uhr in Gauting. Von Regisseur Andreas Dresen ist beim Festival zudem noch der Film „Gundermann“ (heute um 11.45 Uhr in Gauting und um 17.30 Uhr in Seefeld) zu sehen. An allen Vorführungen am Donnerstag kommt Dresen zum Filmgespräch dazu. Das ganze Programm gibt es auf www.fsff.de.