Gastbeitrag von Gabor Steingart - Trump zerstört das Dollar-Imperium: Ein Alarmsignal für Privatanleger - und Merz

Es gibt nur ein Wort, das weltweit als Chiffre für die USA funktioniert. Donald Trump glaubt, dieses Wort sei „Trump“. Doch alle anderen wissen: Es lautet „Dollar“.

Der Dollar ist die wichtigste Reservewährung der Notenbanken (einschließlich der EZB), die größte Handelswährung (auch im E-Commerce) und das bevorzugte Zahlungsmittel der Investoren an den Kapitalmärkten. Er symbolisiert ein Imperium, das es in seiner Bedeutung mit dem russischen Zarenreich und dem Imperium Romanum aufnehmen kann.

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Dollar-Imperium verschwindet im Nebel der Geschichte

Doch dieses Dollar-Imperium – und genau deshalb sprechen wir heute Morgen darüber – verschwindet vor unseren Augen im Nebel der Geschichte. Die neue Welt wird eine Welt sein mit weniger Amerika und weniger Dollar. Im weltweiten Handelssystem beanspruchen andere Nationen und Wirtschaftsblöcke, darunter auch der Euroraum, für sich eine stärkere Repräsentation.

Vereinfacht gesagt: Das Ende der unipolaren Welt findet seinen Ausdruck in der Entstehung paralleler Währungssysteme. Das trotzige Trump-Motto „America First“ ist demnach nicht der Schlachtruf einer neuen Ära, sondern das Echo einer Vergangenheit, die im Vergehen ist.

Warum das wichtig ist: Der Rückzug aus dem Dollar betrifft exportorientierte Unternehmen, Privatanleger und letztlich auch die neue Bundesregierung, die aus der ökonomischen Machtverschiebung politische Schlüsse ziehen sollte.

De-Dollarisierung ist kein kurzfristiger Trend

Die De-Dollarisierung ist kein kurzfristiger Trend, sondern ein langfristiger Zyklus, der mit dem Aufstieg Chinas zur Weltmacht begann. Der Anteil des Greenbacks an den weltweiten Währungsreserven sank seit der Jahrtausendwende von 71 Prozent auf etwa 58 Prozent, so die Zahlen des Weltwährungsfonds in Washington.

Die Gründe: Der Bedeutungsverlust des Dollars hat sowohl externe als auch interne Ursachen, die erst in ihrer Gleichzeitigkeit diese urwüchsige Dynamik entfalten.

Externe Gründe: Die Brics-Staaten, unter anderem China, Russland, Brasilien und Indien, repräsentieren fast die Hälfte der Weltbevölkerung und etwa 26 Prozent des globalen Sozialprodukts. Die Führer dieser Staaten wollen und müssen ihre Abhängigkeit vom Dollar reduzieren. Sie kaufen lieber Gold als Dollar.

Interne Gründe: Donald Trump selbst ist der größte Brandbeschleuniger für den Niedergang des Dollar-Imperiums. Er destabilisiert die Währung auf mehreren Ebenen – möglicherweise ohne sich der Zusammenhänge bewusst zu sein.

Bitcoin: Trumps Idee einer US-Bitcoin-Reserve hat Zweifel an der Hegemonie der amerikanischen Währung genährt. Traut Amerika dem Dollar nicht mehr? Warum baut man eine Reserve zur Reserve auf?

Zollpolitik: Trumps Importzölle zwingen Unternehmen in Europa, Lateinamerika und Asien geradezu, neue Handelspartner zu suchen und alternative Wirtschaftsräume zu erschließen. Der Dollar verliert in diesen Binnenmärkten an Bedeutung und wird ersetzt durch Rubel, Renminbi und Euro.

Schuldenpolitik: Die ungezügelte Verschuldung eines Landes, das auf internationale Kreditgeber angewiesen ist, untergräbt das Vertrauen in die Stabilität der Währung. Unter Trump I. kletterte das Haushaltsdefizit in Friedenszeiten erstmals auf 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, die US-Staatsschulden überschritten die Marke von 100 Prozent des BIP.

Geradezu lustvoll spaltet Trump die Gesellschaft 

Die unbequeme Wahrheit: Der IWF prognostiziert ein noch größeres Defizit für das Ende der Trump II.-Regierungszeit. Im Moment wird von 46 Billionen US-Staatsschulden im Jahr 2029 ausgegangen, das wären knapp 130 Prozent des prognostizierten BIP.

Risikofaktor Polarisierung: Frühere US-Präsidenten versuchten nach ihrem Amtsantritt, als Führungsfiguren für alle Amerikaner zu wirken – selbst jene, die wie Reagan und Bush Junior im Wahlkampf stark polarisierten. Trump ist anders.

Geradezu lustvoll spaltet der 47. Präsident die Gesellschaft mit seinen Tiraden. Andersdenkende werden im öffentlichen Diskurs diffamiert, von Elon Musk auf X blockiert, und kritische Journalisten müssen neuerdings ihren Platz im Presseraum des Weißen Hauses räumen.

Was bedeutet das alles für Anleger?

Was bedeutet das alles für Anleger? Privatanleger sollten wachsam sein und nicht ihr gesamtes Vermögen – sei es in Aktien, Staatsanleihen oder Immobilienfonds – in ausgerechnet der Währung halten, die sich im Abstieg befindet.

Plus: Die Auswirkungen für Nasdaq, Dow Jones und S&P 500 könnten dramatisch sein. Die De-Dollarisierung – so ein J.P. Morgan-Memo – könnte zu einer breiten Abwertung und einer unterdurchschnittlichen Entwicklung amerikanischer Finanzanlagen im Vergleich zum Rest der Welt führen.

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Fazit: Der Dollar setzt Trump mehr unter Druck, als es alle ausländischen Regierungschefs tun könnten. In den globalen Währungsmärkten besitzt er einen Gegner, der nicht erschreckbar ist. Oder positiv formuliert: Die Chancen für ein europäisches Zeitalter, das von einer eigenständigen Währung begleitet wird, stehen gut. Grüner wird’s nicht.