Ricarda Lang erklärt Abschiebung einer Klassenbesten

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Ricarda Lang hat sich dazu geäußert, warum vor allem gut integrierte Geflüchtete abgeschoben werden. Anlass war der Fall der 21-jährigen Syrerin Dela.

Albstadt - „Wir müssen endlich im großen Stil diejenigen abschieben, die kein Recht haben, in Deutschland zu bleiben.“ Diese Worte wählte Kanzler Olaf Scholz (SPD) im Oktober 2023 gegenüber dem Spiegel und verschärfte somit den Ton in der Debatte um die Migrationspolitik.

Seitdem ist der Ton nicht weniger rau. Im Gegenteil, vielmehr wurden infolge der Messerattacke in Solingen die Rufe nach schnellen Abschiebungen lauter. Auch an den Grenzen will die Bundesregierung seitdem härter durchgreifen und hat dort wieder Kontrollen eingeführt.

Ricarda Lang: „Es werden vor allem Menschen abgeschoben, die leicht aufzufinden sind“

Doch wen treffen solche Maßnahmen? Nicht die richtigen, wie die Noch-Grünen-Chefin Ricarda Lang findet. Auf X schreibt sie: „Es werden vor allem Menschen abgeschoben, die leicht aufzufinden sind, also gut integriert sind, einen Job haben, zur Schule gehen. Und gerade nicht die, die untertauchen, Zusammenarbeit mit Behörden verwehren etc.“

Ricarda Lang ärgert sich über eine Abschiebung einer 21-jährigen Syrerin.
Ricarda Lang (Grüne, Foto) ärgert sich über die Abschiebung einer 21-jährigen Syrerin. © Bernd Elmenthaler/IMAGO

Lang äußerte sich dazu anlässlich der Abschiebung einer 21-jährigen Frau aus Syrien. Als Dela nämlich 13 war, flüchtete sie mit ihrer schwerkranken Mutter und ihren Geschwistern aus ihrem Heimatland, wie die Schwäbische berichtet. Wegen des Kriegs und einer durch den Vater eingefädelten Zwangsheirat von Dela, hatte die Mutter die Reißleine gezogen. Zunächst flohen sie in die Türkei, bevor es fünf Jahre später zur Umsiedlung nach Spanien kam. Dort stellte die Familie einen Asylantrag und erhielt subsidiären Schutzstatus.

Dela und ihre Familie stellen in Deutschland erneut einen Asylantrag

Doch in Spanien soll es zu Handgreiflichkeiten durch eine Sozialarbeiterin gekommen sein. „Mein 5-jähriger Bruder wurde von einer spanischen Mitarbeiterin dreimal ins Gesicht geschlagen“, erzählte Dela der Schwäbischen. Außerdem habe die Sozialarbeiterin wohl mehrfach versucht, Dela das Kopftuch abzuziehen. Auch der Zugang zu Bildung und somit auch zu einem Job wurde Dela in Spanien erschwert, sodass sich die Familie letztlich dazu entschied, nach Deutschland weiterzuziehen, was ohnehin ihr bevorzugtes Ziel war. Sie stellten erneut einen Asylantrag.

In Baden-Württemberg angekommen, bemühte sich Dela sofort um Bildung und lernte am DAA-Institut Deutsch. Schnell war sie Klassenbeste. Zwei Jahre später kann sie sich nahezu fließend ausdrücken und besucht in Albstadt eine Abendrealschule. Ihr Ziel: Dela will Krankenpflegerin werden, ein Beruf, bei dem in Deutschland Fachkräftemangel herrscht.

Trotzdem wird Delas Asylantrag abgelehnt und sie muss zurück nach Spanien. Zurück lässt sie neben ihren jüngeren Geschwistern die schwerkranke Mutter, deren Gesundheitszustand sich seitdem verschlechtert haben soll. Gerade bei Arztbesuchen war Dela ihrer Mutter eine große Hilfe, doch inzwischen können sie sich nur noch über Videotelefonie sehen. Zwei Jahre darf Dela – Stand jetzt – nicht nach Deutschland einreisen.

Die Hebel, daran etwas zu ändern, sind begrenzt. Ein Schicksal, das nach Grünen-Chefin Lang eine klare Ursache hat, nämlich „der reine Fokus auf möglichst hohe Abschiebezahlen.“ Mona Lehmann, eine Sprecherin der Stadt Albstadt, widerspricht dieser Ansicht gegenüber der Schwäbischen: „Ihr Antrag wurde genau wie jeder andere intensiv geprüft. Ihre Rückführung hat nichts mit – ich sage es jetzt mal ganz platt – irgendwelchen Quoten zu tun.“ Stattdessen wird Delas Abschiebung damit begründet, dass Deutschland nach dem ersten Asylantrag in Spanien für sie nicht mehr zuständig ist. Die Entscheidung über die Asylanträge der Mutter und der Geschwister stehen derweil noch aus.

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