Tödliches Virus wird zum „ernsten“ Problem in der Ukraine

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Das tödliche West-Nil-Virus tritt mittlerweile in vielen Ländern Europas auf. In der Ukraine gibt es besonders in der Hauptstadt Kiew viele Fälle.

Kiew – In Deutschland gab es zuletzt sechs Fälle, und für die Ukraine stellt das West-Nil-Virus eine „ernste“ Bedrohung dar. Das äußerte einer der führenden Gesundheitsbeamten des von Aggressor Russland durch den Ukraine-Krieg gebeutelten Landes. In drei Monaten sollen nun bereits fast ein Dutzend Menschen an dem Virus gestorben sein.

„Es ist ernst und wird ernst bleiben“, sagte der stellvertretende Gesundheitsminister und Epidemiologe der Ukraine, Ihor Kuzin, dem ukrainischen Dienst der britischen BBC in einem am Sonntag veröffentlichten Interview. Seit Anfang Juli sind in der Ukraine 11 Menschen an West-Nil-Fieber gestorben, insgesamt wurden 88 Fälle registriert, sagte Kuzin. Die Sterblichkeitsrate liege zwischen 2 und 14 Prozent.

Das Public Health Center sagte Ende August, dass Labors seit Anfang des Monats 41 Fälle von West-Nil-Fieber in der Ukraine bestätigt hätten. Seit Jahresbeginn wurden dem Zentrum zufolge insgesamt 50 Fälle registriert, darunter ein Fall im Sommer in der zentralen Region Poltawa.

West-Nil-Virus in der Ukraine: Besonders ältere Menschen gefährdet

Insgesamt wurden 17 Menschen mit West-Nil-Virus in das St. Michael Clinical Hospital in Kiew eingeliefert, und drei Menschen starben zwischen dem 1. Juni und Ende August „an Komplikationen“, so Valentina Ginzburg, Leiterin des Gesundheitsamtes der Hauptstadt.

Etwa einer von 150 Menschen, die mit dem West-Nil-Virus infiziert sind, entwickelt eine schwere oder tödliche Krankheit, erklärte das US-amerikanische Center for Disease Control and Prevention (CDC). Schätzungsweise 80 Prozent der Menschen mit dem Virus zeigen keine Symptome.

Besonders gefährdet sind dem Centrum für Reisemedizin (CRM) zufolge ältere Menschen und Personen mit Vorerkrankungen oder Immunschwäche. Sie haben demnach ein höheres Risiko, eine schwere Form der Erkrankung zu entwickeln. 20 Prozent der Infizierten bekommen laut CRM Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen oder Hautausschläge. Bei weniger als einem Prozent der Erkrankten komme es zu einer lebensbedrohlichen Hirn- oder Hirnhautentzündung.

Vogel-Flugrouten über der Ukraine – Mücken übertragen West-Nil-Virus

Menschen werden laut CDC mit dem West-Nil-Virus infiziert, wenn Mücken sie stechen, nachdem sie sich von Vögeln mit dem Virus ernährt haben. Hotspots des Ausbruchs finden sich laut der Weltgesundheitsorganisation typischerweise auf Vogelzugrouten. „Mehrere Flugrouten solcher Vögel führen durch die Ukraine“, sagte Kuzin.

Eine gemeine Stechmücke (Culex pipiens) saugt Blut aus der menschlichen Haut
Eine gemeine Stechmücke (Culex pipiens) saugt Blut aus der menschlichen Haut. Diese Culex-Mücken übertragen das West-Nil-Virus auf den Menschen. © IMAGO / imagebroker

Es kann Symptome wie Fieber, Schmerzen, Erbrechen, Hautausschläge, Durchfall und Kopfschmerzen hervorrufen, so das CDC. Es tritt häufiger im Sommer und Herbst auf, wenn Mücken häufiger vorkommen. „Wir müssen uns wahrscheinlich daran gewöhnen, dass dieses Fieber in der Ukraine noch häufiger auftreten wird“, äußerte Kuzin.

Keine Impfung gegen das West-Nil-Virus verfügbar

Es gibt keine Impfung gegen das Virus. Umso wichtiger ist laut CRM ein effizienter Mückenschutz mit abweisenden Sprays, Moskitonetzen und langärmliger Kleidung. Und zwar bis in den Herbst. Die Hauptsaison für Infektionen liege zwischen Juni und September. 

West-Nil-Virus
Es gibt keine Impfung gegen das West-Nil-Virus. (Archivbild) © Cynthia Goldsmith/CENTERS FOR DISEASE CONTROL/EPA/dpa

In Deutschland waren bis zum 19. September waren zwei Fälle in Sachsen und jeweils ein Fall in Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen bekannt, wie eine Sprecherin des Robert Koch-Instituts (RKI) auf Anfrage mitteilte. Zudem seien fünf weitere Fälle registriert worden, die auf Reisen in andere Länder zurückgehen.

Tödliches West-Nil-Virus –Experten raten zu Mückenschutz

„Es werden definitiv noch mehr Fälle werden“, sagte Virologe Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) in Hamburg. Es lägen auffällige Proben vor, die allerdings noch fertig untersucht werden müssten. „Das ist aufwendig, weil die Viruslasten ganz gering sind“, erklärte Schmidt-Chanasit.

Das CRM warnte „vor einer erneuten Ausbreitung des West-Nil-Fiebers in Europa“ und rät insbesondere älteren Menschen und Personen mit Vorerkrankungen zu entsprechendem Mückenschutz. Auch Italien wurden demnach seit Anfang Juli 76 Infektionen und zwei Todesfälle gemeldet. Betroffene Regionen: die Lombardei, die Emilia-Romagna, Venetien, Friaul-Julisch Venetien und Apulien.

US-Immonologe Fauci erkrankt an West-Nil-Virus

Das RKI nennt neben Italien auch Gebiete in Griechenland und Frankreich, weite Teile des Balkans, Teile von Rumänien, Tschechien, Ungarn, der Slowakei, Österreich und der Türkei. In Regionen Südspaniens wurden 2024 ebenfalls Infektionen gemeldet, zeigt eine Übersicht des European Centre for Disease Prevention and Control.

Auch der international bekannte US-Immunologe Anthony Fauci hatte sich im August mit dem Virus infiziert. Der 83-Jährige sei sechs Tage lang im Krankenhaus behandelt worden und erholte sich anschließend zu Hause. „Ich habe mich noch nie in meinem Leben so krank gefühlt“, sagte Fauci in einem Essay, der Anfang des Monats in der New York Times veröffentlicht wurde. „Es war furchterregend.“ Das Virus überträgt sich auch auf Pferde. (cgsc mit dpa)

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