Bekannte bayerische Wallfahrtskirche wurde von Granate getroffen, aber Madonna blieb verschont
Eine prägende Zeit erlebten die Menschen in Peißenberg und Hohenpeißenberg vor 80 Jahren: Die letzten Tage des Dritten Reichs waren angebrochen. Die Angst vor den Besatzungsmächten und ihren Bomben, aber auch die Hoffnung auf Frieden war groß.
Peißenberg/Hohenpeißenberg Ende April 1945 kam der Krieg nochmal nach Hohenpeißenberg: Amerikanische Soldaten schossen mit schwerer Artillerie von Hohenfurch aus in Richtung Berggipfel mit dem Ziel, die Wetterwarte zu treffen. Dort hatte die SS, die zuvor noch auf dem Berg war, das Licht nicht ausgeschaltet. Es wurde mit Steilfeuer aus rund 13 Kilometer Entfernung auf den Gipfel des Hohen Peißenbergs geschossen. Die meisten Granaten verfehlten ihr Ziel knapp, doch ein Geschoss schlug an der Nordseite der Kirche zwischen Wallfahrtskirche und Gnadenkapelle in die Außenwand ein und riss ein zwei Meter großes Loch in die Wand. Die Granate streifte die Betonwand an der Nordseite und muss damit einen Teil ihrer Wucht abgegeben haben, sonst wäre das Ergebnis der Explosion vermutlich drastischer ausgefallen. Viele Fenster der Kirche gingen durch den von der Explosion verursachten Luftdruck zu Bruch, Staub und Gesteinsbrocken überzogen innen beide Kirchen.
Die Gnadenkapelle war am stärksten betroffen, das Gnadenbild selbst überstand dem Granateneinschlag aber unbeschädigt. Annie Greiner, geb. Schnaderböck, erlebte als Elfjährige den nächtlichen Beschuss am 27. April 1945 zwischen 21 und 22 Uhr. Am Tag darauf machte sie sich ein Bild von der Zerstörung und schrieb ihre Erlebnisse später nieder. Eine der Granaten, die über den Berg flogen, schlug südlich des elterlichen Bauernhofs in die angrenzende Wiese ein. Sie riss dort einen mehrere Meter großen Krater und zerfetzte einen Baum. Nach Greiners Erinnerung flogen vier Granaten über den Berg, eine weitere schlug am Vorderberg ein. Die Kühe im Stall rissen wie wild an den Ketten und brüllten vor Angst. Anneliese Harant vom Kramer auf dem Berg erlebte als Neunjährige die Beschießung. Sie war mit ihrer Mutter und der Großmutter in den Keller geflüchtet. Dort hörten sie, wie die Granaten über das Hausdach pfiffen und eine davon in die Gnadenkapelle einschlug. Dass der Krieg verloren war, wussten die meisten der Bergleute in Peißenberg und Hohenpeißenberg schon lange und dass es nicht mehr lange dauern konnte, bis das Nazisystem zusammenbrechen würde. Jenen, die im Sommer 1944 nach den starken Bombenangriffen auf München dort Schutt weggeschaufelt, Verschüttete freigegraben und Leichen eingesammelt hatten, war die Lage ohnehin klar. Ein kleiner Kreis der Bergleute, die sich seit 1933 vertrauten und von Hitler und seinem Regime nichts hielten, hörten „Feindsender“, was bei Zuchthausstrafe verboten war.
Verbotene Informationen
Hier erfuhren sie, wo die Front wirklich verlief und wo die Wehrmacht auf dem Rückzug war. Für diese Hohenpeißenberger war klar, dass in den nächsten Tagen die Amerikaner auftauchen und sie von Augsburg über Landsberg und Schongau kommen würden. Nachdem in Schongau noch an Nachmittag des 27. April die Lechbrücke gesprengt worden war, verzögerte sich der Vormarsch der Amerikaner kurz und sie erreichten Hohenpeißenberg erst am nächsten Tag.
Auf Geheiß ihres Vaters, so schreibt Anni Greiner, wurde ein Betttuch an eine lange Stange gebunden und aus dem Fenster der Obertenne geschoben. Dieses Zeichen der Ergebenheit war weit sichtbar und man hatte immer noch Angst, dass die SS nochmal auftauchen könnte – dann wäre es wieder gefährlich geworden. Von der Tenne ihres Elternhauses konnte man in Richtung Peiting Ramsau blicken, hier sah man die Fahrzeugschlange der Amerikaner in Richtung Rottenbuch und Echelsbacher Brücke fahren. Die Amerikaner besaßen eine gigantische Materialüberlegenheit. Der viel beschworene „Volkssturm“ und die „Alpenfestung“ waren nur Worthülsen, die aber immer noch sinnlos Menschenleben forderten.
Ein Werkstattwagen der Wehrmacht, der am Unterbau stehen gelassen wurde, wurde über Nacht von Einheimischen komplett ausgeräumt. Viele Jahre später gab es immer noch Werkzeug im Ort, das aus jenem Wagen stammte. Der Bergwirt Otto Greitner hat wenige Tage, nachdem die Amerikaner im Ort waren, einen ganzen Anhänger voll Schnaps und Wolldecken, die er aus den Räumen der Wetterwarte ausräumte, mit seinem kleinen Bulldog in den Ort gefahren.
Schnaps und Wolldecken
Diese „Utensilien“ wurden von den Hohenpeißenbergern gerne in Empfang genommen. Viele Soldaten, die auf dem Weg in Richtung ihres Heimatortes waren, benötigten Zivilkleidung, sie waren über jede Hose und jedes Hemd dankbar. Die Soldaten waren überwiegend nachts unterwegs, sie hatten zwar Entlassungspapiere bei sich, aber es kam immer wieder vor, dass man bei Razzien wieder gefangen genommen wurde und dann zum Beispiel an Frankreich ausgeliefert wurde. So erging es einem Hohenpeißenberger, der bei einer Razzia der Amerikaner in Weilheim erwischt wurde: Er kam zum Arbeitseinsatz nach Nordfrankreich in ein Bergwerk, wo er im Herbst 1945 verstarb.
Die Amerikaner marschierten zügig in Peißenberg ein. Sie kamen über die Unterbaustraße. Man hörte die Ketten der Panzer rasseln. Bertl Weyer war 15 Jahre alt und Elektrolehrling im Bergbau, er berichtete vor vielen Jahren, was sich an jenem Tag zutrug. Die Stimmung in der Elektrowerkstatt am Hauptschacht war auf dem Nullpunkt, die Mitglieder der NSDAP hatten Angst vor dem, was jetzt passieren könnte. Da sagte einer der älteren Beschäftigen, der kein Parteimitglied war: „Mehr wie in den Schacht herunterschmeißen können sie euch nicht“! Da war die Stimmung vollends am Boden, es herrschte Niedergeschlagenheit und Hoffnungslosigkeit in der Werkstatt. Die Kriegsgefangenenlager in Peißenberg – es gab ein russisches und ein französisches – wurden geöffnet, und es kam zu Plünderungen.
Hohenpeißenberg wurde davon verschont. Die Amerikaner durchsuchten in den folgenden Tagen die Häuser nach Waffen. Der Bergbau war erst mal für drei Tage geschlossen. Amerikanische Offiziere aus dem Kohlebergbau der Vereinigten Staaten verschafften sich einen Überblick. Die Bergleute bekamen einen Ausweis, um trotz der nächtlichen Ausgangssperren von 19 bis 6 Uhr zur Arbeit gehen zu können. Einige der treuen Nazis versteckten sich im Wald und trauten sich erst nach ein paar Tagen wieder heraus. Mit der Ankunft der Amerikaner und dem offiziellen Kriegsende am 8. Mai war die Welt noch lange nicht in Ordnung. Not und Elend gingen weiter. Viele Flüchtlinge und eine bescheidene Lebensmittelversorgung über Marken bestimmten den Alltag.
Mit schwerer Artillerie
Ende April 1945 kam der Krieg nochmal nach Hohenpeißenberg: Amerikanische Soldaten schossen mit schwerer Artillerie von Hohenfurch aus in Richtung Berggipfel mit dem Ziel, die Wetterwarte zu treffen. Dort hatte die SS, die zuvor noch auf dem Berg war, das Licht nicht ausgeschaltet. Es wurde mit Steilfeuer aus rund 13 Kilometer Entfernung auf den Gipfel des Hohen Peißenbergs geschossen. Die meisten Granaten verfehlten ihr Ziel knapp, doch ein Geschoss schlug an der Nordseite der Kirche zwischen Wallfahrtskirche und Gnadenkapelle in die Außenwand ein und riss ein zwei Meter großes Loch in die Wand. Die Granate streifte die Betonwand an der Nordseite und muss damit einen Teil ihrer Wucht abgegeben haben, sonst wäre das Ergebnis der Explosion vermutlich drastischer ausgefallen. Viele Fenster der Kirche gingen durch den von der Explosion verursachten Luftdruck zu Bruch, Staub und Gesteinsbrocken überzogen innen beide Kirchen. Die Gnadenkapelle war am stärksten betroffen, das Gnadenbild selbst überstand dem Granateneinschlag aber unbeschädigt. Annie Greiner, geb. Schnaderböck, erlebte als Elfjährige den nächtlichen Beschuss am 27. April 1945 zwischen 21 und 22 Uhr. Am Tag darauf machte sie sich ein Bild von der Zerstörung und schrieb ihre Erlebnisse später nieder. Eine der Granaten, die über den Berg flogen, schlug südlich des elterlichen Bauernhofs in die angrenzende Wiese ein. Sie riss dort einen mehrere Meter großen Krater und zerfetzte einen Baum. Nach Greiners Erinnerung flogen vier Granaten über den Berg, eine weitere schlug am Vorderberg ein. Die Kühe im Stall rissen wie wild an den Ketten und brüllten vor Angst. Anneliese Harant vom Kramer auf dem Berg erlebte als Neunjährige die Beschießung. Sie war mit ihrer Mutter und der Großmutter in den Keller geflüchtet. Dort hörten sie, wie die Granaten über das Hausdach pfiffen und eine davon in die Gnadenkapelle einschlug.