Sexueller Übergriff nicht nachweisbar: Ehemann (35) in Teilen freigesprochen
Ein 35-jähriger Mann steht wegen brutaler sexueller Übergriffe an seiner Ehefrau vor Gericht. Doch die Beweisführung gestaltet sich im Prozess als schwierig.
Poing – Zahlreiche Widersprüche, mutmaßliche Falschaussagen und eine völlig verworrene Familiensituation: Für das Ebersberger Schöffengericht gestaltete sich die Beweisführung im Prozess gegen einen 35-jährigen Ingenieur am Dienstag sehr schwierig. Der aus Pakistan stammende Mann musste sich dort wegen mehrerer sexueller Übergriffe an seiner damals 25-jährigen Ehefrau sowie diverser Körperverletzungen verantworten (wir berichteten). Der Mann wurde ein einem Punkt freigesprochen.
Sexuelle Übergriffe in gemeinsamer Wohnung: Ehemann (35) vor Gericht
Die Vorfälle hätten sich allesamt in der Wohnung des Paares in Poing zugetragen, heißt es in der Anklage. Bereits kurz nach der arrangierten Trauung in Pakistan habe der Ingenieur, der zuvor schon in Deutschland gearbeitet habe, seine Ehefrau zu sich geholt. Anschließend soll der Angeklagte die 25-Jährige ohne ihr Einverständnis mit seinen Fingern im Intimbereich penetriert, sie zum Oralverkehr und zum Sex gezwungen haben. Bei einem Streit soll der 35-Jährige die junge Frau zudem ins Gesicht geschlagen und in den Bauch getreten haben.

Vor Gericht weist der Mann die Vorwürfe entschieden zurück. Der Geschlechtsverkehr habe immer einvernehmlich stattgefunden, lässt er über seinen Verteidiger erklären. Einzig den Schlag ins Gesicht gibt der 35-Jährige zu. „Das war nicht absichtlich. Das war im Streit und ihm tut das sehr leid“, betont sein Anwalt.
Weil die junge Frau bereits das Land verlassen hat, wurde ihre Aussage per Video festgehalten und bereits am ersten Prozesstag im Gerichtssaal abgespielt. In der vierstündigen Vernehmung schildert sie detailreich, was an jenen Abenden vorgefallen sei. Unter Tränen berichtet die 25-Jährige etwa, wie ihr Ehemann sie immer wieder sexuell bedrängt habe. „Ich wollte das nicht. Ich war am Ende“, erklärt sie mit brüchiger Stimme. „Er ist ein Sadist. Es war die Hölle für mich.“
Bei der Polizei habe die Frau zuvor bereits ähnliche Aussagen gemacht – wenn auch mit Abweichungen, wie der Verteidiger des Angeklagten feststellt. „Es gibt gravierende Unterschiede. Waren es Schläge oder Tritte? Einmal soll er mit seinen Fingern in sie eingedrungen sein, einmal nicht.“ Licht ins Dunkle sollen schließlich mehrere Zeugen aus dem Umfeld des Paares geben.
Widersprüchliche Aussagen von Ehefrau und Zeugen: Verteidiger spricht von „Schauspiel“
Doch auch hier widersprechen sich die Aussagen: Während eine Cousine der 25-Jährigen regelmäßig über den sexuellen Missbrauch informiert worden sein will, hätten die Nachbarn des Paares nichts von dem mutmaßlichen Martyrium in der Wohnung mitbekommen. „Sie waren immer ruhig, sehr angenehme Leute“, sagt ein 65-jähriger Rentner. Nur ein einziges Mal habe er einen Streit mitverfolgt. Dabei habe er auch einen Cut unter dem Auge der jungen Frau feststellen können. Ein anderer Zeuge spricht von einer Intrige. Demnach habe ihm die junge Frau Geld und sexuelle Leistungen geboten, damit er gegen ihren Ehemann aussagt.
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„Das ist völliger Schwachsinn. Ich habe selten so eine wilde Aussage gehört“, kritisiert der Staatsanwalt dessen Schilderungen in seinem Plädoyer und verweist dabei auf eine mögliche Falschaussage. Er hält die Vorwürfe der Ehefrau für plausibel. „Man merkt, dass sie das tatsächlich erlebt hat.“ Er fordert eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten ohne Bewährung.
Von einem „Schauspiel“ spricht hingegen der Verteidiger. Er unterstellt der Frau, durch eine erfundene Anzeige einen Aufenthaltstitel ergattern zu wollen. „Das ist perfide“, sagt er. Er plädiert er daher auf einen Freispruch. Dem kommt das Schöffengericht in seinem Urteil schließlich nach. Die vielen Widersprüche hätten nicht zur Überzeugung des Gerichts geführt. Einzig wegen der Körperverletzung wurde der Mann nun zu einer Geldstrafe in Höhe von 2700 Euro verurteilt.