Jetzt erklärt Weselsky seinen „Denkfehler“ – und geht auf DB-Chef und seine „Propaganda-Abteilung“ los

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Im erneuten Bahn-Streik polarisiert besonders der „Denkfehler“, den GDL-Chef Weselsky eingestand. Nun erklärt er, wie es dazu kam.

Berlin – Und wieder läuft ein Bahnstreik. Erneut hat die GDL in Deutschland zum Arbeitskampf aufgerufen. Seit Mittwochabend wird im Bahn-Verkehr die Arbeit niedergelegt, seit den frühen Morgenstunden des Donnerstags ist auch der Personenverkehr betroffen. Bis Freitag soll die Aktion gehen. So weit, so üblich, sollte man meinen. Zukünftig wird die GDL aber härtere Bandagen aufziehen, wie Gewerkschaftsführer Claus Weselsky bereits am Montag ankündigte.

Bahnstreik der GDL: Gewerkschaftschef der Lokführer kündigt „Wellenstreiks“ an

Auf einer Pressekonferenz ließ Weselsky verlautbaren, man werde bei folgenden Bahnstreiks der GDL – die kommen werden, da noch immer keine Einigung zwischen Lokführer-GEwerkschaft und DB in Sicht ist – nicht mehr derartig früh die Arbeitsniederlegung ankündigen. Außerdem wolle man keine detaillierten Angaben mehr über die Dauer der Streiks machen. „Wellenstreiks“ nenne man das Konzept.

Aufregung zog Weselsky allerdings nicht nur mit seiner Ankündigung auf sich, sondern auch mit einem später folgenden Eingeständnis. Der GDL-Chef gab gegenüber der Süddeutschen Zeitung nämlich einen „Denkfehler“ zu, den er nun im TV in den ARD-Tagesthemen erklärte.

In den ARD-Tagesthemen erklärte Weselsky seinen „Denkfehler“ rund um den Bahn-Streik.
In den ARD-Tagesthemen erklärte Weselsky seinen „Denkfehler“ rund um den Bahn-Streik. © Screenshot ARD

Bahnstreik der GDL: Weselskys „Denkfehler“ sorgt für Aufregung

Zum Hintergrund: Die Moderatoren zwischen beiden Konfliktparteien, Ex-Innenminister Thomas de Maizière und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther, hatten offenbar einen Einigungsvorschlag eingebracht, der den Forderungen der GDL ähnelte. Beinhalten sollte dieser, die Wochenarbeitszeit in zwei stufen von derzeit 38 auf 36 Stunden zu senken. Stufe eins, die erste Stunde, sollte ab Januar 2026 in Kraft treten, die zweite Stufe dann ab Januar 2028. Weselsky hingegen sagte am Montag bei der Pressekonferenz, der Vorschlag hätte eine Absenkung auf lediglich 37 Stunden vorgesehen, zudem eine optionale weitere halbe Stunde Absenkung. Die DB hatte widersprochen und Weselsky seinen „Denkfehler“ eingestanden, den er nun in den Tagesthemen der ARD erneut erklärte.

„Ich weiß nicht, wie viele Menschen es in diesem Land gibt, die noch nie einen Fehler gemacht haben“, stieg Weselsky in das Interview mit Moderatorin Jessy Welmer ein. Die fragt gleich mal mit einem Lachen nach, ob das „ein echter, oder vielleicht doch ein gewollter“ Denkfehler war. Weselsky erklärt, er habe bei der Pressekonferenz auf „eine Nebenfrage von der Seite“ nicht den neuen Vorschlag der Moderatoren beschrieben, sondern „dasselbe wiederholt, was die ganze Zeit die Bahn angeboten hat“. Am Donnerstagmorgen stellte er auch im Deutschlandfunk klar, dass er nicht gelogen habe.

Bahn-Streik läuft: Weselsky erklärt seinen „Denkfehler“ und wütet gegen DB-Vorstand Seiler

Lange hält Weselsky sich in den ARD-Tagesthemen allerdings nicht an seinem Fehler auf, geht direkt über zum Bahn-Vorstand Martin Seiler „und seiner Propaganda-Abteilung“. Seiler habe „nicht ein einziges Mal“ die Absenkung der Wochenarbeitszeit über zwei Stunden in der oben beschriebenen Taktung vorgeschlagen. Dennoch seien im Hintergrund weiter Gespräche geführt worden, bis zum Mittwochabend hin. Nie habe Seiler dort die Absenkung um zwei Stunden angeboten, „so wie er behauptet in der Öffentlichkeit“, wirft Weselsky weiter vor. „Das nenne ich einfach: Tricksen, täuschen, Taschen füllen“.

Die Mitarbeitenden der Bahn gingen in den Streik, „weil sie rundum sehen, die 35-Stunden-Woche ist machbar“, wettert Weselsky weiter gegen Seiler. Die DB hingegen, die sich „sonst immer brüstet mit 25.000 Einstellungen, stellt sich hin und sagt: Das geht nicht. Und das ist Lug und Trug“. Deutliche Worte des GDL-Chefs, dessen Denkfehler dennoch bereits mächtig Staub aufgewirbelt hat.

Kritik nach Weselsky-Denkfehler: Verkehrsminister Wissing fordert mehr Professionalität

Auch im ZDF-Morgenmagazin legte Weselsky am Donnerstagmorgen nach. Er finde es „ein bisschen bemerkenswert“, wie sein Fehler dargestellt werde, stellt klar, dass es „bestimmt keinen Denkfehler bei der Bewertung des Papiers der Moderatoren“ gegeben habe und man nicht wegen eines Fehlers nun den Streik begehe. Die Bahn nutze außerdem „geschickte PR“, um in der Öffentlichkeit Sachen herauszustellen, die der GDL „so nicht angeboten“ wurden. Als ZDF-Moderatorin Miriam Meinhardt dann wissen will, ob Weselsky „zuschlagen“ würde, wenn die DB wirklich das anbieten würde, was sie öffentlich sagt, grätscht der GDL-Chef deutlich dazwischen: „So funktioniert Tarif nicht“. Man habe „Kompromissbereitschaft“ gezeigt. Allerdings wolle die Deutsche Bahn „einen Kompromiss vom Kompromiss“ haben.

Etwa bei Bundesverkehrsminister Volker Wissing. Im Gespräch mit dem ARD-Hauptstadtstudio sagte der FDP-Politiker, für ihn sei es „nicht nachvollziehbar, weshalb Herr Weselsky das Schlichterpapier falsch verstanden hat“. Das Papier sei keineswegs missverständlich formuliert. „Und ich muss schon einfordern, dass hier professionell und auch verantwortungsbewusst verhandelt wird“, so Wissing weiter. Für die neue Wellenstreik-Strategie der GDL zeigte Wissing keinerlei Verständnis. (han)

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