Post auf LinkedIn - Arbeitssuche einer 60-Jährigen schlägt Wellen: „Zu alt. Zu teuer. Zu viel Erfahrung“
Ältere Arbeitslose sehen sich bei der Jobsuche oft mit Vorurteilen konfrontiert. Dabei passen viele Stellen perfekt zu ihrem Profil. Doch das Alter wird häufig als Hindernis betrachtet.
Bewerberin erhält Absage und Jobangebot taucht wieder auf
Eine Schweizer Frau äußert auf LinkedIn jetzt Frustration über die aktuelle Jobsuche. Sie ist fast 61 Jahre alt, unverschuldet arbeitslos und muss sich für viele Stellen bewerben. Sie fragt: „Wer stellt jemanden ein, der in vier Jahren sowieso in Pension geht?“
Oftmals erhält sie Absagen mit der Begründung „Wir haben uns für jemanden entschieden, der noch besser ins Profil passt“. Doch das gleiche Stellenangebot taucht kurze Zeit später erneut auf LinkedIn auf. Sie kommentiert: „Ja genau, was ist jetzt mit dem, der noch besser ins Profil passte?“ Sie vermutet über die Gründe der Absage: „Zu alt. Zu teuer. Zu viel Erfahrung.“
Wegen Alter und Geschlecht diskriminiert
Der Druck von Stellenvermittlungsbüros und RAV-Beratern verstärkt ihr Unbehagen. „Woran könnte es liegen, dass Sie nur Absagen erhalten?“, fragt ihr Berater. Sie vermutet Gründe wie ihr Alter, Vorstellungen über Gehaltskosten oder mögliche Benachteiligungen als Frau. Auf LinkedIn kritisiert sie die Qualität der Stelleninserate: „Mein CV muss perfekt und vergoldet sein, aber euer Stelleninserat ist voller Schreibfehler.“

Die Bewerberin fragt, ob Bewerbungsunterlagen überhaupt gelesen werden. „Werden CVs, Zeugnisse und Motivationsschreiben tatsächlich gelesen?“, fragt sie auf der Plattform und kritisiert zudem, dass in der Schweiz wie auch in Deutschland Fachkräftemangel herrsche, aber man absolut kein Interesse an ihr habe - einer Fachkraft.
Motivationsschreiben empfindet sie als wenig sinnvoll, insbesondere wenn man sich nur für die letzten Jahre seiner Karriere bewirbt. Sie kommentiert: „Glaubt ihr wirklich, dass ich 45 Jahre darauf gewartet habe, genau bei euch zu arbeiten?“
Kommentare raten ihr zu mehr Optimismus
In den mehr als 140 Kommentaren, die der tausendfach gelikte Beitrag mittlerweile angesammelt hat, wird der unter anderem geraten, auf ihre Einstellung zu achten. Ein wütender Text preise ihre Fähigkeiten nicht sehr an, sie hätte sich stattdessen auch vorstellen können. Auch verteidigen manche Nutzer die Auswahlkriterien der Unternehmen.
Andere Jobsuchende, die ähnliche Erfahrungen machen, stimmen ihr zu. "Nicht jede Firma verdient uns und unseren Erfahrungsschatz", heißt es dort unter anderem.

Deutschlands Senioren haben viel Potenzial auf dem Jobmarkt
Die Situation der Schweizerin ist wohl auch für viele Jobsuchende in Deutschland vertraut. Experten sehen tatsächlich großes ungenutztes Potenzial in der Aktivierung älterer Arbeitnehmer.
Eine Studie der Bertelsmann Stiftung, die das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) durchgeführt hat, betont die Notwendigkeit umfangreicher Maßnahmen. Dazu gehören finanzielle Anreize, arbeitsrechtliche Erleichterungen und altersgerechte Arbeitsplätze.
Eric Thode von der Bertelsmann Stiftung sagte: „Ein umfassendes Maßnahmenpaket ist nötig, um Menschen in der letzten Phase ihres Berufslebens zu ermuntern, mehr zu arbeiten oder aus dem Ruhestand zurückzukehren.“ Mit diesen Maßnahmen könnten bis 2035 etwa 1,5 Millionen Personen im Alter von 55 bis 70 Jahren für den Arbeitsmarkt gewonnen werden.