Ein geplanter Maut-Tunnel in Tirol könnte den Verkehr deutlich verschlimmern
Ein bereits lang geplantes – und zwischenzeitlich vergessenes – Tunnelprojekt der Nachbarn in Tirol nimmt wieder Fahrt auf. Dies könnte die ohnehin angespannte Verkehrslage im Garmischer Raum weiter verschlimmern, befürchten Politiker wie Anwohner auf beiden Seiten der Grenze. Sogar eine Online-Petition gegen den Tunnel wurde gestartet.
Ein geplantes Tunnelprojekt der Nachbarn im österreichischen Bundesland Tirol bereitet vielen Anwohnern und Politikern in der Gegend von Garmisch große Sorgen. Garmisch-Partenkirchen, Ettal, Mittenwald, Scharnitz und Seefeld sind hohes Verkehrsaufkommen während Feiertags- und Ferienzeiten gewohnt. Allerdings befürchten sie, ein neues Tunnelprojekt könnte die Situation noch mal deutlich verschärfen. Laut ADAC planen die Tiroler mit dem Tunnelbau ab 2026 zu beginnen.
Pläne sehen vor, dass der 1,4 Kilometer lange Scheiteltunnel die Passstraße ersetzen soll. Und obwohl so ein Tunnel die Probleme mit Glatteis im Winter, Hangrutsch und Lawinenabgängen, wenn nicht lösen, dann zumindest erleichtern sollte, befürchten Politiker, dass das für Autofahrer und Anwohner seinen Preis hat. Mit der Fertigstellung des Tunnels rechnen Behörden bis 2028.
Nach Inbetriebnahme müssen Autofahrer Maut bezahlen. Laut ADAC soll sich diese für Pkw-Fahrer pro Fahrt auf 14 Euro belaufen. Es seien auch keine Ausnahmen für Anwohner und Berufspendler vorgesehen. Die Kosten einer Jahreskarte würden sich auf 140 Euro belaufen. Aber was für Anwohner vielleicht noch viel mehr zu Buche schlägt, ist die zu erwartende erhöhte Verkehrsbelastung. Zwar werden Autofahrer den Tunnel umfahren können, wenn sie statt über Füssen und Reutte die Strecke über Garmisch, Mittenwald und Zirler Berg nach Innsbruck wählen. Das wird aber noch andere Probleme für die Gegend rund um Garmisch bringen. Denn: Diese Strecke ist seit Jahrzehnten bereits eine beliebe Route in den Süden. Abgeordnete befürchten, der Tunnel würde ihrer Gegend dann noch viel mehr Verkehr – als jetzt bereits der Fall – bescheren.
Mehr Staus durch Mautpflicht?
Viel Verkehr sei die Gegend gewohnt, sagte Elisabeth Koch (CSU), Bürgermeisterin des Marktes Garmisch-Partenkirchen. „Man könnte dann sagen, es ist eh‘ wurscht. Aber es ist eben nicht wurscht! Im Ortsteil Partenkirchen und Garmisch ist es nicht mehr auszuhalten, und das verschärft jetzt noch mal die Lage.“ Im Gespräch mit dem Kreisboten beschrieb Koch, wie Anwohner der Gegend trotz Ampeln und Querungshilfen massive Probleme hätten. „Weil die Autofahrer rote Ampeln anscheinend nur noch mit empfehlender Wirkung betrachten. Das ist ganz, ganz bitter. Wir ersticken an Verkehr.“ Eine Mautpflicht würde das Problem nur vertiefen.
Zusammen mit dem Bürgermeister aus Mittenwald Enrico Corongiu (SPD) schrieb Koch einen Brief an den Staatsminister für Europaangelegenheiten und Internationales Eric Beißwenger. Hier fanden die Bürgermeister wenigstens ein offenes Ohr, sagte Koch, aber wirklich weiter bringe sie das nicht. „Wohlwissend, dass wir hier nur Bürgermeister im Freistaat Bayern sind. Da muss ich schon mal sagen, dass uns die Kompetenz zur Regelung komplett fehlt.“ Koch wünschte sich mehr Austausch auf allen Ebenen. „Ich kann meine Amtskollegen in den umliegenden Kommunen anrufen,“ sagte die Bürgermeisterin, das sei aber nicht grenzübergreifend. „Wir brauchen eine Stimme, die uns vertritt.“
Der Garmisch-Partenkirchener Landrat Anton Speer (Freie Wähler) versucht diese Stimme zu sein. „Wenn ich es Ihnen sage, ich kümmere mich laufend um dieses Problem“, sagte Speer. Auch Speer sieht, dass das anstehende Tunnel- und Mautprojekt viele unlösbare Verkehrsprobleme bringen könnte. „Der Verkehr wird auf alle Fälle mehr werden, und natürlich sind wir sowieso schon überlastet an bestimmten Tagen.“ Genau wie die Bürgermeisterin, befürchtet auch Speer, dass Autofahrer die Maut umgehen würden und, trotz der extra 20 Fahrt-Kilometer von München aus, dann durch den Landkreis und über den Zirler Berg in Richtung Süden fahren.
Scheiteltunnel war stets kontrovers
Eigentlich ist der geplante Scheiteltunnel kein wirklich neues Thema und war immer umstritten. Seit mehr als zehn Jahren wird mal mehr, mal weniger kontrovers über den Tunnel debattiert. Landrat Speer hörte über das Aufleben der Pläne während eines Neujahrsempfangs. „Die Tiroler haben eine neue Landesregierung, und im Koalitionsvertrag steht, dass der Bergpass Scheiteltunnel gebaut werden soll, zusammen mit der Mautgebühr, die dann für alle fällig würde,“ erzählte Sperr.
Meine news
Obwohl der Tunnel-Baubeginn für 2026 geplant ist, könnte es noch eine Weile dauern mit der Umsetzung. „Es sind ja erst Vorgespräche bei der Tiroler Landesregierung, aber wenn dies alles so kommen würde, hätten viele Gegenden mit einem erhöhten Verkehrsaufkommen zu kämpfen.“
Anti-Tunnel Petition gestartet
Das sieht auch der Tiroler Verein Alpentransit Außerfern aus Lermoos. Der Verein startete kürzlich eine Petition, die bereits mehr als 1.000 Unterschriften gesammelt hat und online weitere Stimmen erhält. „Der Scheiteltunnel und die Maut sind nicht im Interesse der Tiroler im Außerfern, dem Gurgltal und Mieminger Platneu“, schreibt der Verein auf „openpedition.eu“. Eine Fernpass-Maut würde die Tiroler wirtschaftlich und mental mehr trennen, als Touristen abschrecken.
Landrat Speer und Bürgermeisterin Koch sehen das ähnlich. Gespräche müssten auf Landesebene sowie mit den Tiroler Regierungspartnern geführt werden. „Die Zuständigkeit liegt allerdings bei der Tiroler Landesregierung“, sagte Speer. „Wir müssen nur immer wieder versuchen, mit ihnen zu sprechen mit dem Hinweis, der Tunnel und die Maut könnten auch für Tiroler Gemeinden negative Auswirkungen haben.“
Auch Koch weist auf den Bedarf für weitere Gespräche hin. „Ich als Provinz-Bürgermeisterin löse doch nicht allein das Problem dieses wahnsinnigen Verkehrsaufkommens. Man muss das mal gesehen haben, wenn am Wochenende und zu Feiertagen sogar die Nebenstraßen im Ort komplett dicht sind,“ verdeutlichte Koch. Laut ADAC nehmen im Moment viele Reisende mit dem Auto den Fernpass. Zu Spitzenzeiten seien das bis zu 30.000 Fahrzeuge am Tag – Autos, die nach Tunnelbau und wegen einer Maut teilweise über das mautfreie Garmisch ausweichen könnten.
Allerdings stünden weitere Gespräche zur Zeit nicht an. Laut Speer würde man aber mit den Tiroler Gemeinden sehr gut zusammenarbeiten. „Wir haben viele Gemeinsamkeiten und viele Projekte schon auf den Weg gebracht.“ Jetzt gelte es, weiter mit den Grenz-Kollegen zu sprechen, die Situation stetig zu beobachten und „am Ball zu bleiben“, meinte der Landrat.