Bettlhochzeit in Bichl: Bräutigam schaut sich noch vor dem Jawort nach einer anderen um

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Der Festzug führt durchs Dorf. Ganz vorne läuft die „Bichla Misthaufnmusi“. In den Kutschen sitzen Brautpaar und „bucklige Verwandtschaft“. © dh

1000 Schaulustige wollten sich am Samstag ein besonderes Faschings-Spektakel in Bichl ansehen: Dort fand die Bettlhochzeit auf dem Misthaufen statt.

Bichl – Den bekanntlich „schönsten Tag im Leben“ feierten Emerenzia Graziana Lüngerl zum Boafack und ihr Herzallerliebster Mamertus Eustachius Gschaftlwachtl zum Stangalhoida am Samstag bei Kaiserwetter in Bichl. Mit dabei war eine Hochzeitsgesellschaft von annähernd 250 geladenen Gästen und etwa 1000 Schaulustige. Ungewöhnlich war freilich der Ort, an dem sich das Traumpaar die ewige Treue schwor. Rund um und direkt auf dem Misthaufen beim „Manger“ an der Dorfstraße fand das Spektakel statt. Organisiert wurde die Bettlhochzeit vom Trachtenverein Edelweiß, kräftig unterstützt durch die Bichler Bevölkerung.

Bucklige Verwandtschaft reist in Pferdekutschen an

Pünktlich um 13.13 Uhr kam das Brautpaar mit der Kutsche vorgefahren, auch die bucklige Verwandtschaft näherte sich in prächtigen Pferdegespannen der wartenden Besucherschar – gefolgt von Fahnenabordnungen der Dorfvereine sowie der „Bichla Misthaufenmusi“. Sofort übernahm Hochzeitslader Weitumananda Dikä das Kommando, informierte über den Ablauf und stellte die Hauptpersonen und Mitwirkenden in Nebenrollen vor. Stets mit deftigen Anmerkungen und pfiffigen Sprüchen, die sich jedoch allesamt über der Gürtellinie hielten.

Jetzt is soweit - Ein nachdenklicher Bräutigam vor dem „Jawort“
Jetzt ist es soweit: Ein nachdenklicher Bräutigam Mamertus Eustachius Gschaftlwachtl vor dem „Jawort“. © dh

Alle Hände voll zu tun hatte Mesner Bochbartl-Hartl, der sich zunächst mit einem überdimensionalen Klingelbeutel unter die Menge begab und dann auch noch die große Glocke läuten musste. Nicht jedoch ohne sich vorher artistisch auf einer Leiter balancierend eine Virginiazigarre anzuzünden. Runter ging es vom hohen Arbeitsplatz auf den nahegelegenen Misthaufen, wo sich bereits die Ministranten aufgereiht hatten. Da jedoch Hygiene äußerst wichtig ist, wurde allen vom Mesner zunächst mit einem riesigen Rotztücherl die Nase geputzt und anschließend mit aggressivem Streicheln die Frisur in Form gebracht.

Schnaspdrossel-Chor untermalt Bettlhochzeit in Bichl

Der große Augenblick rückte immer näher. Der Hochzeitslader holte noch den Bürgermeister ans Rednerpult, und während dessen Ausführungen ging der Blick des Bräutigams beinahe verzweifelt ins Publikum. Kräftig unterstützt von seiner Mutter – „Bua, überleg‘ da des nommoi guad. De brauchan blos oan zum Arbat‘n“ – rief der Heiratskandidat in die Menge: „Is denn koa andere do, de mi wui? Du do hinten mit dem großen Busn würdst ma gfoin.“ Doch es gab keinen Ausweg mehr, Abt Löblein von de Paulaner Mönch ging zur Trauung über. Mehrmals wurde er dabei von Knallerbsen werfenden Ministranten gestört. Wunderschön sang dazu der „Schnapsdrossel-Chor“.

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Nach der vollzogenen Eheschließung war natürlich längst nicht Schluss. Erneut wurde auf den Kutschen Platz genommen, und in einem stattlichen Hochzeitszug ging es in Richtung „Bayerischer Löwe“. Dort rief der Weitumananda Dikä auf der Straßenkreuzung zum Hungertanz auf, nicht nur das Brautpaar, alle Anwesenden konnten daran teilnehmen. Schließlich wurde, wie es sich gehört, dem Brautpaar von jedem Gast gratuliert, dann ging es ab in den geschmückten Festsaal. Lange noch wurde nach dem Hochzeitsmahl gefeiert.

Wehmut kam bei den Beteiligten zu später Stunde auf, da sich das glückliche Paar verabschiedete und jeder Beteiligte wusste: Das Ganze war lediglich eine Gaudi. Die Ehe endet allerspätestens am Aschermittwoch. Vermutlich hat es auch keine gemeinsame Hochzeitsnacht gegeben. (Hans Demmel)

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