CSU-Parteitag empfängt Merz herzlich – doch Söder-Interview sorgt für neuen Krach in der Union

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Vorne Harmonie, hinten Rempler: Der CSU-Parteitag empfängt Merz herzlich und feiert ihn als Eh-gleich-Kanzler. Er kommt mit kantigen Positionen zu Asyl und Dienstpflicht gut an. Doch sofort danach gibt es neuen Ärger.

München – Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Das beginnt bei der Begrüßung auf dem Parkplatz. „Ich hab Dich gestern gelobt“, raunt Markus Söder seinem Gast zu, „ehrlichen Herzens“. Friedrich Merz antwortet trocken: „Ist mir gesagt worden.“ Er hat sich also genau berichten lassen von entsandten Mitarbeitern, was Söder so auf seinem Parteitag tut und lässt. Mit dem Ergebnis sind beide vorerst sehr zufrieden: Die Harmonie in der Union, für CDU und CSU was Neues, hält. Keine Schmutzeleien, jedenfalls an der Spitze nicht.

Keine strategische Heuchelei – CSU-Parteitag empfängt Merz herzlich

Ob sich die zwei Machtmenschen entzweien über die Kanzlerkandidatur, wird ja seit Monaten so emsig diskutiert, dass Merz sich darüber lustig macht. „Das wird Hauen und Stechen geben, das kracht richtig“, äfft er angebliche Journalisten nach. Und verkündet: „Das ganze Gerede über neuen Streit war alles dummes Zeug.“ „Zeuch“, sagt er sehr nordwestdeutsch, so wie er den Ort beharrlich „Augsburch“ nennt. Die CSU-Basis, die bei sowas sonst fremdelt, empfängt Merz dennoch sehr herzlich.

Es ist ehrliche Sympathie, keine strategische Heuchelei wie kurz vor der Wahl 2021, als Armin Laschet einmal (und nie wieder) auf einer CSU-Großveranstaltung gefeiert wurde, als sei er ein Leistungs- oder Hoffnungsträger. Auch Merz schleimt nicht, beschreibt nüchtern die neue Nähe: „Freundschaftlich, kameradschaftlich, gut.“ Söder dankt in der Friedensstadt Augsburg mit der Zusage, Merz könne sich auf die CSU verlassen, „auch gegenüber manchen in der CDU“. Eine Anspielung auf die CDU-Ministerpräsidenten Hendrik Wüst und Daniel Günther, über die Söder im kleinen Kreis mit Merz so gern spöttelt

Merz erntet Jubel für Attacke auf den aufgeblähten Regierungsapparat in Berlin

Seinen Auftritt absolviert Merz schwungvoll, ab und zu laut. Er geht wenig in Details. Aber auch er fordert zur Freude der Delegierten eine Asylwende. „Die jungen Männer, die eben keinen Fluchtgrund haben, machen uns die allergrößten Probleme“, gerade in den Städten, sagt er. Merz wiederholt den Ruf nach Zurückweisungen an den Grenzen. Was noch auffällt: Er bekommt für seine Forderung einer Dienstpflicht für junge Männer und Frauen zweimal lauten Applaus. Keine Stunde zuvor hatten die Delegierten alle CSU-Leitanträge gebilligt, die vorerst nur eine Wehrpflicht-Rückkehr (Männer) verlangen.

Jubel erntet Merz sogar für seine Attacke auf den aufgeblähten Regierungsapparat in Berlin. „Einschließlich all dieser Beauftragten, die da rumlaufen und mehr Probleme schaffen als lösen.“ Die gehörten „alle auf den Prüfstand“, für ihre Jobs seien Ministerien da. Manch Delegierter mag übersehen, dass auch Söder emsig „Beauftragte“ in Bayern erfunden hat; allerdings eine einstellige Zahl, während Merz in Berlin 34 Stück gezählt hat.

Die offensichtlichste Klippe an diesem Tag nimmt Merz selbstbewusst: Er erklärt knapp seine Position zu Schwarz-Grün. Ein eingeschränktes, kein kategorisches Nein. „Mit diesen Grünen, so wie sie heute da sind, ist eine Zusammenarbeit nicht denkbar und nicht möglich.“ Das gefällt Söder, aber es lässt offen, was mit den Grünen von morgen sein könnte. Merz ergänzt dazu: „Wenn nur noch die Sozialdemokraten übrig bleiben, wird es auch kein Vergnügen – mit diesen Mützenichs“.

Der Vorsitzende der Christlich Demokratischen Union (CDU), Friedrich Merz (links) mit dem bayerischen Ministerpräsidenten und Vorsitzenden der Christlich Sozialen Union
Wer rudert, wer angelt? Ein Paddel als symbolisches Geschenk: Friedrich Merz mit Markus Söder auf der Parteitagsbühne in Augsburg. © Michaela Stache/AFP

Söders Interviews direkt nach Parteitag sorgen für Zorn bei Wüst- und Günther-Getreuen

Es wäre also ein harmonisches Wochenende, würde es nicht kurios enden. Unmittelbar nach Ende des Parteitags gibt Söder noch eine Reihe von Interviews – und holt da aus zur Attacke auf Wüst und Günther, die für Schwarz-Grün eintreten und in ihren Ländern auch so regieren. „Ich glaube, das ist ein schwerer strategischer Fehler, den Daniel und Hendrik machen“, sagt Söder zu Welt TV. „Sie sehen sich – völlig okay –, aber sie sehen nicht das große Ganze.“

Erwartbar trifft nach wenigen Minuten schon im Internet der Zorn der Wüst/Günther-Getreuen ein. Der EU-Abgeordnete Dennis Radtke etwa verhöhnt Söder, er solle sich um die Themen kümmern, „die die Menschen im Land wirklich bewegen“, statt „obsessiv“ gegen Schwarz-Grün zu kämpfen oder „lückenlos seine Nahrungsaufnahme zu dokumentieren“, Spott über die #söderisst-Kampagne. Nach Merz‘ Rede übrigens überreicht ihm Söder als Geschenk ein Kanupaddel, schwarzrotgold. Und sagt dazu einen Spruch, den man als Warnung verstehen kann. „Geht der eine unter, geht der andere unter. Aber wir bleiben beide über Wasser.“

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