Haus der Liebe: Rilkes Beziehung zur Irschenhauser Pension Schönblick

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Eine Gedenktafel erinnert an den berühmten Bewohner Rainer Maria Rilke. Der Schrifsteller lebte 1914 und 1915 zeitweise in dem Haus. © Andrea Kästle

Im Rilke-Haus in Irschenhausen wollte die Gemeinde Icking günstigen Wohnraum schaffen. Dieser Plan hat sich zerschlagen. Dennoch lohnt es sich, einen Blick auf die Geschichte des Gebäudes zu werfen.

Icking - Die Gemeinde Icking wollte das Rilke-Haus in Ischenhausen in Erbpacht übernehmen und darin günstigen Wohnraum schaffen. Wie berichtet, hat sich dieser Plan zunächst einmal zerschlagen. Dennoch lohnt es sich, einen Blick auf die Geschichte dieses Gebäudes zu werfen.

Denn es steht für eine Zeit, in der die Boheme, aus der Stadt kommend, gerne ihre Wochenenden im Münchner Süden verbrachte. Neben Schäftlarn war Irschenhausen einer der bevorzugten Anlaufpunkte. Der Schriftsteller Rainer Maria Rilke wohnte nachweislich zweimal in dem Haus, damals die Pension Schönblick.

Rilke-Haus in Icking: Sein erster Aufenthalt war kurz nach Beginn des Ersten Weltkriegs

Sein erster Aufenthalt fiel in die Zeit kurz nach Beginn des Ersten Weltkriegs im September 1914. Eigentlich hatte er wieder abreisen wollen, als er plötzlich auf die schöne, unabhängige Malerin Lou Albert-Lasard traf. Zwischen den beiden entspann sich, den Erinnerungen der Künstlerin („Wege mit Rilke“) folgend, folgender Dialog: „Gnädiges Fräulein, ich hab‘ Sie doch in Paris gesehen.“ – „Das kann sein. Dann sind Sie Rilke?“ Während die beiden das sagten, wollte er ihr Wasser einschenken, aber er goss daneben.

Die Malerin war die zweite Lou, die ins Leben von Rainer Maria Rilke trat. Bereits 1897 hatte er die Psychoanalytikerin Lou Andreas-Salomé kennengelernt – und mit ihr eine zwei Jahre währende „amour fou“ begonnen. Auch die zweite Lou wurde bald seine Geliebte. Und einmal kehrten sie als Paar nach Irschenhausen zurück, dorthin, wo ihre Liebe begonnen hatte.

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Die Pensionswirtin habe sie im September 1914, schreibt Lou Albert-Lasard in ihrem Büchlein, „wider meinen Willen“ in ihr Haus gelassen. Rilke saß mit den anderen Gästen beim Essen, und ehe er das Wasser neben ihr Glas goss, erzählte er von Russland, „von seinem Besuch bei Tolstoi, seinen Wegen durch die Felder mit Gorki ... und seinen Gesprächen mit dem russischen Volk, das er liebte“.

Und dann reiste er eben doch nicht ab. Verbrachte lieber die Tage mit der Malerin, die seine Gedichte schon lange liebte. Am Anfang war er schweigsam. Dann fing er an zu reden, sie gingen viel zusammen spazieren. „Sein Schritt war leicht und schnell, seine Stimme warm und reich. … Er sprach von seinem ganzen Leben, der seltsamen Kindheit in Prag.“ Schließlich: „… kam er auf das große Thema seiner ewigen Klage. Wie schwer war doch die Beziehung zu den Menschen.“ In diesen Tagen schrieb er sein bekanntes Hölderlin-Gedicht, und natürlich schrieb er viele Gedichte für „Loulou“, wie er seine Geliebte nannte.

Rilke-Haus in Icking: „Zeit zählt zu meinen besten Erinnerungen“

Später wohnten sie in München zusammen. Ihr Mann – Lou war verheiratet – wusste von der Liaison, manchmal aßen sie sogar zu dritt. Irgendwann kam Rilkes erste Lou zu Besuch – und ihre Nachfolgerin fuhr vorsichtshalber nach Irschenhausen, „wo ich hoffte, im Frieden der Natur den nötigen Abstand zu finden“, wie sie schrieb. Sie blieb zwei Wochen.

Gemeinsam mit Rilke kehrte sie im September 1915 noch einmal in das „Gebirgsdorf“ zurück – um das Einjährige zu feiern. Lou: „Diese Zeit zählt zu meinen besten Erinnerungen.“ Auf den alten Wegen ließen sie sich zu „erneuten Entdeckungen ..., oft selbst spät unter einem groß gestirnten Himmel“ führen. Lou arbeitete erstmals auch bildhauerisch, sie lasen Dostojewski.

Lang dauerte es nicht mehr, und Rilke, der später mal bemerkte, der Krieg habe ihn stumm gemacht, versank in trüben Gedanken. „Seine Verfassung wurde immer gequälter. … Voll Verzweiflung über die Unmöglichkeit, ihm da zu helfen…, entschloss ich mich, … ihn zu verlassen“, steht in Albert-Lasards Buch.

Sie verbrennt seine Briefe, was sie später bereut. Ab 1922 schreiben sie sich wieder, und noch ein einziges Mal treffen sie sich „gelegentlich einer eiligen Durchreise, in Muzot“. 1923. Eine weitere Verabredung in Paris kommt nicht zustande. Rilke starb im Jahr 1926. ak

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