„Da regiert nur Kopflosigkeit“: Familienunternehmen wettern gegen Ampel-Wirtschaftschaos
Deutschlands Wirtschaft schwächelt. Gleich fünf Top-Manager von Familienunternehmen wettern gegen die Ampel-Politik. Doch auch die Gesellschaft hat ihren Anteil.
München – „Wir kranken an falschen Anreizen“, sagt Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen. „Uns fehlt eine neue Willkommenskultur für Unternehmen“, ist er überzeugt. „Staat und Gesellschaft legen ihnen zu viele Steine in den Weg.“ Dadurch begründet Kirchdörfer die schwache wirtschaftliche Situation und die Abkehr verschiedener Unternehmen von Deutschland. Dafür macht er auch die Ampel-Koalition verantwortlich. Sie sei „wirklich Weltmeister im Ankündigen und unglaublich schwach in der Umsetzung“, sagte Kirchhöfer dem Focus.
Kirchhöfer beschreibt damit in deutlichen Worten die Stimmung aufgrund der wirtschaftlichen Lage in Deutschland. Gemeinsam mit fünf weiteren Familienunternehmern hat er in einem Gespräch mit dem Focus die Probleme in Deutschland geschildert. Im Kern der Kritik stehen die ausufernde Bürokratie, fehlende Digitalisierung – und die Politik der Ampel und der EU im Allgemeinen. Alles Gründe, die Traditionsunternehmen den Standort Deutschland hinterfragen lassen.
Manager geht Politik der Ampel-Koalition an: „Da regiert nur Kopflosigkeit“
Aber auch die Gesellschaft trage dazu bei. Logistikunternehmer Rolf Schnellecke, der auch CDU-Mitglied ist, will beobachten, dass die Gesellschaft zu bequem wurde. Die Bereitschaft, sich anzustrengen, habe nachgelassen. Startup-Unternehmerin Katharina Kreitz vom Unternehmen Vectoflow beschreibt eine „irre Anspruchsmentalität“ in der Bevölkerung. „Ich erlebe schon viele Bundesbürger, die von ihrem Staat in jeder Lebenslage Hilfe erwarten.“
Vor allem klagen die Unternehmer jedoch über die Bundesregierung: „Ich habe durchaus Mühe, manche Volten noch zu verstehen in der Ampel-Politik, wo einfach ein großer Plan fehlt“, sagt etwa auch Rolf Schnellecke. „Da regiert leider nur Kopflosigkeit.“

Ein Beispiel liefert die Geschäftsführerin des Automobilzulieferers Coroplast, Natalie Mekelburger. Die Industrie habe vor allem „aufgrund des vorgegebenen Kurses Milliarden in die Elektromobilität investiert“. Wenn die Politik die Kaufprämien kappe, „dann hat das keine konsistente Logik und wird von vielen Unternehmen als Schlag ins Gesicht empfunden“.
Top-Managerin bemängeln „Umverteilungsstaat“ und „öko-sozialen Kontrollkurs“
Deutschland sei ein „Umverteilungsstaat“ geworden, der bereits seit der Großen Koalition wieder Hochkonjunktur habe. Der Staat schreibe Technologien vor, „die durchaus streitbar sind“ und schließe solche aus, „die uns bei der Nachhaltigkeitswende helfen könnten“, sagt Mekelburger im Focus-Gespräch. Als Beispiel nennt sie Atomkraft. Zudem stehe derzeit Nachhaltigkeit vor Profitabilität. „Das sorgt für jede Menge Verbote, Kontrollen, neue Regeln und Gesetze, für deren Einhaltung man dann weitere Beamte braucht.“
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Von der Ampel-Koalition um Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) erwartet sie nichts. Die Ziele seien schon innerhalb der Koalition völlig unterschiedlich. „Rot-grün verfolgt einen öko-sozialen Kontrollkurs“, sagt Mekelburger. Die Coroplast-Geschäftsführerin fordert, dass sie „mit den Möglichkeiten der Marktwirtschaft“ an die Probleme darf. Dazu gehöre auch Technologieoffenheit. Die Energiewende bezeichnet sie als „Dirigismus pur“.
Was sich Familienunternehmer von der Ampel-Regierung wünschen
Christoph Werner, Chef der Drogeriemarktkette DM, beobachtet einen Mangel „an einem Grundverständnis unseres Systems“. Er macht das an den Debatten über eine „sozial-ökologische Marktwirtschaft“ fest. Darüber redeten Menschen, „die offenbar schon die Grundprinzipien unserer sozialen Marktwirtschaft nicht verstanden haben“. Diese habe immer den Auftrag gehabt, den Wohlstand zu mehren, wozu „selbstverständlich auch eine intakte Umwelt gehöre“.
Neben Fortschritte bei der Digitalisierung und Technologieoffenheit fordert Werner im Focus-Gespräch mit den weiteren Unternehmern eine Rücknahme der Regulierung. Auch bei der laufenden Debatte über die Schuldenbremse und Investitionen des Staates hat der DM-Chef einen Wunsch: Haushaltsdisziplin.
Im Gegensatz dazu regt eine jüngste Analyse des Internationalen Währungsfonds (IWF) zur wirtschaftlichen Lage in Deutschland eine Reform der Schuldenbremse an, um mehr Investitionen zu ermöglichen. Die IWF-Ökonomen sehen die wirtschaftlichen Probleme zudem eher strukturell bedingt. Eines davon sind fehlende Investitionen, das andere die alternde Gesellschaft. Mit der Kritik sind die Familienunternehmer jedoch nicht alleine. Auch ausländische Unternehmen zweifeln an der Stabilität Deutschlands. (ms)