Erding: Wohnen auf Zeit im Gewerbegebiet?
Im Gewerbegebiet Erding-Süd in Aufhausen könnte einmal eine mehrstöckige Anlage mit Mini-Apartments für befristetes Wohnen entstehen. Allerdings muss der Bauherr seine Pläne abspecken.
Erding/Aufhausen – Ein Boardinghaus mit hunderten Mini-Apartments im Gewerbegebiet Erding-Süd in Aufhausen: Vom Grundsatz her keine schlechte Idee, wenn es sich um befristetes gewerbliches Wohnen handelt, befanden die Stadträte im Planungs- und Bauausschuss. Allerdings war ihnen die Dimension eines sechsstöckig geplanten Gebäudekomplexes in E-Form mit 402 Apartments viel zu groß.
Der Antrag auf Vorbescheid der TB Wohnbau GmbH aus Erding übertraf auch wichtige Festsetzungen des Bebauungsplans, was Art und Maß der Nutzung in dem Gebiet angeht. Nach eingehender Diskussion folgten die Stadträte schließlich mit großer Mehrheit der Empfehlung von OB Max Gotz (CSU), den Vorbescheid abzulehnen und die Genehmigung nur dann in Aussicht zu stellen, wenn sich Baugrenzen und Geschossigkeit am Bebauungsplan orientieren und eingehalten werden. Zudem lässt der Stadtrat keine Abweichung von der Stellplatz-Satzung zu. Tobias Krüger (AfD) lehnte die Apartment-Anlage grundsätzlich ab, weil er Wohnen im Gewerbegebiet für problematisch hält: „Ich gehe hier nicht mit.“
Das Boardinghaus ist auf einer seit Jahren brach liegenden Fläche unmittelbar östlich der S-Bahnlinie und des parallel dazu verlaufenden Fuß- und Radweges geplant, quasi hinter den Gewerbebetrieben an der Berghamer Straße. Über diese soll es nach den Vorstellungen des Bauherrn auch erschlossen werden, also über die Zufahrten zu den dort vorhandenen Parkplätzen.
Für das Boardinghaus selbst ist eine zweigeschossige Tiefgarage geplant. Dennoch reichen die Stellplätze für die 402 beantragten Mini-Apartments, jedes maximal 40 Quadratmeter groß, längst nicht aus. 310 werden nachgewiesen, 402 wären aber notwendig. Die städtische Satzung sehe keine Reduzierung der Anzahl aufgrund S-Bahnnähe, Carsharing, Lastenrädern oder E-Bikes vor, erklärte Stadtjurist Andreas Erhard dazu.

Er stellte den Stadträten die Sachlage detailliert vor. Am schwierigsten: „Wohnnutzung ist in einem Gewerbegebiet eigentlich unzulässig.“ Durch diese Beschränkung werden die Betriebe, die sich angesiedelt haben, geschützt. Schließlich könnten Bewohner durch Geräusche, Lärm, Staub oder Gerüche beeinträchtigt werden. So befindet sich laut Erhard im Nordosten der Fläche ein lärmintensives Parkdeck eines Gewerbetreibenden, nämlich des Rechenzentrums Amadeus.
Zwar gebe es für Gebiete mit einem angespannten Wohnungsmarkt, zu denen auch Erding zählt, Möglichkeiten der Befreiung, so Erhard. Deshalb habe der Bauwerber das Wohnen auf drei Monate befristet. Dann sei es im Gewerbegebiet noch zulässig. Ob diese Befristung tatsächlich einmal kontrolliert wird, ist fraglich. Zwar sei die Stadt rechtlich dazu befugt, aber personell nicht in der Lage, so Erhards Einschätzung.
„Der Bauwerber muss abspecken und wir müssen ausschließen, dass aus den Micro-Einheiten ganze Wohnungen werden“, betonte Burkhard Köppen (CSU). Er hielt die dreimonatige Befristung für keinen „besonders glaubwürdigen Ansatzpunkt“ und befürchtete zudem, dass viele Bewohner ihre Autos nicht in der Tiefgarage, sondern auf den Stellplätzen der benachbarten Betriebe parken: „Da kriegen wir Nachbarschaftsprobleme.“
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Köppen erinnerte auch daran, dass sich der Stadtrat im Herbst 2022 „schon ein Stück weiter südlich mit dem Thema Wohnen beschäftigt“ und das damals – ebenfalls im Gewerbegebiet – abgelehnt habe. Zwischen Edeka und Bahngleis hatte der Eigentümer der Flächen damals einen 55 Meter hohen Wohnturm geplant (wir berichteten).
Hubert Sandtner (CSU) betonte, dass die Nachbarn investiert hätten und Planungssicherheit bräuchten. Diese dürfe man unter keinen Umständen beeinträchtigen.
OB Gotz konnte dem Thema gewerbliches Wohnen auf Zeit in Erding durchaus etwas abgewinnen. „Wir haben in diesem Bereich eine erhebliche Nutzung, die den Wohnungsmarkt in dieser Größe blockiert.“ Das sah Leon Kozica (SPD) ebenso. Auch Hans Egger (Erding Jetzt) fand es bei allen rechtlichen Problemen praktisch, „wenn viele kleinere Wohnungen dadurch frei werden“.
Hans Fehlberger (FW) will das Vorhaben ebenfalls positiv begleiten und erinnerte: „Der Bebauungsplan ist jetzt 30 Jahre alt, das Grundstück ist brachliegendes Bauland. Die Nachbarn haben keine Verschattung.“ Allerdings sind auch ihm 400 Wohnungen zu viel. „300 bis 350 wären in Ordnung“, befand er.
Auch Hans Balbach (Erding Jetzt) fände es schön, „wenn in dem Gewerbegebiet was passieren würde. Allerdings ist das Ausmaß etwas zu groß“. „Wir können uns Wohnen durchaus hier vorstellen“, erklärte auch Herbert Maier (Grüne). Er kritisierte aber, dass das geplante Dach nicht für eine Photovoltaik-Anlage geeignet sei.
Jetzt ist der Bauwerber am Zug. Er war in der Sitzung anwesend und hörte die Einwände aus erster Hand.