Zwei Tage lang wird in Weilheim die Demokratie gefeiert – das ist alles geboten
Erst demonstrieren, jetzt feiern – und alles für die Demokratie: Engagierte Bürger haben wieder etwas auf die Beine gestellt, um sich für das Grundgesetz und Menschenrechte einzusetzen: ein Fest der Demokratie. Das Programm kann sich sehen lassen.
Weilheim – Im Februar haben die Mitwirkenden von „Wir in Weilheim“ und zahlreichen anderen Institutionen und Organisationen etwas Sensationelles geschafft, von dem immer noch viele sprechen: rund 5000 Menschen auf die Straße zu bringen, für Demokratie und Zusammenhalt, gegen Ausgrenzung, Rassismus und Rechtsradikalismus. Schon damals war klar: Dabei soll es nicht bleiben.
Nach einem Flashmob im Mai zur Europawahl unter dem Motto „Demokratie wählen“ (wir berichteten), nun also die nächste Aktion. Am Freitag, 27. September, steigt in Weilheim das „Fest der Demokratie“. Rund 18 Vereine, Organisationen und Institutionen rund um die Hauptinitiatoren von „Wir in Weilheim“ und „Asyl im Oberland“ haben wieder ein beeindruckendes Programm auf die Beine gestellt. Anlass ist der am selben Tag stattfindende „Tag des Flüchtlings“, wie Ingeborg Bias-Putzier von „Asyl im Oberland“ bei einem Pressegespräch erklärt. Und Anlass ist vor allem wieder, ein Zeichen zu setzen: „Demokratie lebt. Und es gibt ganz viele Menschen, die viel dafür tun“, sagt Felix Henkel von „Wir in Weilheim“.
Vortrag über Entstehung des Grundgesetzes
Los geht es schon am Donnerstag, 26. September, mit einem Vortrag. Ab 19 Uhr referiert Dr. Gero Kellermann von der Akademie für politische Bildung in Tutzing zum Thema „Aus den Trümmern in die Freiheit: die Entstehungsgeschichte des Grundgesetzes“. „Ich freue mich auf den Abend“, sagt Karl Fischer von „Wir in Weilheim“, der den Redner gewinnen konnte. „Das Thema ist nicht so trocken, wie es vielleicht klingt.“ Die Entwicklung des Grundgesetzes sei „faszinierend“ gewesen. „Die Gründungsväter – und auch vier Frauen – saßen vor einem weißen Blatt Papier und haben überlegt, wie wollen wir leben?“ Kellermann sei als Staats- und Verfassungsrechtler ein ausgewiesener Experte für das Thema.
Weiter geht es dann am Freitagvormittag ab 10 Uhr in den Räumen der Volkshochschule in der Eisenkramergasse mit einem Fitnesstraining fürs demokratische Bewusstsein. Bereits eingeladene Bürgerinnen und Bürger sowie spontan Interessierte können mit Jan Renner vom Verein „Mehr Demokratie“ ihr Demokratieverständnis auf Herz und Nieren prüfen – und fitter werden. „Hier lernen die Teilnehmer zwei Stunden lang, was gute Demokraten brauchen“, sagt Henkel. Zum Beispiel, zuzuhören. Oder die Sicht des anderen einzunehmen.
Tafel auf dem Marienplatz
Bestens geschult sitzen diese Teilnehmer dann am Nachmittag beim Hauptteil des „Fest der Demokratie“ an einem langen Tisch mitten auf dem Marienplatz. Ab 15 Uhr kann sich jeder an der 20-Biertische-langen Tafel dazusetzen und mit den Demokratieprofis oder auch einfach miteinander ins Gespräch kommen. „Wir wollen uns dabei nicht in einer Blase bewegen, in der wir uns alle einig sind“, sagt Bias-Putzier. Kritik sei ausdrücklich erwünscht. „Demokratie lebt schließlich vom Streit.“
Eingerahmt wird die demokratische Begegnung am langen Tisch von Musik, einer Lesung und einer Fotoausstellung. Auch für Essen und Trinken ist gesorgt. Und ein dauerhaftes Zeichen der Demokratie wird an diesem Tag auch auf dem Marienplatz dabei sein: ein Baum, der mit Demokratie-Denkzetteln geschmückt und später in der neu angelegten Grünanlage am Rathaus gepflanzt wird.
Gottesdienst mit Pfarrern und Imam
Den Abschluss bildet schließlich eine interkulturelle und ökumenische Andacht auf dem Marienplatz ab etwa 18 Uhr. Feiern werden die Weilheims katholischer Stadtpfarrer Engelbert Birkle, der evangelische Pfarrer Michael Hinderer sowie Weilheims Imam Cemal Bildik. Der habe sich übrigens bei den christlichen Pfarreien gemeldet, dass er dabei sein wolle – wohl ganz im Sinne des beim diesjährigen Fastenbrechen angekündigten, vermehrten interreligiösen Dialogs (wir berichteten). Mit um die 300 Menschen rechnen die Organisatoren fürs „Fest der Demokratie“.
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„Die Demo im Februar war der Mutmacher“, sagt Ingeborg Bias-Putzier abschließend. Doch das dürfe keine einmalige Sache gewesen sein. „Die Herausforderungen für die Demokratie werden ja nicht weniger.“