Nach 18 Reisen für den Aufbau des Kinderdorfs: Padre Walters letzter Besuch in Puerto Rico

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Im Kinderdorf war die Freude über den Besuch aus Deutschland groß. Pfarrer Walter Waldschütz (3.v.r.h.) hatte sich schon zum 18. Mal auf die beschwerliche Reise nach Puerto Rico gemacht. © Waldschütz-Stiftung

Noch einmal ist Pfarrer Walter Waldschütz (72) um die halbe Welt gereist, um nach seinem Baby, dem Kinderdorf in Argentinien, zu sehen. Er war zum 18. Mal da, das Kinderdorf ist erwachsen geworden. Es steht auf festen Beinen – und der Monsignore war wohl zum letzten Mal dort.

Tegernsee – „Jetzt brauche ich nicht mehr hinfahren“, sagt der Tegernseer Pfarrer Walter Waldschütz nach der Rückkehr aus Argentinien über sein Herzensprojekt, das Kinderdorf Jesus Hogar Nino in Puerto Rico. Der weite Flug nach Buenos Aires, die 14 Stunden Busfahrt nach Puerto Rico, sind schlicht nicht mehr nötig, weil die Einrichtung stabil läuft und sich etabliert hat. Zu einem Drittel trägt sich der Betrieb inzwischen selbst – zwei Drittel zahlt weiterhin die Waldschütz-Stiftung. „Aber vorher waren es 95 Prozent“, berichtet der Pfarrer.

Der Erfolg ist seiner Beharrlichkeit zu verdanken, und der Fähigkeit, die richtigen Menschen als Mitstreiter zu gewinnen, vor Ort wie zu Hause in Deutschland. Weil das ganze Netzwerk vom persönlichen Kontakt lebt, ist Waldschütz immer wieder persönlich nach Puerto Rico gereist, insgesamt 18 Mal. Mit seiner Stiftung und dem Knüpfen fester Bande hat er dafür gesorgt, dass dort auch ohne ihn einmal alles gut weiterlaufen wird.

Begonnen hat die Geschichte des Kinderdorfs vor nun 35 Jahren mit einem Präsent an die dortige Kolpingfamilie. Ihr war Waldschütz schon als junger Seelsorger verbunden. Ein Ehepaar stiftete eine kleine Hütte und ein Grundstück in Puerto Rico. Die Gabe sollte dem Zweck dienen, Kindern, deren Eltern sich nicht kümmern können, ein Zuhause zu geben. Wenige Monate später fasste sich der junge Pfarrer aus Deutschland ein Herz und machte die Hilfe für Kinder in einem Land, in dem es wenig bis keine Unterstützung für Benachteiligte gibt, zu seinem Projekt. Bald stand das erste Haus des Kinderdorfs.

Waldschütz als Ehrenbürger von Puerto Rico ernannt

Inzwischen sind es vier Häuser, allesamt gut ausgestattet und mit PV-Anlage auf dem Dach. Sie beherbergen etwa 30 Kinder und Jugendliche, umsorgt von Hausmüttern. Fast alle haben Schlimmes erlebt, Psychologen helfen ihnen, das Vergangene zu überwinden. Überhaupt ist für die therapeutische Betreuung und Förderung der Kinder durch Fachkräfte gut gesorgt. Eigentlich, so Waldschütz, sehen die staatlichen Stellen in Argentinien vor, dass die Kinder nur sechs Monate lang im Kinderdorf bleiben sollen, zur Stabilisierung. Ziel ist, sie nach dieser Zeit wieder in ihre Herkunftsfamilie zurückzuführen oder in einer Pflegefamilie unterzubringen. „Aber oft geht das nicht“, weiß Waldschütz. Manche Kinder bleiben, bis sie volljährig sind. So hat der Pfarrer auch Andraž wiedergesehen. Beim letzten Besuch vor fünf Jahren war der Bub schon im Kinderdorf, hatte eine schwere Herz-OP vor sich. Damals bat er den verehrten Padre Walter um den Segen für die OP, jetzt zeigte er ihm stolz die verblasste Narbe und berichtete, dass alles gut gegangen sei. „Das hat mich sehr berührt“, sagt Waldschütz.

Auch ein Besuch im Rathaus stand auf dem Programm. Dort erlebte Waldschütz eine Überraschung: Der Bürgermeister von Puerto Rico ernannte ihn zum Ehrenbürger, überreichte eine Urkunde. Gewürdigt wurde nicht nur der Einsatz des Pfarrers fürs Kinderdorf, sondern auch die Verdienste um die Feuerwehr. Als Verbindungsmann hat der Pfarrer insgesamt zehn Fahrzeugspenden aus dem Landkreis nach Argentinien vermittelt. Auch Hilfsprojekte der dortigen Kolpingfamilie erhalten Unterstützung durch die Stiftung.

Pfarrer Waldschütz im Kinderdorf
Beim Gottesdienst im Kinderdorf fand „Padre Walter“ viele herzliche Worte. © Waldschütz-Stiftung

Eng sind die Verbindungen zwischen den Welten auch durch die jungen Missionare auf Zeit, die im Kinderdorf und bei Projekten helfen. Aktuell sind zwei junge Rottacher dort, Markus Buchner und Lukas Götz, die sich über den Besuch aus der Heimat freuten. Waldschütz war mit einer ganzen Gruppe dort, insgesamt 15 Männer und Frauen, die zwei Wochen unterwegs waren und dabei viel erlebten.

Eine der Mitreisenden war Heidi Büchl, die von einer „unglaublich beeindruckenden Begegnungsreise“ berichtet. „Das Spielen, Lachen und Singen mit den Kindern wird mir ewig in Erinnerung bleiben“, meint sie. Ganz besonders hat die kleine Matilda, ihr Herz berührt. Im Alter von 28 Tagen kam das Mädchen ins Kinderdorf. Jetzt ist sie 14 Monate alt und „ein wahrer Sonnenschein“, wie Büchl erzählt. Die beiden spielten miteinander Fußball, der Abschied fiel schwer. Und doch blieb ein gutes Gefühl. „Was für ein Glück für dieses kleine Menschenkind“, so Büchl, „dass sie hier im Kinderdorf auf Menschen getroffen ist, die sie behüten und umsorgen.“ jm

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