Försterin warnt: „Es ist immer noch gefährlich, im Wald zu sein“
Die Wälder haben harte Wochen hinter sich: Erst mussten die Bäume schwere Schneelasten tragen, dann wütete ein Sturm, dann kam der Regen und schließlich wieder Schnee. Wie schaut es in den Wäldern in Hohenpeißenberg und Wessobrunn aus?
Wessobrunn/Hohenpeißenberg – Kann man derzeit gefahrlos in den Wald gehen? Wie wirken sich diese Wetterereignisse längerfristig aus? Wir sprachen mit Revierförsterin Sonja Scheurer vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten darüber. Sie betreut das Forstrevier Schongau Ost, wo sie für Privat- und Gemeindewaldflächen unter anderem in den Gemeinden Hohenpeißenberg und Wessobrunn zuständig ist.
Wie schaut es in den Wäldern, für die Sie zuständig sind, nach den ganzen Wetterereignissen aus?
Es gibt schon viele Schäden, viele umgestürzte Bäume und herabgefallene Äste. Aber wir hatten schon schlimmere Stürme, die größere Schäden angerichtet haben. Einen Gesamtüberblick konnte ich mir allerdings noch nicht verschaffen. Dazu ist mein Revier zu groß. Es umfasst neben Wessobrunn und Hohenpeißenberg fünf weitere Kommunen. Von den Wäldern, die ich schon gesehen habe, hat es manche härter und manche weniger hart getroffen.
Wie kommen diese Unterschiede zustande?
Es kommt unter anderem darauf an, welche Baumarten in dem betroffenen Wald stehen. Dort, wo reine Fichtenbestände sind, sieht es schlimmer aus als in Wäldern mit Mischbestand.
Was gibt es in unserer Region vorwiegend: Fichten- oder Mischwälder?
Wir sind hier schon sehr Fichten-lastig, wobei die meisten Wälder Mischwälder sind. Da haben wir hier noch Glück. Nach dem Krieg wurde ganz stark auf Fichten gesetzt, weil die am schnellsten wachsen. Die Fichte ist der Baum, der am einfachsten und schnellsten zu bewirtschaften ist. In Peiting, Hohenpeißenberg und Peißenberg wurde durch den Bergbau viel Holz gebraucht. In diesen Gemeinden wurden dementsprechend mehr Fichten angepflanzt.
Wieso sind Fichtenwälder so anfällig für Schneebruch und Sturm?
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Fichten wurzeln relativ flach und wachsen hoch. Besonders anfällig ist ein Wald, in dem viele Fichten stehen, die nicht gut gepflegt sind. Diese Bäume werden sehr lang und schlank und haben keine gute Krone. Damit sind sie extrem gefährdet, bei schwerem Schnee oder Sturm umzukippen. Wenn mehrere dieser Fichten beieinanderstehen, dann kann das zu Kettenreaktionen führen. Bei gut durchforsteten Wäldern sieht das besser aus. Wobei es ganz frisch durchforstete Waldflächen auch hart treffen kann.
Warum ist das so?
Mit einer Durchforstung schaffe ich Licht und Platz. Ich suche mir auf einer Fläche den besten Baum heraus und schneide dessen Bedränger heraus. So haben die Bäume, die stehen bleiben, Platz, um eine gute und größere Krone zu entwickeln. Das macht sie auf Dauer stabiler. Wenn aber gerade erst durchforstet wurde, wenn ein Sturm kommt, dann sind die Bäume plötzlich freigestellt und damit gefährdeter, umzustürzen. Das ist leider in einem Gemeindewald in meinem Revier so gewesen.
Ist die Gefahr im Wald inzwischen gebannt? Kann ich dort wieder gefahrlos spazieren gehen?
Es ist nach diesen Wetterereignissen immer noch gefährlich, im Wald zu sein. Die Gefahr ist nicht mehr ganz so groß, wie sie es schon war, aber wir können immer noch keine komplette Entwarnung geben.
Rechnen Sie damit, dass durch die vielen vom Sturm gefällten Bäume der Holzpreis sinkt?
So genau kann man das noch nicht sagen. Es wird schon einiges an Brennholz anfallen. Wir haben Sturmschäden und Schneebruch. Insgesamt hält sich der Schaden aber noch im Rahmen. Es kann allerdings sein, dass uns der größte Schaden noch bevorsteht.
Wie meinen Sie das?
Wir appellieren an alle Waldbesitzer, die heruntergefallenen Fichtenzweige und Baumkronen von Fichten wegzuräumen. Speziell die Fichtengipfel sind ideale Brutflächen für den Borkenkäfer. Im Moment ist das noch kein akutes Thema, aber wenn es warm wird, kann es zu spät sein. Da kann sich der Borkenkäfer explosionsartig vermehren. Viele haben schon damit angefangen, die herumliegenden Fichten aufzuarbeiten. Spätestens im März ist es dringend angeraten, sein Holz zu machen.
Müssen alle Bäume und Äste weggeräumt werden?
Nein, es geht um die Fichte. Bei Laubbaumarten begrüßen wir es, wenn Baumstämme, Äste und Zweige noch als Totholz liegen bleiben. Dann bleibt etwas für Pilze und Insekten. Man muss nicht alles aufräumen. Es kann sich derzeit sogar in finanzieller Hinsicht lohnen, Totholz von Laubbäumen liegen zu lassen. Momentan gibt es Fördergelder, wenn Laubholz-Totholz oder abgebrochene Laubbäume draußen im Wald belassen werden.