„Das ist so noch nie passiert“: Strompreise explodieren plötzlich an der Börse - das müssen Verbraucher wissen

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An der Strombörse kam es diese Woche zu plötzlichen Preissprüngen, der Strom wurde teilweise für bis zu 2000 Euro pro Megawattstunde gehandelt. Was steckt hinter der Preisexplosion?

Paris - An der Strombörse kommt es im Verlauf des heutigen Mittwochs (26. Juni) zu deutlichen Preissprüngen. Diese extremen Preise entstanden beim Stromhandel für Mittwoch, der am Vortag stattfand (Day Ahead Markt). Dabei stiegen die Preise auf den höchsten Stand seit September 2022, wie das Energiefachportal Montel News berichtet. Der Preis pro Megawattstunde (MWh) stieg für Deutschland am Vortag auf bis zu 492 Euro im Schnitt. Gegenüber dem Handelsblatt sprach ein Experte sogar von 2000 Euro pro MWh, die am Morgen zwischen sechs und sieben Uhr verzeichnet wurden. Normalerweise lägen die Preise unter 100 Euro/MWh, gelegentlich könnten sie auf 200 Euro steigen.

„Technischer Fehler“: Strombörse sucht nach Ursache für Preisexplosion

Als Grund für die Extrempreise sprach die europäische Strombörse gegenüber Montel News von einem technischen Fehler. Konkretere Aussagen könne man erst nach einer tiefergehenden Analyse treffen. „Zu diesem Zeitpunkt kann Epex Spot deshalb keine weiteren Informationen liefern“, wird eine Sprecherin zitiert. Allerdings sagte ein anonymer Mitarbeiter der Strombörse dem Portal zufolge: „Das ist so noch nie passiert“.

Die Preisexplosion hat nur für Verbraucher, die einen Börsenstromtarif haben, wirkliche Konsequenzen. Börsenstromtarife sind immer mehr im Kommen, ab 2025 müssen alle Stromunternehmen in Deutschland einen solchen Tarif anbieten. Grund dafür ist die sogenannte Verbrauchsflexibilisierung: Wer seinen Strom quasi minütlich an der Börse einkauft, kann seinen Verbrauch an den Preis anpassen.

In besonders günstigen Zeiten können Kunden dann die Waschmaschine anwerfen oder das E-Auto laden. Wenn es teurer wird, dann wird alles aufs Minimum heruntergefahren. Mit vielen Stromanbietern passiert all dies automatisch. Diese Verbrauchsflexibilisierung kann auch dabei helfen, die Stromnetze zu entlasten, wenn mehr Stromkunden ihren Verbrauch verschieben.

Stromkunden mit dynamischem Tarif müssen vermutlich viel mehr zahlen

Eigentlich funktioniert das auch gut und kann grundsätzlich zu kleineren Stromrechnungen führen. Doch durch den „technischen Fehler“ an der Strombörse müssen solche Kunden nun aber unerwartet hohe Kosten fürchten.

Gegenüber IPPEN.MEDIA versucht der Ökostromanbieter Tibber zu beruhigen: „Ausschläge wie heute kann es am Day-Ahead-Markt der Strompreisbörse unter normalen Umständen und ohne technische Probleme eigentlich nicht geben. Dazu haben wir unsere Kunden und Kundinnen bereits gestern Abend vorgewarnt. Die ungewöhnlich hohen Preisspitzen beschränken sich auf einige Stunden, in denen unsere Kunden und Kundinnen mit stündlich-dynamischem Tarif zudem automatisch so wenig Strom wie möglich verbrauchen“, sagt Deutschland-Chef Merlin Lauenburg.

An der Strombörse kam es zu einem plötzlichen Sprung bei den Preisen
An der Strombörse kam es zu einem plötzlichen Sprung bei den Preisen © dpa/Fotomontage

Das liege daran, dass große Verbraucher wie E-Autos oder Wärmepumpen in der Regel automatisch gesteuert würden. Also: Der Kunde gibt in der App vor, dass das E-Auto nur zu bestimmten und günstigen Zeiten geladen werden soll. Bei solchen Preissprüngen würde der Ladevorgang also nicht beginnen. Wer aber so eine Einstellung nicht genutzt hat oder gezwungen war, sein E-Auto zu einem teureren Zeitpunkt aufzuladen - für den ist es jetzt ganz schön teuer ausgefallen. Das Handelsblatt hat berechnet, dass das Laden eines E-Autos am Mittwoch zwischen sechs und sieben Uhr morgens 32 Euro gekostet haben wird. Das entspricht ungefähr dem, was ein Einpersonenhaushalt normalerweise im Monat bezahlen muss.

Aus Sicht des Tibber-Chefs dürfte das jedoch nur wenige ihrer Kunden betreffen. Und für solche, die monatlich abrechnen, falle die Preisspitze nicht ins Gewicht: „Für Kunden und Kundinnen im monatlich-dynamischen Tarif, bei dem verbrauchsgenau zum durchschnittlichen Börsenstrompreis des Monats abgerechnet wird, bedeutet die kurze Preisspitze auf den Monat gerechnet lediglich eine Erhöhung von weniger als 2 Cent pro Kilowattstunde. Für einen durchschnittlichen 3-Personen-Haushalt sind das weniger als 5 Euro auf der Monatsrechnung“, so Lauenburg.

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