Taurus-Debatte „fetischhaft“: SPD-Mann Stegner bei Lanz sichtlich gereizt

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Markus Lanz spricht mit Ralf Stegner über deutsche Taurus-Raketen und den Ukraine-Krieg. Der Talk mit dem SPD-Außenpolitiker gerät hitzig.

Hamburg – Ralf Stegner hat im ZDF das Nein des Kanzlers zu Taurus-Lieferungen verteidigt – und die Debatte der Kritiker als „fetischhaft“ bezeichnet. Scholz‘ Absage zu einer Lieferung an die Ukraine sei „richtig und wichtig“, sagte Stegner am Mittwochabend in der Sendung von Markus Lanz. Es sei wichtig, dass Deutschland die unverminderte Unterstützung in dem Konflikt mit Russland signalisiere, aber weiterhin keine Kriegspartei werde.

Sichtlich ungehalten war der SPD-Politiker bereits nach 23 Minuten in der Polit-Talk-Ausgabe. Da rutschte ihm das „fetischhaft“ heraus. In der Runde mit Bürgerrechtlerin Irina Scherbakowa, Journalist Marcus Bensmann und Militärexperte Christian Mölling erhielt er jedoch einigen Widerspruch für seine Position.

„Lassen Sie uns mal über Taurus sprechen!“, hatte Moderator Markus Lanz gefordert und Stegner widersprochen, dass Deutschland für die Ukraine „gewaltige Anstrengungen“ unternehme. Zwar engagiere sich Deutschland mit „acht Milliarden Euro aus nationalen Mitteln“, gestand Lanz zu – woraufhin Stegner prustete: „Wir sind mit Abstand der zweitgrößte Unterstützer (Anm. d. Red: nach den USA) und der größte in Europa!“

Reichweite bis nach Russland: Stegner verteidigt Scholz im Streit um Taurus-Marschflugkörper

Seit Tagen und Wochen sorgt der Streit um eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine für Streit in Deutschland. Während Politiker der FDP, der Grünen und auch der Union auf die Zusage an die Ukraine drängen, erteilte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) der Forderung eine deutliche Absage. der Regierungschef begründet seine Weigerung, die Marschflugkörper zu liefern, damit, dass Deutschland dadurch in den Ukraine-Krieg hineingezogen werden könnte. Denn die Langstreckenwaffen haben eine Reichweite von 500 Kilometern und könnten theoretisch auch auf russisches Territorium abgefeuert werden.

SPD-Politiker Stegner sieht Welt im „Fieberwahn“

Doch die Argumente des Kanzlers ließ Lanz in seiner Sendung nicht gelten. Es drohe möglicherweise ein Durchbruch Russlands an der militärischen Front in der Ukraine. Mithilfe der Taurus-Raketen könne das vielleicht verhindert werden, zitierte der Moderator die Argumente der Kanzler-Kritiker. Doch das sieht Stegner anders. Er verwies auf gelieferte Luftabwehr zum Schutz der Bevölkerung sowie auf zugesagte Munition für die Soldaten. Die Taurus-Debatte sei vor diesem Hintergrund doch eine „Fetisch-Debatte“, befand Stegner. „Da kann man unterschiedlicher Auffassung sein – und ich bin kein Militärexperte – aber ich sehe da unterschiedliche Meinungen“, fügte er an. „Und der Kanzler hat seinen Amtseid abgelegt, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden“, stellte er klar.

Ihm komme die Welt aktuell vor wie im „Fieberwahn“. Es werde so getan, als ob „die Beteiligung von uns am Krieg kurz vor der Tür“ stehe. Doch Deutschland habe die Ukraine-Hilfen verdoppelt, und zwar „aus dem normalen Haushalt“, betonte Stegner, um dann zu beklagen: „Und natürlich setzen die Populisten, die Wagenknecht-Leute und die AfD genau da an. Man darf nicht die äußere gegen die soziale Sicherheit ausspielen.“ Insgesamt forderte Stegner mehr Augenmaß bei den politischen Entscheidungen.

Taurus-Debatte: SPD-Politiker Ralf Stegner bei „Markus Lanz“ (ZDF) vom 28. Februar 2024 © Andrea Bienert/Bundeswehr/dpa/ZDF-Mediathek/Montage: IPPEN.MEDIA

Ampel streitet über Verteidigungs- und Militärausgaben: „Schuldenbremse wie das Zölibat“

Tatsächlich ist Deutschland einer der größten Geberländer bei der Waffenhilfe im Ukraine-Krieg. Angesichts der aktuellen Entwicklungen und möglichen Bedrohungen aus Russland soll verstärkt in die Verteidigung investiert werden, immerhin darin ist man sich in der Ampel-Koalition einig. Streit gibt es aber um die Frage, woher das Geld kommen soll. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte jüngst vorgeschlagen, die Sozialausgaben für drei Jahre nicht weiter zu erhöhen – das stößt innerhalb der Koalition auf Widerstand.

Auch Stegner hatte davor gewarnt, Militärausgaben gegen Sozialausgaben auszuspielen. Im Sender phoenix sagte er bereits vor gut zwei Wochen: „Wir müssen für beides sorgen, für Sicherheit auf der einen Seite und sozialen Zusammenhalt auf der anderen Seite, nur so erhalten wir in der Demokratie das, was nötig ist, damit Populisten nicht gewinnen und wir nicht in eine Lage kommen, in der unsere Sicherheit immer mehr bedroht wird.“

Es sei keine Option, bei den Schwächsten zu kürzen, um mehr Geld für Militärausgaben zur Verfügung zu haben und dies mit der Schuldenbremse zu begründen. „Konservative diskutieren in Deutschland über die Schuldenbremse, wie der Vatikan das Zölibat betrachtet. Das ist nicht angemessen“, so Stegner.

Gleichzeitig sprach sich der SPD-Politiker dafür aus, mit Blick auf den Ukraine-Krieg diplomatische Bemühungen weiter voranzutreiben. Mit dem Nato-Beitritt von Schweden und Finnland werde es rund um die Ostsee und die Nato werde gestärkt. Das habe sich Kremlchef Wladimir Putin nicht gewünscht. (frs)

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