Krankenkassen wollen Geld für Bürgergeld-Empfänger haben: Merz wälzt Verantwortung ab
Die Krankenkassen kämpfen weiterhin mit roten Zahlen. Forderungen werden lauter, Leistungen von Bürgergeld-Empfängern zu übernehmen. Nun äußert sich Merz dazu.
Berlin – Gibt es bald noch weniger netto vom brutto? Steigende Ausgaben könnten die Krankenkassen künftig zu noch höheren Beiträgen zwingen. Seit Monaten macht die gesetzliche Krankenversicherung auf die finanzielle Schieflage aufmerksam. Damit sich die Situation stabilisiert und höhere Beiträge verhindert werden können, hilft aus Sicht der Krankenkassen vor allem ein Ausgabenmoratorium und die vollständige Refinanzierung versicherungsfremder Leistungen. Letzteres war auch Thema bei der Sommer-Pressekonferenz von Kanzler Friedrich Merz (CDU).
Krankenkassen beklagen finanzielle Schieflage – Merz äußert sich vage zu wichtiger Forderung
Die Forderung, dass die Bundesregierung versicherungsfremde Leistungen für Bürgergeldbeziehende in der Krankenversicherung übernehmen soll, ist nicht neu. Bei den jüngsten Haushaltsplänen, die Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) vorstellte, wird das Thema jedoch nicht angegangen. Das löste in der Gesundheitsbranche massive Kritik aus.
Kanzler Friedrich Merz erkennt den Ernst der Lage an und stimmte die Menschen auch auf größere Lasten bei Sozialversicherungen ein. „Dass es Leistungen gibt, die zum Teil aus der Kranken- und Rentenversicherung gezahlt werden für Menschen, die keine Beiträge zahlen, das war schon immer so. Der Umfang ist heute in der Tat kritisch“, räumte Merz auf der Sommer-Pressekonferenz am 18. Juli 2025 in Berlin ein. Merz stellt deshalb Ansätze in Aussicht – hält sich allerdings vage, ob und wie der Bund die Finanzierung versicherungsfremder Leistungen zur Entlastung der Krankenkassen übernehmen wird.

Übernimmt Merz-Regierung Gesundheitsleistungen von Bürgergeld-Empfängern? „Kurzfristige Hebel lösen Probleme nicht“
„Wir wollen die Probleme in der Koalition lösen“, betonte Merz und verwies auf die Expertenkommissionen, die die Koalition einsetzen will. Diese sollen Vorschläge erarbeiten, auf deren Basis die Beitragssätze dauerhaft stabilisiert werden sollen. Auch mit den Herausforderungen der Pflegeversicherung soll sich eine Kommission befassen. Merz führte zugleich aus, dass sich die Probleme der steigenden Beiträge und die Finanzsituation der Krankenkassen nicht über „kurzfristige Hebel und nur über versicherungsfremde Leistungen“ lösen lassen.
Es stehe eine große gesellschaftspolitische Kraftanstrengung bevor. „Alle Rufe nach dem Staat sind Rufe nach uns selbst“, so Merz. „84 Millionen Menschen in Deutschland müssen mit uns, der Politik, eine Entscheidung treffen, wofür wir die verfügbaren Mittel ausgeben. Das ist nicht alleine mit Geld vom Staat zu tun und zu leisten, der Staat sind wir alle“, appelliert der Kanzler.
TK-Chef warnt vor höheren Beiträgen – Bund soll Behandlung von Bürgergeld-Beziehern übernehmen
Die gesetzlichen Krankenkassen schreiben der Bundesregierung sehr wohl eine stärkere Rolle zu, um die Kassen aus der finanziellen Not zu holen. Vor allem bei der Übernahme der Behandlung von Bürgergeldempfängern trage die Bundesregierung die Verantwortung. „Die Behandlung von Bürgergeldempfängern ist wichtig, aber sie zu finanzieren, ist Aufgabe des Staates, nicht der Beitragszahler. Würde der Bund diese Kosten übernehmen, würde das die Kassen um zehn Milliarden Euro im Jahr entlasten“, sagte der Chef der Techniker Krankenkasse, Jens Baas, im Gespräch mit der Zeit.
Er warnte auch vor weiteren Beitragserhöhungen, sollten die Ausgaben weiter steigen. „Wenn die Politik keine Reform anstößt, werden die Krankenkassenbeiträge von heute schon über 17 Prozent des Bruttolohns bis zum Ende des Jahrzehnts auf 20 Prozent steigen“, sagte Baas.
Krankenkassen schlagen Alarm – Darlehen der Merz-Regierung reichen nicht aus
Auch der GKV-Spitzenverband sieht keinen Weg aus der Beitragsspirale, wenn die derzeitigen Gesundheitspläne der Bundesregierung nicht nochmal überarbeitet werden. So verübte der Spitzenverband Kritik an den Darlehen, die für die Krankenkassen nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sind. „Eine Darlehenslösung ist nicht nachhaltig und verschiebt die Finanzierungslast letztlich nur in die Zukunft“, teilte der Verband in einer Mitteilung vom 24. Juni 2025 mit.
Für 2025 und 2026 soll die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) jeweils ein Darlehen über 2,3 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt erhalten. Für die Pflegeversicherung (SPV) ist 2025 ein Darlehen von 500 Millionen Euro und für 2026 eines über 1,5 Milliarden Euro vorgesehen. Doch diese Maßnahmen werden aus Sicht der Krankenversicherung nicht ausreichen, um die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben zu schließen.