Krankenstand löst Rezession aus – Deutsche im Schnitt 20 Tage lang arbeitsunfähig

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Krankenstand löst Rezession aus – Deutsche 20 Tage lang arbeitsunfähig © IMAGO / Panama Pictures Christoph Hardt

Deutschland ist in die Rezession abgerutscht. Einer neuen Studie zufolge sind dafür nicht nur die berüchtigten Krisen verantwortlich. Ohne den rekordhohen Krankenstand wäre die Wirtschaft 2023 gewachsen.

Berlin – 20 Tage krank: So lange fehlten deutsche Arbeitnehmer 2023 durchschnittlich im Job. Zu diesem Schluss kam eine aktuelle Studie der Pharmaindustrie. Im Jahr 2023 übertraf dieser Wert den früheren Rekord von 2022, was die Bundesrepublik am Ende in die Rezession drückte. Eine Kernaussage: Wäre der Krankenstand nicht so hoch gewesen, hätte die Wirtschaft ein Wachstum hingelegt.

Durchschnittlicher Arbeitsausfall der Deutschen (2023) 20 Tage
Mögliches Wirtschaftswachstum ohne erhöhten Krankenstand 0,5 Prozent
Tatsächliches Wirtschaftswachstum Minus 0,3 Prozent

Ohne Rekord-Krankenstand wäre Wirtschaftswachstum möglich

Die durch die zahlreichen Krankmeldungen entstandenen Arbeitsausfälle hätten demnach zu beträchtlichen Produktionseinbußen geführt. „Ohne die überdurchschnittlichen Krankentage wäre die deutsche Wirtschaft um knapp 0,5 Prozent gewachsen“, soll die Studie schlussfolgern. Die Rheinische Post hatte zuerst berichtet und auf die noch nicht veröffentlichte Studie des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen (VFA) verwiesen.

„Anstelle einer milden Rezession hätte es 2023 einen Zuwachs von knapp einem halben Prozent gegeben“, zitiert das Blatt die Autoren Claus Michelsen und Simon Junker. Deutsche Arbeitnehmer hätten mit einem weniger hohen Krankenstand 26 Milliarden Euro mehr erwirtschaftet. Der hohe Krankenstand wirkte sich weiterhin auf die Krankenversicherung aus. In den letzten beiden Jahren sorgten die zahlreichen Arbeitsausfälle für Steuermindereinnahmen von 15 Milliarden Euro.

Je nach Branche schwankt die Anzahl der Krankmeldungen teils deutlich. Laut der Studie waren 70 Prozent des Produktionsausfalls auf den Fahrzeugbau, den Maschinenbau, außerdem auf die Metall-, Elektro-, Pharma- und der Chemieindustrie zurückzuführen. In keiner Branche war der Krankenstand so hoch wie in der Metallerzeugung: Hier erreichte er laut Nachrichtenagentur AFP 6,8 Prozent.

Kurzzeitige Erkrankungen treiben den Krankenstand

Der größte Teil aller Krankschreibungen entfällt dabei auf kurzzeitige Erkrankungen, die nach etwa einer Woche schon wieder erledigt sind. Der Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft (IWD) listet dabei zum Beispiel RS-Viren, Corona und ähnliche Erkältungserkrankungen auf. Die Coronazahlen nehmen derzeit zwar wieder zu, bleiben allerdings „unter dem Niveau der ersten Wellen“. Laut IWD verlaufen die Infektionen in den meisten Fällen eher mild.

Vor allem sind es außerdem die älteren Kollegen, die länger ausfallen. Bei den Über-55-Jährigen ist die Ausfallzeit doppelt so lang wie bei jüngeren Mitarbeitern. In den oberen Altersgruppen sorgen tendenziell mehr körperliche Verschleißerscheinungen oder schwerwiegende Erkrankungen für den Arbeitsausfall.

Deutsche Wirtschaft sinkt um 0,3 Prozent

Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) Mitte Januar mitteilte, war das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2023 um 0,3 Prozent niedriger als im Vorjahr. „Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Deutschland kam im Jahr 2023 im nach wie vor krisengeprägten Umfeld ins Stocken“, erklärte Ruth Brand, Präsidentin des Statistischen Bundesamts, dazu auf einer Pressekonferenz. Die „trotz der Rückgänge“ nach wie vor hohen Preise auf allen Wirtschaftsstufen würden die Konjunktur dämpfen.

Destatis hat dabei vorrangig ungünstige Finanzierungsbedingungen durch steigende Zinsen und eine geringere Nachfrage als Problemherde identifiziert. „Damit setzte sich die Erholung der deutschen Wirtschaft vom tiefen Einbruch im Corona-Jahr 2020 nicht weiter fort“, sagte Brand. Verglichen mit dem Pre-Corona-Jahr 2019 war das BIP um 0,7 Prozent höher.

Mit Material von AFP

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