Behörden-Posse um eingestürzte Mühlbachbrücke - Entrüstung im Stadtrat

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Weil sich der Bau hinzieht, wurde mit Big Bags provisorisch das Wasser aufgestaut. Auch sie sollen verschwinden. © mm

So etwas gab es noch nie in der Region: Nach dem Einsturz einer Brücke in Olching wird seit Monaten geforscht, wer für den Schaden aufkommen muss. Im Rathaus will man aber nicht mehr warten. Man fürchtet um die Sicherheit, nicht nur bei Hochwasser. Ein provisorischer Deich soll helfen – doch das Landratsamt lehnt ab.

Olching – Für viele Olchinger war sie lange eine Idylle mitten in der Stadt, aber nun entwickelt sie sich zum Top-Aufreger-Thema: die Brücke über den Mühlbach (ein Nebenarm der Amper), hin zum beliebten Vogelpark. Oder besser gesagt: das, was von ihr übrig ist. Denn seit ein Wehr unter der Brücke einstürzte, ragen nur noch Ruinen des Übergangs aus dem Wasser, unverändert seit über zehn Monaten. Das empört mittlerweile nicht nur die Spaziergänger.

Wer ist zuständig für das Gewässer?

Gerade bahnt sich ein handfester Streit zwischen Behörden an. Gleich vorweg: Es ist ein absoluter Spezialfall. So etwas gab es nach Angaben der Beteiligten bislang noch nie im Landkreis. Denn bevor irgendetwas unternommen werden kann, muss geklärt werden, wer an dem Übergang überhaupt für den Unterhalt des Gewässers zuständig ist: die Stadt oder der Freistaat.

Archivar durchforstet uralte Urkunden

Um das herauszufinden, beauftragte das Landratsamt einen Archivar, der seit dem Einsturz des Wehres alte Dokumente sichtet. „Es handelt sich vor allem um Bescheide aus dem 18. Jahrhundert“, wie eine Sprecherin des Landratsamtes mitteilt. Diese seien nur für geübte Augen lesbar. Das Ergebnis sei derzeit noch völlig offen.

In Olching sieht man das anders. Bürgermeister Andreas Magg (SPD) sagte jüngst in einer Sitzung süffisant: „Das Landratsamt übersetzt immer noch alte Urkunden, um dann festzustellen, dass es nicht zuständig ist.“ Die Olchinger Stadtverwaltung hat es bislang über eine rechtliche Beratung versucht. Diese ergab, dass es sich um ein Gewässer I. Ordnung handele und der Freistaat für die Kosten aufkommen müsse.

Verzögerung ist gefährlich

Den Ausgang dieses Hickhacks um die Zuständigkeit will die Olchinger Stadtverwaltung nicht abwarten. Durch die Ruinen im Wasser drohe Gefahr am Ufer, heißt es. Davor hätten von der Stadt beauftragte Experten gewarnt. Die Überreste von Brücke und Wehr würden die Strömung an die westliche Böschung leiten. Das habe bereits Spuren hinterlassen. Der Untergrund wurde abgetragen, Hochwasser verschlimmere dies noch. Der Bauhof habe bereits Not-Maßnahmen ergreifen müssen. Denn es sei zu befürchten, dass die Böschung abrutscht und große Bäume sowie eine Stromleitung mitreißt.

Provisorischer Deich soll Ufer sichern

Im Olchinger Bauamt kam nun die Idee auf, einen provisorischen Deich mit Verrohrung zu errichten. „Der dient vorrangig der Ufersicherung“, wie Bauamtschef Markus Brunnhuber im zuständigen Ausschuss betonte. Auch der wichtige Zugang zum Vogelpark wäre wieder gewährleistet. Die Kosten belaufen sich auf um die 20 000 Euro. Die würde man erst einmal vorstrecken.

Vor fast einem Jahr ist die Brücke über den Mühlbach in den Amperauen eingestürzt. Die Ruinen liege bis heute im Wasser. 	foto: Gehre
Vor fast einem Jahr ist die Brücke über den Mühlbach in den Amperauen eingestürzt. Die Ruinen liege bis heute im Wasser. © Gehre

Das Landratsamt wurde informiert. Die Antwort sorgte für ordentlich Aufregung im Olchinger Rathaus. Die Behörde lehnt das Provisorium nämlich klar ab. Man habe selbst eine Prüfung mit dem Wasserwirtschaftsamt vor Ort veranlasst. „Unserer Einschätzung nach besteht derzeit keine Gefahr in Verzug“, heißt es in einem Schreiben. Es seien zwar deutliche Ufererosionen erkennbar. Diese hätten jedoch keine erheblichen Auswirkungen.

Pumpe statt Interims-Staudamm

Nicht nur der Deich wurde abgelehnt. Das Rathaus wurde zudem aufgefordert, ein anderes Provisorium zu entfernen. Hierbei handelt es sich um einen Staudamm aus sogenannten Big Bags (eigentlich Hochwasserschutz), der der dringend notwendigen Bewässerung des Vogelparks dient. Die war nach dem Einsturz des Wehres ebenfalls nicht mehr gewährleistet.

Dieser Eingriff in das Gewässer ist laut Landratsamt nicht erlaubt. Dem Vogelpark sei lediglich eine befristete Erlaubnis erteilt worden, seine Teiche mittels einer Pumpe weiter zu versorgen. Außerdem müsse die Durchgängigkeit für die Fische gewährleistet sein und man brauche ganz generell eine umweltverträgliche Lösung.

Stromfressende Pumpen für den Umweltschutz? Diese Argumentation sorgte für Entrüstung in den Reihen der Olchinger Stadtratsmitglieder – fraktionsübergreifend. „Das sind die Art von Beamtenschreiben, warum die Bürger über den öffentlichen Dienst schimpfen“, echauffierte sich CSU-Chef Tomas Bauer. Er fühle sich „verhohnepipelt“, also veräppelt.

Vogelschutz bremst Fischschutz nicht aus

So hatte Rathauschef Magg keine Schwierigkeiten, von dem zuständigen Ausschuss grünes Licht zu kriegen, gegen das Landratsamt zu meutern. Der Deich soll nun trotzdem gebaut werden. Und übrigens: Sorgen, dass hier der Vogelschutz auf Kosten des Fischschutzes geht, wurden von Magg ausgeräumt. Die Fische müssen demnach hier nicht aufsteigen, es wäre aber möglich. Allerdings würden sie sowieso am nächsten Wehr gestoppt.

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