Wende im Strafprozess: Ex-Chefbuchhalter von Wirecard könnte ein Geständnis ablegen

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Mögliche Wende im Wirecard-Skandal: Nach Berichten erwägt Ex-Chefbuchhalter von Erffa, ein umfassendes Geständnis abzulegen.

München – Inmitten des inzwischen 110 Prozesstage andauernden Betrugsprozesses um den Zahlungsdienstleister Wirecard deutet sich, nachdem Ex-Manager Bellenhaus aus der U-Haft entlassen wurde, eine weitere überraschende Wende an.

Laut Informationen des Handelsblatts prüfen die Verteidiger des ehemaligen Chefbuchhalters Stephan von Erffa im Wirecard-Prozess die Option einer Verständigung mit Gericht und Staatsanwaltschaft. Ein Geständnis von von Erffa könnte Teil dieser Verständigung sein, wobei über Einzelheiten nichts bekannt wurde. Auch wolle sich von Erffa öffentlich äußern, voraussichtlich schon kurz nach Ostern.

Wirecard
Das Wirecard-Logo ist am damaligen Hauptsitz des ehemaligen Zahlungsdienstleisters zu sehen. © Peter Kneffel/dpa

Möglicherweise entscheidende Wende im Wirecard-Skandal: Ex-Chefbuchhalter erwägt Geständnis

Stephan von Erffa, der unscheinbarste Angeklagte im Wirecard-Prozess, hat bisher so gut wie alle Vorwürfe bestritten. Doch es gibt Belege, die Zweifel an seiner Darstellung aufkommen lassen. Er könnte sogar eine Schlüsselrolle gespielt haben. Sollte er reden, könnte dieses die entscheidende Wende im Prozess bedeuten.

Der ehemalige Chefbuchhalter des Dax-Konzerns steht, ebenso wie der frühere Vorstandsvorsitzende Markus Braun, und der für Wirecard in Dubai tätige Ex-Geschäftsführer Bellenhaus seit Anfang Dezember 2022 wegen mutmaßlichen Milliardenbetrugs vor Gericht. Sie sollen als kriminelle Bande mit zahlreichen weiteren Komplizen einen Großteil der Wirecard-Gewinne erfunden und im mutmaßlich größten Fall von Wirtschaftsbetrug, der jemals in Deutschland stattfand, Banken um über drei Milliarden Euro geprellt haben.

Verteidiger des Ex-Chefbuchhalters loten Deal mit Gericht und Staatsanwaltschaft aus 

Markus Braun ist jedoch der einzige der drei ehemaligen Wirecard-Manager, die wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs angeklagt sind, der mehr als dreieinhalb Jahre nach dem Kollaps des Dax-Unternehmens im Juni 2020 in Untersuchungshaft verbleibt. Nun tarieren einer Meldung des Handelsblattes zufolge die Verteidiger des früheren Chefbuchhalters Stephan von Erffa die Möglichkeiten einer Verständigung mit Gericht und Staatsanwaltschaft aus. Zuletzt hatte im Wirecard-Skandal eine Spur nach Thailand geführt.

Wirecards Ex-Chefbuchhalter will sein Schweigen brechen

Das erste Rechtsgespräch, an dem Richter, Staatsanwaltschaft und von Erffas Verteidigung teilnahmen, fand bereits statt, so das Wirtschaftsblatt. Ob es tatsächlich zu einem Geständnis kommt und wie umfassend dieses ausfallen würde, sei jedoch unklar. Weitere Verständigungsgespräche zwischen Verteidigung, Gericht und Staatsanwaltschaft seien geplant, möglicherweise mehrere.

Stephan von Erffa, dem vorgeworfen wird, gefälschte Zahlen in die Bilanzen eingebracht zu haben, bestritt zunächst – ebenso wie CEO Braun – jegliche Verwicklung in den Skandal. Später gab er zu, die Autorisierung eines Geldtransfers gefälscht zu haben, behauptete jedoch, es sei ein Einzelfall gewesen. Seine Verteidigung argumentierte zunächst mit seiner vermeintlichen Unzurechnungsfähigkeit. Das Landgericht München bestellte zwei forensische Psychiater als Sachverständige, deren medizinisches Gutachten kam zu einem gegenteiligen Schluss.

Wirecard-Prozess um Milliardenbetrug: Urteile ergehen im September

Ob er nun in einem Geständnis seine Schuld oder Teilschuld einräumt, wird sich zeigen. Die Verteidigung von von Erffa äußerte sich auf Nachfrage von IPPEN.MEDIA bis Redaktionsschluss nicht dazu, ob eine Verständigung ihres Klienten mit Gericht und Staatsanwaltschaft gesucht wird – oder ob sogar ein Geständnis erwogen wird. Das Urteil soll am 5. September dieses Jahres verkündet werden, teilte das Gericht mit. 

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