Minimalistische Pflege statt Trendhype: So stärken Sie die Hautbarriere effektiv

Der Begriff „Detox“ klingt im ersten Moment überzeugend, suggeriert er doch, dass man Schadstoffe oder Belastungen aus dem Körper oder von der Haut gezielt ausleiten kann. Doch aus medizinischer Sicht muss man hier klar differenzieren: Unsere Haut besitzt keine „Entgiftungsfunktion“ im klassischen Sinne – diese Aufgabe übernehmen Leber, Nieren und Darm. 

Was wir bei der Haut jedoch beobachten, ist eine Art Überforderung oder Reizreaktion, wenn sie durch Umweltfaktoren, falsche Pflege oder zu viel Make-up aus dem Gleichgewicht gerät. In solchen Fällen kann es sinnvoll sein, der Haut gezielt Ruhe zu gönnen, ihre Schutzbarriere zu stärken und auf reizlindernde, regenerierende Wirkstoffe zu setzen. Das ist aber eher eine Form von funktioneller Hautpflege – keine Entgiftung im esoterischen Sinn.

Dr. Afschin Fatemi, Dermatologe und Leiter der S-thetic Klinikgruppe, ist Experte für Schönheitschirurgie. Er ist Teil unseres EXPERTS Circle. Die Inhalte stellen seine persönliche Auffassung auf Basis seiner individuellen Expertise dar.

Was belastet unsere Haut denn tatsächlich und wie äußert sich das?

Häufige Belastungsfaktoren sind Umweltgifte wie Feinstaub oder Ozon, aber auch UV-Strahlung, Rauchen oder ein zu häufiges Wechseln von Pflegeprodukten. Auch ein Übermaß an reizenden Inhaltsstoffen, etwa durch aggressive Peelings, zu viele Wirkstoffe auf einmal oder stark deckendes Make-up, kann die Hautbarriere schwächen. 

Die Folge sind Rötungen, Trockenheit, ein Spannungsgefühl oder sogar entzündliche Reaktionen. Manche Betroffene berichten auch von sogenannten „Breakouts“, also vermehrten Unreinheiten oder irritierten Hautstellen. Wichtig ist: Die Haut sendet uns frühzeitig Signale. Wer auf diese Warnzeichen achtet, kann gegensteuern – ganz ohne Detox-Mythos.

Wie kann man die Haut sinnvoll „entlasten“, wenn sie überpflegt oder gereizt wirkt?

In solchen Fällen empfehle ich meist, die Hautpflege zu vereinfachen – also zurück zu einer minimalistischen, hautphysiologisch sinnvollen Routine zu finden. Konkret bedeutet das: milde Reinigung ohne aggressive Tenside, eine gut formulierte Feuchtigkeitspflege mit Inhaltsstoffen wie Ceramiden, Ectoin oder Niacinamid, die die Hautbarriere stärken und entzündliche Prozesse beruhigen. 

Auch eine Pause von stark deckendem Make-up oder von zu vielen kombinierten Wirkstoffen kann helfen, die Haut wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Wer möchte, kann unterstützend eine medizinisch begleitete Pflegeanalyse in Anspruch nehmen – so lassen sich individuelle Unverträglichkeiten oder Hautbedürfnisse gezielter erkennen.

Gibt es aus Ihrer Sicht wissenschaftlich sinnvolle Behandlungen, um die Haut bei „Überlastung“ zu unterstützen?

Ja, es gibt durchaus minimalinvasive medizinische Verfahren, die helfen können, eine gereizte, fahle oder unausgeglichene Haut wieder in Balance zu bringen. Sanfte Laserbehandlungen etwa regen die Hauterneuerung an, ohne sie zu verletzen. 

Auch medizinische Peelings mit niedrig konzentrierten Fruchtsäuren oder Hydrafacial-Techniken können abgestorbene Hautzellen entfernen und die Poren reinigen – aber immer unter dermatologischer Kontrolle. Wichtig ist, dass diese Maßnahmen nicht als Trendkurverstanden werden, sondern als gezielte medizinische Unterstützung. Eine gründliche Hautdiagnostik sollte immer die Basis bilden, denn nicht jede Haut braucht dieselbe Behandlung.

Was halten Sie von Detox-Produkten, die online oder in Drogerien angeboten werden?

Viele dieser Produkte werben mit sogenannten „Entgiftungsstoffen“, oft ohne wissenschaftliche Belege. Begriffe wie „Detox-Wasser“, „Hautentgiftungsmaske“ oder „Entschlackungspflege“ klingen zwar gut, sind aber aus dermatologischer Sicht wenig belastbar. 

Solche Aussagen bedienen eher emotionale Erwartungen als medizinische Fakten. Statt sich auf Schlagworte zu verlassen, sollten Verbraucher lieber auf gut untersuchte Inhaltsstoffe achten, die nachweislich wirken – zum Beispiel antioxidative Vitamine, hautberuhigende Substanzen oder Barrierestabilisatoren. Wer unsicher ist, sollte sich ärztlich beraten lassen, bevor er seine Haut mit Trendprodukten überfordert.

  • Afschin Fatemi

    Bildquelle: Afschin Fatemi

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