Die Hannover Messe 2024 war Schauplatz einer bemerkenswerten Innovation: Ein Roller, betrieben mit Wasserstoff, entwickelt von Franz Zehendmaier aus Kreuth.
Kreuth – Für die internationale Technologiemesse mit 4 000 Ausstellern, 1 870 Sprechern im Rahmenprogramm und 130 000 Besuchern hat Franz Zehendmaier (74) seinen Rosi-Roller mit einem Wasserstoff-Antrieb versehen. Bei der Entwicklung des umweltfreundlichen Gefährts hatte er einen neuen Geschäftspartner an seiner Seite, den Automatisierungsingenieur Wolfgang Chen aus Freiburg im Breisgau. Chen hat dabei den Prototyp seiner Brennstoffzelle nach Zehendmaiers Angaben und Berechnungen für Zweiräder exakt auf den Kreuther Sitz-Roller angepasst. Gemeinsam haben sie die Brennstoffzelle in der Werkstatt in Scharling montiert und zum Laufen gebracht.
„In dieser kleinen Größe gehört diese Anlage zu den ersten Modellen für die Zwei-Rad-Kategorie“, erklärte Zehendmaier nach seiner Rückkehr von der Messe, wo er sich einen Überblick über den aktuellen Entwicklungsstand der wasserstoffbetriebenen Brennstoffzellen machen konnte. Sein Thema, das er auch als Dozent am Technologie- und Schulungszentrum München (TSZ) unterrichtet.
Brennstoffzellen verwandeln Wasserstoff in Elektro-Energie. Mit diesem Strom wird während des Fahrens der Akku eines Gefährts – sei es Zug, Auto oder Zweirad – nachgeladen. Im Vergleich zu Zehendmaiers Elektro-Rosi-Roller, den er 2010 entwickelt und mit dem er den Bundesinnovationspreis gewonnen hatte, kann die Reichweite des Rollers mit dem neuen Wasserstoffantrieb um ein Mehrfaches verlängert werden.
Brennstoffzelle soll auf jeden Gepäckträger passen
Das Besondere ist, dass Zehendmaier den Wasserstoff durch Elektrolyse aus Solarstrom vom eigenen Dach selbst herstellt. Dafür schüttet der Kreuther Tüftler reines Leitungswasser in die mit etwa 60 auf 50 Zentimeter recht handliche Elektrolyse-Apparatur, die für jedermann im Internet erhältlich ist. Der Strom zerlegt das H2O in Sauerstoff und Wasserstoff. Der Wasserstoff wird gleich während des Vorgangs in handliche, 20 Zentimeter große, grüne Spezialflaschen abgefüllt. In kürzester Zeit kann man diese Flaschen, deren Vorrichtung in der kleinen Brennstoffzellenanlage für Zweiräder verbaut ist, auswechseln. Die Idee zu diesem Joint Venture entstand im Febraur auf der Messe Free in München, wo sich die beiden Erfinder an Zehendmaiers Messestand kennenlernten und die ersten Fachgespräche führten. Innerhalb von zwei Monaten war das Projekt Wasserstoff-Roller angelaufen, sodass der Prototyp jetzt auf der Hannover Messe präsentiert werden konnte – und zwar am Gemeinschaftsstand von Baden-Württemberg. „Seit Jahren habe ich versucht, Partner aus Bayern zu finden, um den Wasserstoffantrieb an meinem Roller zu verwirklichen. Ich fand zwar Gehör in der Politik, bekam aber nie eine verlässliche Zusage“, sagt Zehendmaier mit Blick auf die zahlreichen schriftlichen Anfragen und persönlichen Gespräche, zuletzt am 9. April im Bayerischen Landtag.
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„Die Zusammenarbeit mit Wolfgang Chen, der mit seiner Green MeOH GmbH Projekte in Europa und Asien realisiert, könnte der Anfang einer langfristigen geschäftlichen Partnerschaft sein“, sagt Zehendmaier. Die beiden Erfinder wollen jetzt den Prototypen so verkleinern, dass die Brennstoffzelle inklusive Wasserstoffflasche auf jeden Gepäckträger montiert und mit dem Ladestecker von Radl-Akkus in Verbindung gebracht werden kann. „Das ist auch ideal für gewerblich genutzte Lastenfahrräder“, weiß Zehendmaier. Nach einer Woche Messe mit viel Interesse seitens der Fachbesucher auf dem Stand, ist das Erfinder-Duo zuversichtlich, dass ihre Idee zündet. Sie verspricht schließlich auch der Zweirad-Branche eine nachhaltige und saubere Zukunft. ak
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Vor einigen Jahren war Zehendmaier bei der Messe „Die 66“ in München vertreten. Mit dabei: der E-Roller zum Sitzen.