Hunderte protestieren gegen AfD – Partei spricht von „Wanderzirkus“
Rund 500 Menschen protestierten in Garmisch-Partenkirchen am vergangenen Freitag gegen die AfD. Die Stimmung vor Ort haben beide Seiten sehr unterschiedlich empfunden.
In knapp zwei Wochen wählen die Deutschen einen neuen Bundestag. Je näher der 23. Februar rückt, desto emotionaler werden die Debatten. Die treiben im ganzen Land Tausende auf die Straße, viele warnen eindringlich vor einem Rechtsruck. Diese Furcht treibt auch die Menschen in der Region um – das zeigte der vergangene Freitag (31. Januar). Der Polizei zufolge protestierten rund 500 Menschen in der Partenkirchner Fußgängerzone gegen die Politik der AfD.
AfD-Politiker treffen sich im Gasthof Zum Rassen – Schnell formiert sich Protest
Deren Mitglieder, darunter der Landtagsabgeordnete Ingo Hahn, stimmten sich im Gasthof Zum Rassen mit interessierten Bürgern auf die nahende Wahl ein. Hinter der Protestaktion vermutet die rechtspopulistische Partei überwiegend Teilnehmer, die von außerhalb des Landkreises anreisten. Beim örtlichen Kreisverband ist von einem „Wanderzirkus“ die Rede. Die Gegenseite widerspricht vehement und will auch beim Besuch von AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla Präsenz zeigen.
Der Kirchplatz in Partenkirchen hat sich über die Jahre zum Symbol des Widerstands gegen die AfD entwickelt. Praktisch immer, wenn die Partei im Gasthof Rassen zusammenkam, formierten sich dort Proteste. Mal fielen sie größer aus, mal kleiner. 2018 wurde die jetzige Kanzlerkandidatin Alice Weidel von mehr als 400 Demonstranten empfangen.
50 Teilnehmer angemeldet – Es kamen fast zehnmal so viele
Es gab auch Veranstaltungen, bei denen sich nur eine Handvoll Menschen an der Ludwigstraße versammelte. Es war also keine Selbstverständlichkeit, wie schnell sich der Kirchplatz am vergangenen Freitag füllte. Zur Demo, für die 30 bis 50 Teilnehmer angemeldet waren, kamen weit über 400. Damit hatten die Organisatoren Isabella von Luxburg (19) und Johannes Fischer (24) offensichtlich nicht gerechnet. Über den großen Zuspruch haben sie sich aber „riesig gefreut“. Beide absolvieren gerade eine Ausbildung im Kreisort, wollten ein Zeichen für Demokratie und Menschenrechte setzen. Wenn man hört, wie sich manche AfD-Politiker äußern, müsse man sich Gedanken machen, sagen sie. Für sie war es wichtig, dass sich die Garmisch-Partenkirchner klar positioniert haben und dabei friedlich blieben.
In den Reihen der AfD hat man das anders empfunden. Laut einer Pressemitteilung des Kreisverbands waren Parteimitglieder und Besucher einer „absolut feindlichen Stimmung ausgesetzt“. Sprecher Kai Schmitt, der vor Ort war, berichtet von heftigen Beleidigungen. Ihm zufolge handelte es sich bei den Demonstranten überwiegend nicht um Bürger aus der Region. Vielmehr um einen „Wanderzirkus“, der extra angereist sei. Deshalb könne man nicht folgern, dass die Meinung der Demonstranten die der örtlichen Bevölkerung widerspiegelt. Parteikollegen von ihm hätten mindestens einen Reisebus gesehen, aus dem Teilnehmer ausstiegen.
AfD berichtet von Reisebus mit Demonstranten – Veranstalter widersprechen
Die Veranstalter wehren sich sehr deutlich gegen diese Vorwürfe. „Ich habe keinen Bus gesehen“, sagt von Luxburg. Die gebürtige Garmisch-Partenkirchnerin ist überzeugt, dass die allermeisten „von hier“ waren. Sie habe viele Bekannte gesehen und auch den Eindruck gehabt, dass sich die Teilnehmer untereinander kannten. Zur Stimmung sagt sie: „Die Fronten waren verhärtet, aber feindlich wurde es nicht.“
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Bei der Polizeiinspektion Garmisch-Partenkirchen spricht man von „einem guten Miteinander“. Pressesprecher Paul Klette bestätigt auf Tagblatt-Nachfrage, dass es am vergangenen Freitag zu keinerlei Straftaten gekommen ist. Die Situation sei zu jeder Zeit unter Kontrolle gewesen. Die Beamten haben damit gerechnet, dass mehr als die rund 50 angemeldeten Teilnehmer kommen. Mit Blick auf die „angespannte Stimmung in Deutschland und der Welt“ muss sich die Polizei auf viele Szenarien einstellen, sagt Klette.
Tino Chrupalla kommt am 17. Februar nach Garmisch-Partenkirchen: Eine Demo ist wieder geplant
Seinen Kollegen sind wohl bald wieder am Kirchplatz im Einsatz. Für den 17. Februar hat sich AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla angekündigt. Eine Demonstration ist bislang nicht angemeldet, aber geplant. Das verrät Thomas Wagner vom Werdenfelser Bündnis gegen Rechtsextremismus, das auch am Freitag vertreten war. Es soll eine parteilose Kundgebung werden, dem Bündnis geht es um die Sache. Wagner findet es falsch, dass sich die Debatten praktisch auf die Migration beschränken. Diese Zuspitzung sei gefährlich. Zumal dadurch wichtige andere Themen, wie zum Beispiel Wirtschaft, völlig untergehen. (tsch)