„Schule muss sich bewegen und entwickeln“: Beuerbergs ehemalige Rektorin über ihre neue Arbeit

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Von Beuerberg nach München: Katharina Bolzmacher (41) arbeitet nun am Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung. Zuvor war sie Rektorin der Grundschule im Eurasburger Ortsteil Beuerberg. © Volker Camehn

Ganze 17 Jahre lang war Katharina Bolzmacher Rektorin der Beuerberger Grundschule. Jetzt entwickelt die 41-Jährige in München Lehr- und Lernkonzepte für das Fach Mathematik. Ein Interview.

Eurasburg - Nach 17 Jahren wechselte Katharina Bolzmacher im September von der Grundschule in Beuerberg, wo sie zuletzt als Rektorin tätig war, an das Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB) nach München. Dort entwickelt die 41-Jährige neue Lehr- und Lernkonzepte für das Fach Mathematik. Katharina Bolzmacher lebt in Pullach.

Frau Bolzmacher, Sie haben 17 Jahre lang in Beuerberg unterrichtet. Was sind Ihre schönsten Erinnerungen?

Ein besonderer Moment war die erste eigene Klassenleitung in meinem zweiten Referendariats-Jahr. Für die Entwicklung von damals 23 Schülern verantwortlich zu sein, war eine herausfordernde und schöne Aufgabe. Ich denke zudem gerne an einige Projektwochen zurück, in denen intensiv und mit viel Freude an verschiedenen Themen gearbeitet wurde; aber auch an Klassenfahrten und Feiern. Und die Begeisterung der Schüler, als sie nach der Corona-Zeit wieder in die Schule gehen und ihr Freunde treffen konnten. Das war sehr bewegend.

Corona war für viele Schüler eine wirklich schwere Phase.

In der Tat. Und das wirkt bis heute nach. Ein wichtiges Thema war deshalb an unserer Schule die Stärkung sozialer Kompetenzen. Denn auch die psychischen Belastungen hatten bei den Kindern zugenommen, das Lernverhalten hatte sich geändert. Zum Beispiel konnten sich die Kinder nicht mehr so lang konzentrieren wie vorher. Andererseits stellten sie sich nach dem Lockdown schneller auf wechselnde Aufgabenstellungen ein.

Was macht die Arbeit an einer Grundschule insgesamt aus?

Die Grundschulzeit ist die Zeit, in der Kinder besonders interessiert daran sind, die Welt, in der sie leben, zu verstehen. Sie sind sehr offen. In diesem Alter werden Basisfertigkeiten erworben, aber auch vielfältige Denkprozesse für Problemlösungen entwickelt. Diese Begeisterung fürs Lernen ist über die Jahre hinweg durchgängig spürbar gewesen. Die Grundschule ist zudem die erste gemeinsame Schulart für alle Schüler, sie ist mitentscheidend für ihre Persönlichkeitsentwicklung. Die Schüler sollen hier nicht weniger als ein wertschätzendes Miteinander lernen.

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Trotz aller pädagogischer Leidenschaft sind Sie zum ISB gewechselt.

Die Schulleitung in Beuerberg aufzugeben, war für mich keine leichte Entscheidung. Die neue Tätigkeit gibt mir jedoch die Möglichkeit, mich fachlich und persönlich weiterzuentwickeln – ein Gedanke, den ich auch meinen Schülerinnen und Schülern immer versucht habe nahezubringen. Da ich im mathematischen Bereich bereits sehr intensiv im Fortbildungsbereich tätig war, kann ich meine Kompetenzen nun bayernweit einbringen. Am ISB betreue ich das Referat Mathematik für Grundschulen. Meine Aufgabe ist es, als Ansprechpartner in diesem Bereich zur Verfügung zu stehen und aktuelle Erkenntnisse aus Wissenschaft und Praxis so zu verbinden, dass Unterrichtsentwicklung gut gelingt.

Wie müssen wir uns das konkret vorstellen?

Im Programm „QuaMath“ etwa koordiniere ich zurzeit auf Landesebene die Schulnetzwerktreffen für 461 bayerische Grundschulen zur Qualitätsentwicklung im Fach Mathematik. Außerdem unterstütze ich Schulen dabei, den Matheunterricht an die Bedürfnisse der Kinder anzupassen. Wichtig ist hier ein sprachsensibler Unterricht, das heißt: Mathematik mit Leben füllen, Rechenvorgänge anschaulich machen, mit nachvollziehbaren Bildern arbeiten. Zum Beispiel nicht einfach zu sagen „dreimal fünf“, sondern „drei Fünfer“. Das kann helfen, Zahlen und Formeln besser zu verstehen.

Was ist eigentlich so toll an Mathematik?

Das hat alles seine Ordnung, alles ist logisch, strukturiert und übersichtlich. Genauso wie bei den Naturwissenschaften. Ich liebe es einfach!

Unser Schulsystem steht immer wieder einmal in der Kritik. Ist es noch zeitgemäß?

Die Diskussion kenne ich. Aber es gibt ja immer wieder Anpassungsprozesse. Schule ist kein statisches Konstrukt, sie muss sich bewegen und entwickeln – mit den Kindern und für die Kinder. Die wollen ja Leistung erbringen und brauchen eine Rückmeldung. Diese Lernentwicklung liefert ihnen zudem Anreize, sich mit Lernprozessen auseinanderzusetzen. Neben der Bewertung mit Noten fließen aber auch vermehrt diagnostische Erhebungen ein. Ziel ist es zu schauen: Wo stehen die einzelnen Schüler, um dann Unterrichtsschritte passgenau zu planen. Wichtig ist, dass wir Kinder fördern, aber nicht überfordern.

Vermissen Sie bereits den Unterricht?

Gerade als Grundschullehrerin ist man Ansprechpartner für zahlreiche Anliegen, lernt und lacht gemeinsam mit den Kindern, diskutiert mit ihnen über aktuelle Themen. Diese Arbeit mit den Schülern hat mich immer sehr inspiriert, weshalb mir tatsächlich das Unterrichten mitunter fehlt. Schon deshalb kann ich mir vorstellen, irgendwann wieder an der Grundschule Eurasburg-Beuerberg zu arbeiten.

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