Wenn der Hund zum Killer wird: Gerissene Rehe – „Das Problem ist der Mensch“
Immer häufiger kommt es zu Hunderissen. Deshalb appelieren Experten eindringlich an die Vernunft der Halter. Schlimmstenfalls dürfen Jäger Hunde erschießen.
Wolfratshausen – Die tragischen Vorfälle häufen sich, für Jäger sind sie längst keine Besonderheit mehr: Hunderisse. Heuer verzeichnete die Polizeiinspektion Wolfratshausen schon vier verendete Rehe, die freilaufenden Hunden zum Opfer gefallen sind. Damit der vierbeinige Freund des Menschen keinem Wild schadet, sollten Hundehalter einige Punkte beachten.
Wichtig zu wissen: „In jedem Hund schlummert der Jagdinstinkt“, weiß Hundetrainer und Vorsitzender des Polizei- und Schutzhundevereins Loisachtal, Florian Roth. „Im Grunde ist jeder Hund ein domestizierter Wolf.“ Daher setze der Jagdtrieb bei den Vierbeinern – groß und klein – ein, sobald sich etwas schnell wegbewege, etwa Katzen, Enten oder eben Rehe.
Hundehaltern drohen strafrechtliche Konsequenzen
Hat ein Hund die Verfolgung erstmal aufgenommen, „schaltet er auf Durchzug“ und es gibt kein Halten mehr. Richtig problematisch wird es laut Roth dann, wenn er auf der Jagd einmal erfolgreich war: „Dann versucht es der Hund immer wieder, weil er Spaß daran entwickelt.“
Kein Vergnügen stellt das Verhalten jedoch für den Halter dar. Stellt der eigene Vierbeiner etwa einem Reh nach, erfüllt das den Straftatbestand der Jagdwilderei und zieht eine Strafanzeige nach sich. Erst Anfang Oktober wurden bei Wolfratshausen zwei durch Hundebisse verendete Rehe gefunden. Nach Angaben von Alexander Möckl, stellvertretender Dienstellenleiter der Polizeiinspektion Wolfratshausen, wurde deswegen ein Strafverfahren eingeleitet. Bislang gebe es jedoch keine Hinweise. „In solchen Fällen kann der Halter selten ermittelt werden“, räumt der Beamte ein.
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„Teilweise melden sich die Halter nach einem Riss selbst“, berichtet Möckl. Ist dem nicht so, finden oft Spaziergänger oder Jäger das verendete Wild und melden den Fund bei der Polizei. Die verlasse sich auf die Expertise von Experten des Landratsamts oder von Jägern, die anhand der Verletzungen erkennen, ob es sich um einen Hunderiss handelt. „Häufen sich die Fälle, fahren wir präventiv Streife“, so Möckl.
„Viele meinen fälschlicherweise, ihr Hund jage keine Tiere.“
„Das Problem ist nicht der Hund, sondern der Mensch“, macht Heinz Repert, Vorsitzender der Jagdkreisgruppe Wolfratshausen, deutlich. Er verweist auf die Unvernunft der Halter: „Viele meinen fälschlicherweise, ihr Hund jage keine Tiere.“ Daher werde auf die Leine verzichtet, damit sich der Hund austoben kann.
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Hetzt er aber doch einem Wildtier, wie dem Reh, hinterher, bedeutet das für das Opfer häufig einen qualvollen Tod. Er packe seine Beute von hinten und beiße mehrmals zu. Repert: „Weil sich das Wild wehrt, wird es dabei regelrecht zerfleischt. Das ist ein ganz schwerer Leidenskampf.“ Auch auf andere Waldbewohner wirke sich das dramatisch aus: „Das Reh schreit und plärrt im Todeskampf wie ein kleines Kind. Danach bleibt das Waldstück eine ganze Weile wildfrei.“
Das ist alles nur Erziehungssache. Ein gutes Beispiel sind ausgebildete Jagdhunde. Die lassen sich kontrollieren, das funktioniert tadellos.
Jäger dürfen Hunde erschießen
Gemäß Bayerischem Jagdgesetz ist der Jäger verpflichtet, das Wild im Revier zu schützen. Unter bestimmten Umständen dürfen Jäger deshalb zum Schutz der Tiere sogar Hunde erschießen. Das ist aber laut Repert nur erlaubt, wenn der freilaufende Vierbeiner die direkte Verfolgung erkennbar aufgenommen hat und es den Anschein macht, dass er das Reh tatsächlich erwischt. „Auf einen Hund habe ich noch nie geschossen – und das werde ich auch nie tun“, sagt der passionierte Jäger. „Der Hund kann ja nichts dafür, er geht seinem natürlichen Jagdtrieb nach. Schuld ist der Mensch, der sein Tier nicht unter Kontrolle hat.“
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Roth legt allen Haltern junger Hunde eine Grunderziehung „ans Herz“, damit sie sozialisiert werden und Kommandos lernen und befolgen. Noch besser seien spezielle Anti-Jagd-Kurse. „Das ist alles nur Erziehungssache“, so der Trainer, der selbst Jäger ist. „Ein gutes Beispiel sind ausgebildete Jagdhunde. Die lassen sich kontrollieren, das funktioniert tadellos.“
Hundetrainer empfiehlt Langlaufleinen
Um dem Rehwild Leid – und sich selbst Stress und Ärger – zu ersparen, sollten die Besitzer unbedingt ein paar Regeln beachten. „An der Leine führt gar kein Weg vorbei“, betont Roth. Um dem Bewegungsdrang des Hundes gerecht zu werden, empfiehlt Repert: „Langlaufleinen sind 15 oder 20 Meter lang und trotzdem hat man ihn jederzeit im Griff.“ Zudem sollten Hund und Herrchen nach Möglichkeit nicht in der Dämmerung Gassi gehen, da die Rehe bei anbrechender Dunkelheit aus ihren Verstecken heraus kommen. Die Wege sollten – besonders im Wald – zu keiner Zeit verlassen werden. Repert: „Wenn sich alle an diese Regeln halten, ist ein wunderbares Miteinander ohne Frust und Ärger möglich.“