Bayerische Grundschulen sollen Kernfächer priorisieren

  1. Startseite
  2. Bayern
  3. Kreisbote
  4. Oberland

Kommentare

Workbook für Grundschulkinder © Foto: Fleischer

Landkreis - Seit 2004 erhalten Schüler an bayerischen Grundschulen Englisch-Unterricht. Doch wenn es nach dem Kultusministerium geht, soll genau dieses Fach für die Grundschüler im Schulsystem nicht mehr angeboten werden. Dafür soll Priorität für die Lehrfächer Mathematik und Deutsch gelten.

Der Bayerische Philologenverband (bpv) unterstützt diese Idee und sieht schon seit vielen Jahren Bedarf für eine Lehrplanänderung.

Vergangenen Sommer führte der Verband eine Umfrage unter Englischlehrkräften durch. Sie sollten den Leistungsstand der Grundschulkinder nach dem Übertritt ans Gymnasium im Fach Englisch einschätzen. Das Ergebnis: 26 Prozent werteten den Stand als mangelhaft, 34 Prozent sahen die Englischkenntnisse der Schüler höchstens als ausreichend, während 35 Prozent die Ergebnisse als befriedigend einstuften. Nur fünf Prozent würden die Englischkenntnisse als gut einschätzen, während niemand der Befragten ein sehr gut vergeben konnte.

Englisch-Niveau sehr unterschiedlich

Das deckt sich auch mit der Erfahrung mancher Eltern. Eine Mutter von zwei Kindern aus dem Landkreis Weilheim-Schongau zum Beispiel (sie möchte namentlich nicht erwähnt werden) erklärte dazu, sie sei froh, dass ihr neunjähriger Sohn regelmäßig Englisch habe. Allerdings habe sie bei ihrer Tochter gesehen, dass der Leistungsstand der Kinder beim Wechsel aufs Gymnasium sehr unterschiedlich war. „Die Schüler aus den anderen Gemeinden waren viel weiter. Wer musste dann den Unterschied aufholen? Mutti natürlich.“

„Wir fragen uns schon lange, ob es Sinn macht, Englisch in der Grundschule zu unterrichten, wenn für die weiterführende Schule an der Stelle kein Gewinn oder Vorsprung festzustellen ist,“ sagte bpv Vorsitzender Michael Schwägerl. Das sei bereits vor zwölf Jahren die Ausgangslage gewesen.

Allerdings hätten sich die Rahmenbedingungen seitdem drastisch geändert. „Wir haben jetzt in allen Schullagen verstärkt mit Migration zu tun, mit Kindern ohne deutschen Sprachhintergrund, die auch mittlerweile am Gymnasium zur Schule gehen. Und da stellt sich die Frage, wo setzt man die Zeit am besten ein.“

Mehr Fokus auf Mathe und Deutsch?

Für Pädagogen ist das ein Indiz dafür, dass genau diese Zeit in den Klassenzimmern mit anderen Lehrfächern besser gefüllt werden kann und muss. Von den insgesamt 300 befragten Lehrern der bpv-Umfrage würden 82 Prozent Englisch in der Grundschule mit anderen Fächern ersetzen. Als besonders wichtig erscheinen dabei die Fächer Mathematik und Deutsch. Es sei elementar, hier die Grundkompetenzen auszubauen.

Die Diskussion – gerade vor dem Hintergrund der Migration – werde umso wichtiger, weil es für viele Schüler gewinnbringender wäre, über die Streichung des Englischunterrichts in der Grundschule nachzudenken.

Umsetzen lassen würde sich laut bpv so eine Lehrplan-Änderung „von einem Jahr auf das nächste“. Grundschulen hätten das „Klassenlehrer-Prinzip“ und könnten die Schwerpunkte selbst legen und auch die Zeit so zu schieben, wie es Sinn ergeben würde, sagte Schwägerl. Mehr Deutsch und Mathematik einzubauen sei kein Problem.

Der Verband beobachte die Situation bereits seit zehn Jahren und sieht sich nach Auswertung der Umfrage bestärkt in den errungenen Kenntnissen: Ohne fundierte Deutschkenntnisse sei es sehr schwierig, eine erfolgreiche Schul­laufbahn zu absolvieren. Dies würde dann auch eine gesellschaftliche Integration erschweren. Früher Englischunterricht würde den Schülern nicht viel bringen, wenn die Deutschkompetenz nicht ausgeprägter sei. Jetzt hofft der bpv, dass die Expertenmeinung der Englischlehrkräfte an Gymnasien bei der Ausgestaltung der geplanten PISA-Offensive des Kultusministeriums – Stärkung der Kernfächer Deutsch und Mathematik – berücksichtigt wird.

Das Schulamt Weilheim-Schongau erklärt auf Anfrage unserer Redaktion, dass die angesprochene Thematik „nur auf medialer Diskussion beruhe“. Den Staatlichen Schul­ämtern lägen zur Zeit keine Fakten oder amtlichen Informationen vor. Sollte eine Änderung in der Grundschule anstehen, würden Schüler und Lehrer informiert werden.

Auch interessant

Kommentare