Krankenkassenbeiträge: Weiterer Erhöhungshammer steht bevor – „Sturm rollt auf uns zu“

  1. Startseite
  2. Wirtschaft

Kommentare

Die Krankenkassenbeiträge werden laut BKK-Chef weiter steigen. Experten warnen vor erheblichen Belastungen für Beitragszahler und fordern von der neuen Regierung effektive Strukturreformen.

Erlenbach – An explodierende Krankenkassenbeiträge müssen sich Bundesbürgern offenbar auch in Zukunft gewöhnen. Kassen warnen vor immer weiter wachsenden Anteilen für Beitragszahler, sollte die neue Bundesregierung nicht effektiv dagegen steuern. „Ein veritabler Sturm rollt auf uns zu“, so Chef des bayerischen Landesverbands der Betriebskrankenkassen (BKK), Ralf Langejürgen. „Es vergeht kein Tag an dem nicht neue finanzielle Hiobsbotschaften die Öffentlichkeit erreichen“.

Kostentreiber für GKV: Belastung im Krankenhausbereich besonders groß

Einnahmen und Ausgaben klafften immer weiter auseinander. Die Ausgaben der BKK seien im Jahr 2024 um 9,5 Prozent gestiegen. Die bundesweite Steigerungsrate aller gesetzlichen Kassen von 7,8 Prozent wurde damit übertroffen – mit nur fünf Prozent Einnahmen auf der anderen Seite. Die Kassen hätten durchschnittlich nur noch Rücklagen für zwei bis drei Tage, was deren Planungssicherheit einschränke, so Langejürgen. Daher sei absehbar, dass der Beitragssatz von einigen Kassen innerhalb der nächsten Monate wieder angehoben werden muss – für alle Kassenarten.

Besonders betroffen sei nach Aussagen des BKK-Chefs der Krankenhausbereich. Statistiken der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) zeigen, dass sich die Ausgaben für Krankenhausbehandlungen zwischen 2019 und 2023 um 17 Prozent erhöht haben. Bundesweit lagen sie im Jahr 2024 bei rund 102 Milliarden Euro, also ein Drittel der GKV-Ausgaben. Langejürgen sieht die Gründe dafür hauptsächlich in der Tarifentwicklung für das ärztliche und nichtärztliche Personal in den Kliniken. Weiterhin werden der medizinische Fortschritt – Behandlungsmethoden und Arzneimittel – die allgemeine Preissteigerung und Inflation als Kostentreiber seitens Kassen genannt.

Krankenversicherungskarten
Auch für 2025 sehen Kassen weitere Beitragssteigerungen auf Bundesbürger zukommen. (Foto Illustration) © Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa

Krankenhäuser widersprechen dieser Ansicht jedoch. Laut einer DKG-Studie tragen Krankenhäuser in Deutschland insgesamt keine große Kostenbelastung der GKV. Demnach soll der Anteil an Krankenhauskosten an den GKV-Gesamtausgaben zwischen 2010 und 2022 sogar von 36 auf 33 Prozent gesunken sein. „Krankenhäuser sind weder Kostentreiber der Gesundheitsausgaben, noch ist das deutsche Krankenhaussystem besonders teuer“, hieß es. 

Trotzdem warnte der DKV gleichzeitig davor, dass das System bald zu kippen drohe. Jedes sechste Krankenhaus des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) ist wegen finanzieller Schwierigkeiten insolvent. „Es muss jetzt gehandelt werden, wenn es die politisch Verantwortlichen im Bund und den Ländern mit ihrer Verantwortung für die flächendeckende Gesundheitsversorgung ernst meinen.“ Sonst drohten Wartelistenmedizin und weite Wege für die Patientinnen und Patienten auch im Notfall.

GKV-Ausgaben zu hoch: Dringende Strukturreformen benötigt

Bereits Mitte des vergangenen Jahres sorgte sich Hauptgeschäftsführer der Verbände vbw, Bertram Brossardt um die Entwicklung: „Auch wenn die Prozentzahlen zunächst klein wirken – die Belastungen für die Beitragszahler sind es nicht.“ Brossardt machte die Politik der Ampel für die Explosion auf der Kostenseite verantwortlich: „Prinzipiell scheint bei der Bundesregierung die Mentalität vorzuherrschen, dass bei jeglichen Reformvorhaben pauschal ausgabensteigernde Maßnahmen die beste Wahl sind“, monierte er. Der vbw-Chef forderte daher Reformen, um Ausgaben zu reduzieren und Mittel effizienter einzusetzen.

Auch BKK-Chef Langejürgen fordert von der neuen Regierung echte Strukturreformen. Die Regierungsbildung zwischen Union und SPD stehe leider ganz im Zeichen Außen- und Sicherheitspolitik. Doch „auch in der Gesundheitsversorgung und in der Finanzierung unseres Gesundheitswesens rollt ein veritabler Sturm auf uns zu.“ Denn das Finanzsystem der GKV stehe an einem Scheideweg. „Der politisch verursachte Zwang zum unablässigen Drehen an der Zusatzbeitragssatzschraube muss sofort gestoppt werden“, so sein Appell.

Auch interessant

Kommentare