Krankenkassen-Appell an künftige Regierung - Ausgabenmoratorium zur Vermeidung weiterer Beitragserhöhungen
Auf den Kassen lastet ein Defizit von 6,2 Milliarden Euro. Das nimmt die GKV-Chefin zum Anlass, drastische Maßnahmen von der Politik zu fordern.
Berlin - In den vergangenen Monaten haben sich die Hiobsbotschaften für die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler bei den gesetzlichen Krankenkassen (GKV) gehäuft. Zum Jahreswechsel haben nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur (dpa) 82 der 94 Kassen die sogenannten Zusatzbeiträge erhöht, die von den Versicherern selbst festgelegt werden.
Krankenkassen fordern Ausgabenmoratorium: Ausgabendynamik ist ungebrochen
Im Januar kündigte die Techniker Krankenkasse (TK) an, dass die Erhöhung voraussichtlich nicht ausreichen werde, um die steigenden Kosten zu decken. Der DAK-Chef warnt, dass Krankenkassen vor Insolvenz stehen. Erst kürzlich berichtete Politico, dass das Defizit der Kassen im Jahr 2024 mit 6,2 Milliarden Euro deutlich höher ausgefallen sei, als noch im Dezember vom GKV-Spitzenverband prognostiziert.
Doris Pfeiffer, Chefin des GKV-Spitzenverbandes, hat dies nun bestätigt. Nach ihren Angaben lag das Defizit der Krankenkassen im vergangenen Jahr nach neuesten Berechnungen bei 6,2 Milliarden Euro und damit 700 Millionen Euro höher als zuletzt erwartet. „Die Ausgabendynamik ist ungebrochen, es muss nun schnell gehandelt werden“, mahnte sie im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

Krankenkassen fordern Ausgabenmoratorium: Politik muss sofort handeln
Pfeiffer fordert von der Politik drastische Maßnahmen, um die Finanzen zu stabilisieren. „Wir brauchen ein Ausgabenmoratorium, damit die Ausgaben nicht weiterhin schneller steigen als die Einnahmen.“ Das Moratorium, also dass die Kassen ab sofort nicht mehr ausgeben müssen, als sie über Beiträge einnehmen, müsse so lange gelten, bis durch geeignete Strukturreformen Einnahmen und Ausgaben wieder ins Gleichgewicht gebracht sind. Dieser Appell richtet sich an Union und SPD, die Parteien sollen in ihren Koalitionsverhandlungen entsprechende Schritte vereinbaren.
Angesichts der zu Jahresbeginn gestiegenen Krankenkassenbeiträge forderte Pfeiffer die Politik zum sofortigen Handeln auf, sonst „dreht sich die Beitragsspirale einfach weiter“. Das würde für Millionen Versicherte und ihre Arbeitgeber spätestens Anfang 2026 wieder deutlich steigende Krankenkassenbeiträge bedeuten.
Krankenkassen fordern Ausgabenmoratorium: Viele Gewinner, nur einen Verlierer
Preis- und Honorarsteigerungen, die über die laufenden Einnahmen hinausgehen, dürfe es nicht mehr geben. „Damit gewinnt die Politik Zeit, um die notwendigen Strukturreformen anzugehen“, argumentierte Pfeiffer. Nötig sei ein grundlegender Kurswechsel in der Gesundheitspolitik, forderte die Verbandschefin.
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Das Problem seien die „galoppierenden Ausgaben“. Die Kassen müssten oft zu viel Geld für zu wenig Qualität bezahlen. Die Gesundheitspolitik der vergangenen zehn Jahre habe viele Gewinner und einen Verlierer hervorgebracht: Die Krankenhäuser hätten so viel Geld wie noch nie bekommen, die Pharmaunternehmen enorme Einnahmesteigerungen und die Ärztinnen und Ärzte überproportionale Honorarzuwächse. „Verlierer waren die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler, die das alles durch hohe Beitragssatzsteigerungen bezahlen müssen“, sagte Pfeiffer dem RND.
Höheres Defizit der Krankenkassen als erwartet: Versorgung von Bürgergeldempfängern soll aus Steuermitteln finanziert werden
Eine neue Bundesregierung sollte auch die Versorgung von Beziehern von Bürgergeld komplett aus Steuermitteln finanzieren. Nach ihren Angaben würde die vollständige Übernahme die gesetzlichen Krankenkassen jährlich um zehn Milliarden Euro entlasten. Dies entspricht etwa 0,5 Beitragssatzpunkten.