Medwedew schickt wirren Weihnachtsgruß gen Europa: „Scharen von Ukrainern“ und „degenerierte Politiker“

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Der ehemalige Ministerpräsident Dmitri Medwedew schickt einen Weihnachtsgruß. Er spottet über Inflation und Flüchtlingsströme. Stimmt die Kritik?

Moskau – Der frühere russische Präsident Dmitri Medwedew kritisierte Europa in einer Nachricht am Heiligabend. Der Gefolgsmann von Wladimir Putin war von 2008 bis 2012 Präsident von Russland und anschließend bis 2020 Ministerpräsident. Seit 2020 war er stellvertretender Leiter des russischen Sicherheitsrates. In seinem Weihnachtsgruß sprach er über angebliche europäische Probleme wie Inflation oder Migration.

An Heiligabend schrieb er: „Anhaltend hohe Inflation und fehlendes Wirtschaftswachstum, Boykott der Energielieferungen aus Russland und seines Marktes insgesamt, Scharen von Ukrainern, die müßig durch die Straßen Europas ziehen, mit Zulagen, die höher sind als die Renten der Europäer, degenerierte Politiker, die schreien, dass es einen Krieg zwischen der Ukraine und Russland bis zum Sieg geben wird … Europa, hallo! Was ist los mit dir, bist du total krank? Frohe Weihnachten!“

Inflation, Abhängigkeit von Russland und Migrationszulagen: Was ist dran an Medwedews Kritik?

Die Inflationsrate in Europa stieg überproportional als der Ukraine-Krieg im Februar 2022 begann. Schuld daran waren vor allem die globalen Energiepreise, die plötzlich in die Höhe schossen. Zuletzt war die Inflation in Europa jedoch gesunken: Mit einer Inflationsrate von 2,4 Prozentpunkten laut Y-Charts ist die Inflation in der Eurozone fast wieder am Richtwert von 2 Prozentpunkten pro Jahr angekommen. Damit zeigte sich ein kontinuierlicher Abwärtstrend seit dem Höchstwert von 10,6 Prozentpunkten im Oktober 2022.

Auch die Diversifizierung der Importe von Öl und Gas ging mit lediglich minimalen Einbußen voran. Die russischen Anteile wurden bei Gas um über 50 Prozent reduziert, bei Petroleum sogar um über 75 Prozent. Das Argument Medwedews bezüglich der Migration erweist sich ebenfalls als lückenhaft: Geflüchtete aus der Ukraine waren laut EU im September 2023 4,2 Millionen Menschen in Europa. Sie hatten in Deutschland Anspruch auf Bürgergeld-Leistungen, Familienleistungen und Bafög. Dass sie etwas mehr erhalten als deutsche Rentnerinnen und Rentner, konnte bereits im Rahmen einer AfD-Behauptung widerlegt werden.

Medwedews Festtag-Wünsche einige Tage nach 12. Sanktionspaket der EU gegen Russland

Ilya Medwedew, der Sohn von Dmitri Medwedew, war unter den 61 Personen, die durch das zwölfte Sanktionspaket Folgen erleiden. Ihm wurde vorgeworfen, „in den illegal besetzten ukrainischen Regionen Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja digitale Dienste geschaffen zu haben“, so Newsweek. Auch die Cousine von Putin, Anna Tsivileva, wurde sanktioniert. Es liegt nahe, dass die Weihnachtsgrüße vor dem Hintergrund des Sanktionspakets formuliert wurden.

Medwedew (l) und Putin (r) sitzen an Podiumsplätzen vor russischen Flaggen.
Medwedew ist ein enger Vertrauter Putins. Er wird oft Putins „Scherge“ genannt. (Archivfoto) © picture alliance/dpa/Sputnik/Kremlin Pool/AP | Alexei Nikolsky

Bereit im Mai 2022 sagte Medwedew in Folge der Sanktionen gegen Russland „den Kollaps der Idee einer Amerika-zentrierten Welt“ voraus. Medwedew war zuletzt medial aufgefallen durch seine Prognose von drei möglichen Szenarien für ein Ukraine-Kriegsende.

Kurz nach seinen Festtags-Wünschen 2023 postete der ehemalige russische Ministerpräsident eine Reihe von Artikeln über die europäische Inflation, darunter Le Monde, Reuters und The Guardian. Die meisten Artikel bemerkten, dass die Inflation bereits sinkt: Es ging eher um die Nachwirkungen der hohen Inflation im Oktober letzten Jahres oder um einen Vergleich zum Vorkriegsniveau. Auf die Aussagen Medwedews schließen konnte man aus den veröffentlichten Quellen nicht.

Spott und Ärger unter Medwedews Weihnachtstweet

Sowohl über Medwedew als auch über Europa machten sich größtenteils anonyme X-Nutzende in den Kommentaren des Tweets lustig. Ein User schrieb von „MADvedev‘s speech“, also des verrückten Medwedews Sprache. Ein anderer User versprach ihm gute Psychologen in Den Haag. Andere Personen auf X, ehemals Twitter, versuchten, gegen Medwedew zu argumentieren. Sie zeigten Statistiken, in denen das Bruttoinlandsprodukt der EU und Russland verglichen werden, oder fragten, wann Russland sich aus der Ukraine zurückziehen würde.

Weitere User schrieben über Europa als „Fußabtreter, ein dreckiger“ oder kommentierten: „Europa ist ein Kontinent gegen sich selbst.“ Sie schienen dem Kommentar Medwedews zu Teilen zuzustimmen und erschienen unglücklich mit der europäischen Politik.

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