Kita geschlossen? Diese Ansprüche haben Eltern jetzt wirklich

Viele Kitas in Deutschland kämpfen derzeit mit massiven Personalausfällen. Ganze Gruppen werden geschlossen, Notbetreuung bleibt oft die einzige Option. Für Eltern bedeutet das: spontan zu Hause bleiben, Ersatzbetreuung organisieren und die Kitabeträge trotzdem weiterzahlen. 

Der Kölner Rechtsanwalt Christian Solmecke ordnet ein und beantwortet die Frage: Muss man Kita-Beiträge und Essensgeld weiterhin zahlen, wenn die Betreuung gar nicht stattfindet?

Überprüfen Sie den Vertrag 

Der wichtigste Rat gleich zu Beginn: „Schauen Sie in Ihre Verträge und die Regelwerke Ihrer Kita bzw. Kommune", so Solmecke. Eltern sollten nicht davon ausgehen, dass für alle Kitas dieselben Regeln gelten. Trägerstrukturen, Landesgesetze und kommunale Satzungen unterscheiden sich stark und manche Einrichtungen arbeiten komplett öffentlich-rechtlich, andere privatrechtlich, kirchlich oder in Mischmodellen. Was möglich ist, steht deshalb fast immer im eigenen Vertrag oder in der Satzung der Kommune. Und genau diese Unterlagen sollte man im Ernstfall zuerst prüfen.

Pech gehabt bei öffentlichen Kitas

Bei öffentlichen Kitas ist die Lage relativ eindeutig. Die Elternbeiträge gelten rechtlich nicht als Bezahlung für eine konkrete Betreuungsleistung, sondern als Pauschale für den reservierten Platz. Deshalb müssen Beiträge selbst dann weitergezahlt werden, wenn die Betreuung ausfällt – auch mehrere Tage am Stück. Gerichte haben diese Sichtweise mehrfach bestätigt. 

Selbst während der Pandemie durften Kommunen die Gebühren in vielen Fällen weiter das Geld einziehen, solange der Platz formal zur Verfügung stand und nicht gekündigt wurde. Der Gedanke dahinter laut Solmecke: Auch wenn kein Kind erscheint, laufen die Fixkosten der Einrichtung weiter, wie Personal, Miete, Energie. Nur wenige Kommunen haben freiwillige Rückerstattungsmodelle, etwa ab einer bestimmten Zahl ausgefallener Betreuungstage. Das ist aber die absolute Ausnahme. 

Glück gehabt bei privaten Kitas 

Ganz anders ist die Situation bei privaten Kitas. Hier gilt klassisches Vertragsrecht "und für Verträge gilt der Grundsatz, dass ohne Leistung auch keine Gegenleistung zu zahlen ist", erklärt Solmecke. 

In der Praxis haben viele private Träger jedoch Klauseln eingebaut, die eine Rückerstattung einschränken. Solche Bestimmungen sind aber anfechtbar. Sobald Eltern unangemessen benachteiligt werden oder das gesamte wirtschaftliche Risiko auf sie abgewälzt wird, können die Klauseln unwirksam sein. Deshalb lohnt sich bei privaten Einrichtungen eine rechtliche Prüfung besonders. Wer eine Rückforderung plant, sollte sie außerdem zeitnah geltend machen.

Kirchliche Kitas: Mal so, mal so

Kirchliche Kitas bewegen sich je nach Struktur in einer Zwischenwelt. Manche arbeiten auf Basis kommunaler Satzungen und sind rechtlich wie öffentliche Einrichtungen zu behandeln; andere schließen privatrechtliche Verträge ab und folgen damit denselben Regeln wie private Träger. Auch hier entscheidet am Ende die konkrete Rechtsform, nicht das Image des Trägers.

Essensgeld bei Ausfällen

Beim Essensgeld sieht es etwas besser aus. In vielen Bundesländern dürfen Kommunen nur das verlangen, was Eltern zuhause an Lebensmitteln einsparen würden. Ein überhöht kalkuliertes Essensgeld kann also zurückgefordert werden. Trotzdem gibt es bei kurzfristigen Schließungen meistens keine Pflicht zur Erstattung, weil die Pauschalen oft unabhängig vom tatsächlichen Verbrauch erhoben werden. Einige Satzungen sehen bei längeren Ausfällen Teilrückzahlungen vor, viele jedoch nicht. 

In privaten Kitas ist die Lage hingegen klar. Solmecke sagt: "Bei Essenspauschalen sehe ich sogar noch weniger Gründe, warum Kitas den Eltern Entgelte abverlangen dürfen für eine Leistung, die nicht erbracht wurde." Auch hier gilt aber wieder: Was im Vertrag steht, gilt und lässt sich im Zweifel prüfen.

Betreuungsausfall und Arbeitspflicht

Was Eltern dagegen fast nie ersetzt bekommen, sind Kosten für private Ersatzbetreuung. Schadensersatz wäre nur möglich, wenn der Kita ein Verschulden nachzuweisen wäre – etwa grobe organisatorische Versäumnisse oder dauerhaft zu wenig Personal, obwohl mehr Stellen möglich wären. Normale Krankheitswellen fallen ausdrücklich nicht darunter. Die Rechtsprechung wertet die Betreuung von Kindern grundsätzlich als Risiko der Eltern – nicht der Einrichtung.

Viele Mütter und Väter fragen sich außerdem, welche Rechte sie gegenüber dem Arbeitgeber haben, wenn sie wegen eines Kita-Ausfalls nicht arbeiten können. Die ernüchternde Antwort: In den meisten Fällen sehr wenige. Zwar gäbe es theoretisch einen Anspruch auf Lohnfortzahlung nach § 616 BGB, wenn man kurzfristig aus persönlichen Gründen ausfällt – und der Betreuungsausfall wäre genau so ein Grund. Allerdings schließen die meisten Arbeitsverträge diese Regelung aus. Dann bleibt oft nur Urlaub, Homeoffice oder unbezahlte Freistellung. Ist das Kind nicht krank, gibt es auch kein Kinderkrankengeld.

Was Eltern jetzt trotzdem tun können

Trotz der insgesamt schlechten Aussichten gibt Solmecke Eltern einen praktischen Tipp mit: Sich zusammenschließen und politischen Druck ausüben. "Solche öffentlichkeitswirksamen Forderungen haben in der Vergangenheit schon dazu geführt, dass Gelder erstattet wurden", so Solmecke.