Messerattacke in Bielefeld: Tatverdächtiger gefasst - Kontakte in die Islamistenszene
Nach gut 42-stündiger Jagd auf den mutmaßlichen syrischen Messerstecher von Bielefeld hatten die Fahnder den Gesuchten in einer Wohnung in Heiligenhaus in der Harzstraße geortet. Spezialeinheiten der Polizei überwältigten Mahmoud M.., der in der Nacht des 18. Mai fünf Menschen vor einer Bar teils lebensgefährlich verletzt haben soll.
Fußballfans von Arminia Bielefeld hatten den Angreifer in die Flucht geschlagen. Wie FOCUS online aus Sicherheitskreisen erfuhr, unterhielt der Mittdreißiger offenbar Kontakte ins Islamistenmilieu. So etwa zu einem 29-jährigen Fundamentalisten aus Harsewinkel.
Am Dienstagabend reagierte die Bundesanwaltschaft: Sie übernimmt die Ermittlungen wegen des Verdachts auf eine religiös motivierte Tat.
Syrer soll Bauhütte aufgebrochen haben
Die Staatsschützer verfügen über Informationen zu dem Extremisten - etwa aus dem Bereich "politisch motivierte Kriminalität". Bei der Durchsuchung der Räume des gesuchten M. in einer kommunalen Flüchtlingsunterkunft fand sich unter anderem ein Zettel mit brisanten Telefonnummern, darunter auch die des 29-jährigen Islamisten.
Mahmoud M. hatte noch weitere Handynummern aufgeschrieben, die zu einem Zirkel rund um Männer führten, die bereits ein Fall für die Justiz gewesen waren. Noch ist nicht bekannt, worum sich die Ermittlungsverfahren drehten und ob sie zu einer Verurteilung führten.
Die Ermittler gehen davon aus, dass der Syrer das Messerattentat geplant hatte. Gleich zwei große Küchenmesser sowie eine Stichwaffe, die an einen Krückstock gebunden war, fanden sich in seinem Rucksack, den er in der Nähe des Tatorts verloren hatte.
Zudem stellte die Mordkommission „Kurfürst“ eine PET-Flasche mit einer nach Benzin riechenden Flüssigkeit sicher. Nach FOCUS-online-Informationen soll der illegal eingereiste Syrer eine Bauhütte aufgebrochen und sich mit dem Kraftstoff versorgt haben.
Mahmoud M. reiste vor zwei Jahren nach Deutschland ein
Etliche Indizien deuten auf einen islamistischen Anschlag hin, doch fehlt es noch an eindeutigen Beweisen. Es ist zu wenig, als dass der Generalbundesanwalt den Fall übernimmt - bis Dienstagabend.
Während eine Sprecherin zuvor auf Anfrage mitgeteilt hatte, dass man mit den örtlichen Behörden in Kontakt stehe und sich ständig über den Ermittlungsstand unterrichten lasse, folgte am Abend der nächste Schritt: Die Übernahme der Ermittlungen.
Es bestehe der dringende Verdacht des versuchten Mordes und der gefährlichen Körperverletzung, teilte die Karlsruher Behörde mit. Es bestehe der Verdacht, dass die Tat religiös motiviert war und als Angriff auf die freiheitliche demokratische Grundordnung zu verstehen sei.
Vor zwei Jahren war Mahmoud M. nach Deutschland eingereist und lebte in der Asylunterkunft in Harsewinkel. Für die Strafverfolger war er ein unbeschriebenes Blatt. Seine Flucht aber verrät ein gewisses Geschick.
Die Todesermittler griffen zu vielen Fahndungsmitteln, um den Gesuchten aufzuspüren. So wurde ein Mantrailer-Hund (Personen-Suchhund) auf seine Fährte gesetzt. Er sollte den Fluchtweg aufzeigen. Videoaufzeichnungen zeigten den Tatverdächtigen, als er kurz nach 15 Uhr in den Hauptbahnhof Bielefeld eilte. Mahmoud M. bestieg einen Zug nach Hamm.
Dort angekommen, nahm der Tatverdächtige die Bahn bis Essen Hauptbahnhof. Offenbar wechselte der Flüchtige zu öffentlichen Verkehrsmitteln. Letztlich landete er im Einkaufszentrum im Bahnhof Velbert. Über den Hinterausgang setzte er seine Flucht fort.
Flüchtiger wurde in Heiligenhaus gefunden
Unterdessen meldete sich am Nachmittag ein Mann, der Mahmoud M. am Essener Hauptbahn sein Handy geliehen hatte. Dieser hatte über das Smartphone die App der Deutschen Bahn aufgerufen den Weg zu seinem Ziel in Velbert abgefragt.
Die Ermittler wähnten sich bald am Ziel. So hatte man etwa das persönliche Umfeld des mutmaßlichen Attentäters abgeklopft. Drei potenzielle Unterschlupfe kamen in Frage. Zunächst einmal wurde die Wohnung eines mutmaßlichen Vetters des Gesuchten durchstöbert – erfolglos.
Schließlich fand man den Flüchtigen in Heiligenhaus. Inzwischen erwirkte die Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl wegen vierfachen versuchten Mordes nebst gefährlicher Körperverletzung. Die Beweggründe für die Tat, auch im Hinblick auf ein islamistisches Tatmotiv, werden geprüft, hieß es.
NRW-Innenminister Herbert Reul zeigte sich erleichtert: „Nach der Schock-Tat von Bielefeld haben die Ermittler jede kleinste Spur nach dem Täter aufgenommen und verfolgt - mit allen Möglichkeiten, die die Polizei hat und unter starken öffentlichen Druck.“ Die kleinteilige Arbeit habe sich gelohnt, führte der CDU-Politiker aus, „und wir konnten den überraschten Täter dingfest machen. Ich danke den Ermittlerinnen und Ermittlern für ihre exzellente Arbeit. Jetzt braucht es Antworten, welches Motiv den Täter zur Tat geleitet hat.“