Syrer abschieben? Deutsche Gerichte schaffen eindeutige Fakten

Die gute Nachricht für jene, die Abschiebungen von Syrern in deren Heimat richtig finden: Gleich drei Gerichte machen sie in konkreten Einzelfall-Entscheidungen möglich. Die Verwaltungsgerichte in Düsseldorf und Köln und das Oberverwaltungsgericht in Münster.

Abschiebungen nach Syrien: Klare Urteile von Gerichten

Sie kamen zum selben Befund: Ein Schutz vor Abschiebung besteht für Syrer nicht mehr, weil das bestialische Assad-Regime weg ist und damit auch der Hauptfluchtgrund und das Haupt-Rückkehrhindernis für die Flüchtlinge. Und: Wegen der deutschen Rückkehrhilfen bestehe auch nicht die Gefahr einer – am Ende möglicherweise lebensgefährdenden – Verarmung in Syrien.

Die schlechte Nachricht für jene, die Abschiebungen von Syrern in deren Heimat richtig finden: Jede Abschiebung zählt als Einzelfall, jeder Einzelfall ist - im Fall einer Klage - auch einer vor einem deutschen Gericht. Gut möglich, dass die Entscheidungen der drei nordrhein-westfälischen Gerichte so etwas werden wie Musterurteile. Wissen kann man es nicht. Die Politik kann wollen, was sie will: Das letzte Wort über Abschiebungen haben die Gerichte.

Eine unangenehme Zahl

Um dann gibt es noch diese unangenehme Zahl: In den vergangenen Jahren scheiterten die meisten Abschiebungen. Genauer: Mehr als jede zweite Abschiebung endet als gescheiterter Abschiebungsversuch. In den vergangenen Jahren gingen zwischen 60 und 65 Prozent der Abschiebungen daneben. Sie endeten mit einer Niederlage des deutschen Staates gegen den Flüchtling, der partout nicht heimkehren wollte. Gründe dafür gibt es viele – häufig sind es randalierende Migranten, die einen Flug dann eben aus Pilotensicht zu einem nicht vertretbaren Sicherheitsrisiko machen.

Abschiebungen sind also stets nur die zweitbeste Lösung im Umgang mit Flüchtlingen, die keine – mehr – sind oder nie solche waren.

Abschiebungen sind teuer, riskant und oft genug erfolglos

950.000 Syrer leben in Deutschland, fast 200.000 wurden seit 2005 eingebürgert, sie haben einen deutschen Pass. Für sie hat sich das Thema Abschiebung erledigt, weil sie sich nach dem Urteil der deutschen Einbürgerungsbehörden voll integriert haben.

Tatsächlich waren Ende 2024 knapp 290.000 Syrer in Arbeit. 60 Prozent von ihnen in sogenannten systemrelevanten Berufen, sagt das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung.

512.000 Syrer beziehen hingegen Bürgergeld (oder vergleichbare Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz). Das ist die mit Abstand größte – und damit für den deutschen Steuerzahler teuerste Gruppe. Sie leisteten bisher keinen Beitrag zum Wohlstand, schon gar nicht zur Rentenfinanzierung, wie es von Experten (Marcel Fratzscher) versprochen worden war. Die nächste Gruppe sind Afghanen (200.000 im Bürgergeld), gefolgt von Türken (192.000).

Die Bundesregierung verhandelt mit Syrien und Afghanistan über eine Rückkehr der Migranten. Mit der Türkei über die Rückkehr von Kurden zu verhandeln, gilt als vergebliche Liebesmüh. Deren Verfolgung ist evident.

Abschiebungen sind teuer, riskant und eben oft genug erfolglos. Besser ist es, auf freiwillige Rückkehr zu setzen – wobei die „Freiwilligkeit“ durch Rückkehrhilfen befördert wird. Was aber eben auch – siehe die Verwaltungsgerichts-Entscheidungen – juristisch relevant werden kann.

Die meisten Rückkehrer der vergangenen Jahre gab es in den Jahren 2016, 2017 und 2018. Das ist interessant, ganz erforscht ist es noch nicht. Jedenfalls schreibt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, die freiwillige Rückkehr von rund 50.000 Flüchtlingen pro Jahr in dieser Zeit gehe auf den forcierten Zuzug aus anderen Ländern zurück. Demnach hätte es so etwas gegeben wie einen Verdrängungseffekt: Balkankriegsflüchtlinge gingen heim, als Syrienkriegsflüchtlinge kamen. War es wirklich so?

Ob syrische Städte zerstört sind, ist für Gerichte irrelevant

Tatsächlich kamen etwa im Jahr 2016 rund 55.000 Migranten ihrer drohenden Abschiebung durch freiwillige Ausreise zuvor – die meisten waren in diesem Jahr Albaner (15.000). Aus Deutschland abgeschoben wurden jedenfalls in diesem Jahr 25.000 Menschen, also halb so viele. Und es wurden 2016 rund 20.000 Migranten an der Grenze an ihrer Einreise nach Deutschland gehindert.

Daraus lässt sich ableiten: Die Zahl der freiwillig Zurückkehrenden sollte mindestens doppelt so hoch sein wie die Zahl der Abgeschobenen. Und man sollte gleichzeitig die Grenze dichtmachen für Menschen, die immer noch aus Syrien kommend nach Deutschland einreisen wollen (es sei denn, es handelt sich um jene, deren Einwanderung im deutschen Interesse liegt – Ärzte, Pfleger, usw.) etwa.

Widerlegung von Johann Wadephul

Die drei jüngsten Gerichtsentscheidungen lesen sich zugleich wie eine Widerlegung von Johann Wadephul (CDU), dem Bundesaußenminister. Der nach der Besichtigung eines zerstörten Vorortes von Damaskus gemeint hatte, ein solches Ausmaß an Zerstörung habe er noch nicht gesehen und daraus eine Schlussfolgerung bezüglich Syrern in Deutschland abgeleitet hatte: „Kurzfristig können sie nicht zurückkehren.“

Ob syrische Städte zerstört sind, interessiert allerdings deutsche Gerichte nicht oder nur kaum. Was juristisch zählt, ist: Droht ihnen politische Verfolgung?

Wadephul wäre politisch aus dem Schneider gewesen, hätte er sich nahe Damaskus geschickter geäußert, etwa so: Angesichts dieser Zerstörung hier und gerade im Licht unserer eigenen Erfahrung nach 1945 liegt es in unserem Interesse, alles zu tun, damit sie freiwillig zurückkehren.

So aber hat der Bundesaußenminister mindestens einen doppelten Fehler gemacht. Sie „können“ nicht zurück, ist falsch, siehe die Gerichtsentscheidungen in Deutschland.

Der unhistorische Vergleich mit Deutschland 1945

Und der Hinweis auf die Zerstörung in Syrien im Vergleich zu der in Deutschland ist unhistorisch. Denn erstens stimmt sie nicht, die meisten größeren deutschen Städte waren ganz oder fast ganz von den alliierten Bombern ab 1940 bis 1945 zerstört worden. 

Und: Das deutsche Wirtschaftswunder wäre ohne die Rückkehr von Hunderttausenden deutschen Männern aus den alliierten Kriegsgefangenenlagern so nicht denkbar gewesen. Zur Aufbaugeneration zählen auch Hunderttausende von Heimatvertriebenen, so schwer ihre Integration anfangs wegen der grassierenden Hungers- und Wohnungsnot auch war.

Ein deutscher Außenminister hätte sich für und nicht gegen die Rückkehr von Flüchtlingen aus Deutschland einsetzen müssen – unter Hinweis auf die eigenen nationalen Erfahrungen.

Deutschland verlassen um Syrien aufzubauen - ist das unbarmherzig?

Im Übrigen: Weshalb sollte es unter christlichen Gesichtspunkten unbarmherzig sein, ins eigene Land zurückzukehren, um es wieder aufzubauen? Wäre es nicht vielmehr unbarmherzig und unsolidarisch, in Deutschland zu bleiben und den Wiederaufbau den Daheimgebliebenen, vor allem Frauen und Kindern, zu überlassen?

Sich nicht für die Rückkehr von Syrern eingesetzt zu haben, ist ein gravierender Fehler Wadephuls, der – neben überraschenden historischen Defiziten – auch von einem eigenwilligen Amtsverständnis zeugt.

Wadephul hatte in der Unionsfraktion seine dort umstrittenen Äußerungen unter Hinweis auf seine christliche Orientierung verteidigt und für diese Sicht geworben. Die "Rheinische Post" gibt die entsprechende Passage aus Wadephuls Verteidigungsrede so wieder:

„Und bitte, sowas muss auch eine CDU/CSU-Fraktion, sowas müssen wir auch sehen. Nicht umsonst hängt hier das Kreuz. Dass dieses auch Menschen sind, die unter Bedingungen leben, die sind mindestens so schlimm wie 1945. Und es ist nicht trivial, zu ihnen zu sagen: Ihr geht da wieder hin zurück.“

Alliierten sahen die Kosten

Als die (West)-Alliierten die deutschen Soldaten recht schnell aus den Kriegsgefangenenlagern in die zerstörten deutschen Städtelandschaften entließen, spielten dafür christliche Gründe keine Rolle. Sondern materielle.

Großbritannien, Frankreich und die Vereinigten Staaten sahen einfach nur nicht ein, weshalb sie die hohen Kosten für die Unterbringung deutscher Gefangener in ihren Lagern zahlen sollten, nachdem sie schon die hohen Kosten für den Krieg gegen Hitlers Truppen aufbringen mussten.

So wie Wadephul es tat, Syrien 2025 mit Deutschland 1945 zu vergleichen, führt einfach in die Irre. Zumal Wadephul damit zugleich die Wiederaufbauleistung der Deutschen nach dem Krieg in Zweifel zog.