Der Einbruch in der Wärmepumpenbranche durch die politischen Debatten des vergangenen Jahres sorgen für Frust bei Unternehmern. Doch der Wirtschaftsminister beharrt auf positive Nachrichten.
Berlin – Ein Jahr nach den Debatten rund um die Gebäudeenergie im Rahmen des sogenannten Heizungsgesetzes hat sich die Heizungsindustrie noch immer nicht erholt. Das können mehrere Hersteller von Wärmepumpen - eine Technologie, die zum Politikum wurde - bezeugen: Vaillant und Stiebel Eltron mussten Kurzarbeit anmelden, Viessmann hat ebenfalls Kostensparmaßnahmen eingeführt, um das Unternehmen zu stabilisieren.
Und auch der Branchenverband meldete Ende April die ersten Quartalszahlen des Jahres, die kein gutes Bild abgaben: Die Heizungsbauer haben in den ersten drei Monaten 2024 in Deutschland fast ein Drittel weniger Anlagen verkauft als noch vor einem Jahr. Der Absatz sei um 29 Prozent auf 217.500 Anlagen zurückgegangen, teilte der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) mit. Der Absatz von Wärmepumpen ging um 52 Prozent zurück, der von Biomasse-Anlagen um 81 Prozent. Bei den Gasheizungen lag das Minus bei 17 Prozent. Allein Ölheizungen legten zu - um 27 Prozent auf 27.500 Anlagen.
Heizungsgesetz führt zu Wärmepumpen-Einbruch: Polarisierung und Populismus
Diesem Bild schließt sich im Interview mit der Wirtschaftswoche auch der Geschäftsführer von Stiebel Eltron, Kai Schiefelbein, an: „Unser Unternehmen macht 65 Prozent seines Umsatzes mit Wärmepumpen und wenn der Umsatz von einem Jahr aufs andere um 30 Prozent einbricht, dann geht das nicht spurlos an uns vorbei.“ Die Ausgangssituation sei schon schwierig, da Gas noch immer günstiger als Strom ist und dadurch die Anreize zum Wechseln vielen auf den ersten Blick nicht gegeben sind. „Das wird auch noch zwei bis drei Jahre bleiben, damit müssen wir leben. Die politische Volatilität hätte man aber vermeiden können“, ergänzt der Geschäftsführer.
Damit meint er natürlich die Heizungsdebatten vom vergangenen Jahr, die die Branche als ursächlich für ihr Leid sieht. Damit schließt sich Schiefelbein den Stimmen seiner Kollegen von Viessmann an. Der Wirtschaftswoche sagte Max Viessmann im Gespräch: „Was rund um die Wärmepumpe passiert ist, ist an Dramatik nicht zu überbieten. [...] Eine Technologie, die nachweislich effizienter ist und Vorteile hat, wurde kaputt geredet. Was an Mythen verbreitet wurde, an Polarisierung und Populismus stattgefunden hat, hat mich fassungslos gemacht.“
Dass noch immer keine Erholung stattgefunden hat, obwohl das Gesetz schon längst durch ist, liegt beiden Chefs zufolge an den anfänglichen Problemen bei der Förderung. „Dann kommen Förderzusagen wie jetzt die in Deutschland, die 2023 angekündigt wird, für die aber erst ab Ende Februar 2024 Anträge gestellt werden konnten, und das Geld wird jetzt erst im Herbst 2024 ausbezahlt. Das ist wieder ein Tiefschlag für die Heizungs- und speziell die Wärmepumpenindustrie, weil sich dadurch im schlimmsten Fall die Nachfrage auf den Herbst diesen Jahres verschieben kann“, so Kai Schiefelbein.
Habeck kontert: Förderanträge für Wärmepumpen steigen
Dieser Ansicht widerspricht der Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) jedoch. Er rechnet mit einem deutlichen Anstieg der Förderanträge Ende Mai. „Die Antragszahlen sind im April noch einmal klar gestiegen. Alle Anträge bisher konnten sofort beschieden werden, und die Antragstellerinnen und Antragsteller hatten innerhalb von Minuten die Gewissheit, dass ihre neue Heizung gefördert werden kann“, sagte Habeck der Rheinischen Post am Wochenende.
Nach Angaben seines Ministeriums hätten bei der Ende Februar neu gestarteten Heizungsförderung zum 30. April 21.000 Antragsteller eine Förderzusage erhalten. Dies belaufe sich auf ein Fördervolumen von 300 Millionen Euro. „Die Förderung insbesondere auch für die Wärmepumpe wird mehr und mehr angenommen“, sagte Habeck. Wer eine klimafreundliche Heizung einbaue, könne dafür eine „umfassende und verbesserte Förderung“ erhalten.
Meine news
„Ab Ende Mai rechnen wir noch einmal mit einem deutlichen Anstieg, denn dann startet die Antragsstellung für Selbstnutzende in Mehrfamilienhäusern und Wohnungseigentümergemeinschaften und wird im August auf alle weiteren Antragstellergruppen ausgedehnt“, fügte der Wirtschaftsminister hinzu. Er erwarte auch mit der Erholung der Baukonjunktur eine weiter steigende Nachfrage.
Industriestandort Deutschland generell in Gefahr
Auch wenn die Prognose des Ministers stimmen mag – für Stiebel-Eltron-Chef Schiefelbein waren die Heizungsdebatten nur ein Beispiel von vielen. Die Industriepolitik in Deutschland mache „seit vielen Jahren keine gute Figur“. Die Anreize werden falsch oder zu spät gesetzt, sodass heimische Branchen - wie aktuell die Solarbranche - nicht gegen die Konkurrenz ankommen. Dann die Bürokratie und die Genehmigungsverfahren, die in Deutschland zu lange dauern. Schließlich kritisiert Kai Schiefelbein, dass die „ganze Welt“ auf Subventionen setze – nur Deutschland nicht. „Ich bin generell kein Fan von Industriesubventionen, aber wenn die ganze Welt subventioniert und Deutschland nicht, dann ist das schlecht für Deutschland als Industriestandort.“
Dass es Probleme mit dem Wirtschaftsstandort gibt, hat die Bundesregierung auch verstanden. Es werden aktuell innerhalb der Koalition Maßnahmen diskutiert, um den Standort wieder attraktiver zu machen. Die FDP hatte auf ihrem Parteitag Ende April mit überwältigender Mehrheit das vom Parteivorstand vorgelegte Zwölf-Punkte-Programm für eine „Wirtschaftswende“ beschlossen, das unter anderem Steuersenkungen, Bürokratieabbau, eine Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und einen konsolidierten Staatshaushalt vorsieht. Dem gegenüber stehen die Koalitionspartner SPD und Grüne aber skeptisch gegenüber. Mit Material von dpa