Manager von Autoriese macht Verbrenner-Fans Ansage: „Pfeifen aus dem letzten Loch“
Ein Kölner Ford-Manager schlägt Alarm: Europas Autoindustrie könnte ihre Zukunft verspielen, wenn sie den Umstieg von Verbrenner- auf Elektroautos weiter hinauszögert.
Köln/München – Ford befindet sich auf einem absteigenden Ast: Im zweiten Quartal 2024 hat der US-Autobauer einen weiteren Rückgang bei Umsatz und Gewinn verzeichnet.
Entsprechend der wirtschaftlichen Entwicklung sind die Ford-Aktien in den Keller gerauscht. Der bereinigte Gewinn ging im zweiten Quartal des Jahres von 72 Cent auf 47 Cent pro Aktie zurück. Wie vielen Mitstreitern macht dem Autohersteller die niedrige Rentabilität im Geschäft mit Elektroautos schwer zu schaffen.
Ford-Manager warnt Verbrenner-Fans und fordert Festhalten an EU-Zielen 2035
Gunnar Herrmann, Aufsichtsratschef von Ford Deutschland, hat jedoch eine klare Botschaft für die Verfechter von Verbrennungsmotoren - und warnt vor den Folgen eines Festhaltens an dieser Technologie: „Wenn Sie an Wohlstand, Wachstum und an die Zukunft glauben, dann bitteschön, lasst die Ziele, wie sie sind!“, fordert Herrmann in einem Interview mit Bild und meint das auf EU-Ebene beschlossene Verbrenner-Aus für Neuwagen (ab 2035).
Der Ford-Manager (seit 1979 im Unternehmen) richtet seine Aussage an Politiker und Automanager, die das Ende von Benzin- und Dieselmotoren infrage stellen und auch vom Weiterbetrieb durch synthetische Kraftstoffe träumen.
E-Mobilität und Zweifel am Verbrenner-Aus: „...und jetzt zum lieben Gott beten“
Herrmann sieht darin ein Zeichen fehlender Strategie und kritisiert: „Solche Forderungen könnten nur dadurch begründet sein, dass Sie gar keine Strategie haben, beziehungsweise auf dem letzten Loch pfeifen, und jetzt zum lieben Gott beten, dass Sie das alte Zeug weitermachen können.“
Obwohl Ford im vergangenen Jahr in Köln ein neues E-Mobilitätszentrum auf die Beine stellte, verkauft man in Deutschland kaum E-Autos. Herrmann beschreibt die aktuelle Produktion als „homöopathisch“ und sagt, die derzeitigen Kapazitäten seien eigentlich zu wenig, um ein ganzes Werk im Zwei-Schichten-Modus zu rechtfertigen.
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Ford macht pro E-Auto 100.000 Euro Verlust - „hört auf zu debattieren“
Dabei befindet sich die gesamte deutsche Autoindustrie in einer kniffligen Lage, weil die Verkaufszahlen stagnieren. Der Absatz von BEV-Modellen in Deutschland brach im ersten Halbjahr des laufenden Jahres um 16,5 Prozent ein und pro E-Fahrzeug macht Ford angeblich über 100.000 Euro Verlust.
Trotz der aktuellen Schwierigkeiten auf den Automärkten sieht Gunnar Herrmann eine Verschiebung des geplanten Verbrenner-Aus in der EU nicht als Lösung. Stattdessen fordert er von der hiesigen Autoindustrie mehr Geschwindigkeit bei der Elektrifizierung: „Tempo ist angesagt, und hört auf zu debattieren. Guckt nach vorne, fragt den ein oder anderen Visionär in der Industrie“, so der 64-Jährige.
Elektroauto-„Stillstand“? Herrmann warnt vor chinesischen Herstellern
Der Ford-Manager warnt eindringlich vor den Folgen des „Stillstands, den wir gepflegt haben“ - und sieht die Gefahr, dass China die Führung bei E-Autos übernimmt: „Wenn ihr die Standorte gefährden wollt, dann ist das der Weg, diese wirklich auf die Rutschbahn zu hieven, indem ich ganz einfach die Entwicklung aussetze. Dann kommen die Autos eben aus China.“
Autokonzerne aus der Volksrepublik würden ihm zufolge „zeitnah“ Werke auch in Europa errichten, was für die hiesigen Hersteller „ein weiterer Anfang vom Ende“ wäre. Dabei war es interessanterweise auch sein Arbeitgeber Ford, der in den 20er-Jahren des vorigen Jahrhunderts nach Europa expandierte und über Jahrzehnte zu einer Institution wurde, mit bedeutenden Standorten und zahlreichen Arbeitsplätzen.
US-Autobauer mit katastrophaler E-Auto-Bilanz - „können das auch mit vernünftigen Kosten“
Bei den Problemen im Hinblick auf E-Mobilität geht es dem US-Autobauer um die finanzielle Komponente: Die Umstellung von Verbrenner- auf Elektroantriebe bringt für Ford erhebliche Belastungen mit sich. Im vergangenen Quartal verzeichnete der Konzern im E-Auto-Bereich einen Verlust von 1,14 Milliarden Dollar. Für das gesamte Jahr rechnet Ford mit einem operativen Verlust von 5 bis 5,5 Milliarden Dollar im E-Auto-Geschäft.

Während E-Autos schwächeln, gewinnen jedoch Hybridfahrzeuge an Popularität. Trotz aller Herausforderungen bleibt Herrmann optimistisch und ruft zu mehr Selbstvertrauen auf: „Es gibt nichts, was wir nicht können! Wir können das und wir können das auch mit einer vernünftigen Kostenstruktur“. Der Ford-Manager sieht in der Elektromobilität den einzigen Weg, die Klimaziele zu erreichen. Herrmanns Botschaft lautet: Wer an alten Technologien festhält, riskiert den Untergang.
Ford mit finanzieller Schieflage - weitere Jobs in Gefahr
Die europäische Autoindustrie steht vor der Herausforderung, den Übergang zur E-Mobilität zu meistern oder Marktanteile zu verlieren. Die finanziellen Belastungen für Ford zeigen, dass dieser Wandel nicht ohne Risiken ist. Manager hatten zuletzt erklärt, die nächste Generation von Elektroautos soll dann auf den Markt kommen, wenn damit Geld zu verdienen sei. Die Strategie wird sich neuerlich auf Arbeitsplätze auswirken, ließ der Hersteller zuletzt wissen.
Schon 2023 hatte das US-Unternehmen 5000 Jobs in Europa gestrichen, die meisten davon in Deutschland (2300), Großbritannien (1300) und Spanien (1100). Das Unternehmen kündigte damals an, die Anzahl der für Europa entwickelten Modelle zu reduzieren, um sich auf Elektroautos und den profitablen Bereich von Nutzfahrzeugen zu konzentrieren. (PF)