Weil der Landkreis Freising sparen muss, steht die mobile Elternbegleitung des Zentrums der Familie vor dem Aus. Leiterin Marina Freudenstein warnt vor den Folgen für Eltern und Kinder – und appelliert an die Politik.
Landkreis – Das knallrote Fahrzeug ist nicht zu übersehen: „Elmo“ heißt das Infomobil des Zentrums der Familie in Freising, mit dem die Mobile Elternbegleitung im Landkreis Freising realisiert wird. Ein niedrigschwelliges Angebot für Eltern, um schnell und unbürokratisch pädagogische Unterstützung zu bekommen, um ihren Kindern so einen für sie optimalen Bildungsweg zu eröffnen. Der Elternbegleitung steht infolge der Sparmaßnahmen des Landkreises nun jedoch vor dem Aus, der Landkreis hat bei den nötigen 92 000 Euro im Jahr den Rotstift angesetzt. Marina Freudenstein, Leiterin des Zentrums der Familie, will aber nicht kampflos aufgeben – und hofft auf Unterstützung aus den Rathäusern.
Neues Konzept war geplant
Seit 2021 ist Sozialpädagogin Veronika Unterreithmeier mit Elmo in Allershausen, Nandlstadt, Gammelsdorf, Hörgertshausen, Mauern und Wang unterwegs. „Die Mobile Elternbegleitung ist ein wohnortnahes Beratungsangebot für Familien mit dem Ziel, dass Kinder gut in Bildungseinrichtungen ankommen“, erklärt Freudenstein. Die Finanzierung des Projekts war auf vier Jahre begrenzt, Ende 2024 läuft sie aus.
Dafür sei mit in Zusammenarbeit mit dem Amt für Jugend und Familie und der damaligen Leiterin Arabella Gittler-Reichel geplant gewesen, das Projekt künftig auf noch bessere Füße zu stellen – in Form von sieben sogenannten Familienstützpunkten, verteilt auf den ganzen Landkreis. „Daran arbeiten wir seit zwei Jahren“, so Freudenstein. Dabei gebe es die Idee sogar schon viel länger: „Bereits 2014 haben wir ein Konzept für genau solche Stützpunkte geschrieben, das bereits damals auf großes Interesse stieß.“
Entscheidende Sitzung fiel aus
Heuer sollte alles in trockene Tücher gepackt werden: Im Frühjahr hat der Jugendhilfeausschuss bereits drei Stützpunkte – in Freising, Moosburg und Neufahrn – beschlossen. Die übrigen vier sollten in der Julisitzung folgen. „Auf diese vier hat sich das Zentrum der Familie beworben, denn sie sind in den Regionen geplant, in der wir momentan eh schon mit der Mobilen Elternbegleitung unterwegs sind“, erklärt Freudenstein.
Aber es kam anders: Die Juli-Sitzung fiel aus, Jugendamtsleiterin Gittler-Reichel wurde am 1. Juli fristlos entlassen. „Erst im September haben wir dann zufällig erfahren, dass die vier noch fehlenden Familienstützpunkte alle auf Eis gelegt worden sind, weil der Landkreis in seinem Haushalt ein zweistelliges Millionenloch entdeckt hat – und wir haben mit dem Ofenrohr ins Gebirge geschaut.“
Kein Geld für die Jugendhilfe
Das Zentrum der Familie habe daraufhin das Gespräch mit Landrat Helmut Petz gesucht. „Am 24. September hat er uns gesagt, wir sollen noch einmal darlegen, warum das Familienstützpunkte-Konzept sinnvoll ist und auch günstiger als die bisherige Mobile Elternbegleitung, denn dahinter steckt eine andere Finanzierungssystematik“, berichtet Freudenstein.
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Bereits am 25. September schickte sie das gewünschte Konzept, der Mailverkehr liegt dem FT vor. Nur einen Tag später kam die Antwort aus dem Jugendamt: Darin heißt es unter anderem: „Leider haben sich die finanziellen Gestaltungsmöglichkeiten der Kommunen allgemein in den letzten Jahren sehr verschlechtert. Dies betrifft leider auch den Landkreis Freising und damit verbunden die Jugendhilfe. Befristete Projekte wie das Projekt Mobile Elternbegleitung konnten daher leider nicht mehr in die Planung ab 2025 aufgenommen werden.“
Eltern auf sich allein gestellt
Das bedeutet: „Der Landkreis Freising ist dabei, ein Unterstützungsangebot für Familien zu streichen, das in den zurückliegenden Jahren sehr viel Gutes bewirkt hat. Konkret und praktisch und ohne große Bürokratie ist vielen Eltern und Kindern geholfen worden, gerade denen, die keinen Zugang zu den Beratungs- und Bildungsangeboten in Freising und den größeren Kommunen im Landkreis hatten“, sagt Freudenstein. Familien müssten künftig alleine schauen, wie sie zu Rande kommen. „Viele haben kein Auto, mit dem sie schnell mal Alternativen wie unser Elternhaus oder die Erziehungsberatung bei der Caritas in Anspruch nehmen können.“
Die größte Frage: „Was passiert mit den Kindern?“ Je früher sie positive Erfahrungen mit Bildung machen würden, umso motivierter und erfolgreicher könnten sie ihren Weg durch Kindergarten und Schule gehen. Das mache sie stark für die Zukunft. Die konkreten Folgen des Wegfalls sind laut Freudenstein schwer abzuschätzen, aber gewiss gewaltig.
Marina Freudenstein hofft nun, dass das Thema bei den Haushaltsberatungen des Kreisausschusses an diesem Donnerstag noch einmal aufs Tapet kommt. „Ich hoffe auf Unterstützung vonseiten der Politik. Anders sehe ich keine Chance.“ Bereits im Juli habe man das Projekt den Bürgermeistern ausführlich vorgestellt. „Die Resonanz war durchweg positiv“, so Freudenstein. Daher hat sie nun auch die Bürgermeister im Landkreis-Norden sowie im Ampertal um Hilfe gebeten.
Bürgermeister unterstützt Projekt
Einer, auf dessen Unterstützung die Mobile Elternbegleitung zählen kann, ist Allershausens Bürgermeister Martin Vaas. In seiner Gemeinde macht „Elmo“ seit 2021 regelmäßig Halt. „Bei uns wird das Angebot sehr gut angenommen. Frau Unterreithmeier konnte schon sehr vielen Familien helfen“, berichtet er auf Nachfrage unserer Zeitung. Die Pädagogin habe sich das Vertrauen der Eltern erarbeitet und viele erreicht, „die man sonst nicht erreichen kann“. Vaas würde es sehr bedauern, wenn das Projekt eingestellt werden müsste. „Es ist bekannt, dass der Landkreis finanziell ganz schlecht aufgestellt ist.“ Vielleicht gebe es trotzdem eine andere Lösung. Denn die Streichung dieses Angebots „wäre sehr schade“.
Das Landratsamt teilte am Dienstagnachmittag auf Anfrage mit, dass man sich dazu aktuell nicht äußern könne, da die Causa erst in der nächsten Sitzung des Jugendhilfeausschusses behandelt werde. Diese ist allerdings erst für 28. November geplant.