Fünf-Prozent-Ziel für die Nato: Merz bremst Debatte über Militärausgaben – nach Wadephul-Ansage
Wadephul unterstützt öffentlich Trumps Nato-Fünf-Prozent-Forderung. Die SPD scheint überrascht. Bundeskanzler Merz will den Fokus auf militärische Fähigkeiten lenken.
Berlin – Außenminister Johann Wadephul hat mit seinem Vorstoß zur Erhörung der Verteidigungsausgaben eine Debatte angestoßen – Bundeskanzler Friedrich Merz äußert sich hingegen zurückhaltender. In der ZDF-Sendung Maybrit Illner erklärte Merz am Donnerstagabend (15. Mai): „Diese Diskussion um Prozentzahlen vom BIP, das ist eine Hilfskonstruktion, um mal Richtwerte zu haben, in welche Richtung wir denn mit der Aufrüstung der Streitkräfte gehen.“ Noch am selben Tag hatte Wadephul mit seiner Unterstützung für die US-Forderungen für Aufsehen gesorgt.
Wadephul schließt sich Trumps Nato-Forderung an: Merz will Militär-Debatte auf Fähigkeiten lenken
Der Außenminister hatte sich bei einem Nato-Treffen in der Türkei der Forderung des US-Präsidenten Donald Trump angeschlossen, dass die Staaten des Verteidigungsbündnisses fünf Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausgeben sollten. Man folge der Einschätzung des US-Präsidenten, dass dies notwendig sei, erklärte Wadephul, nachdem er dort erstmals seit Amtsantritt seinen US-Kollegen Marco Rubio getroffen und mit ihm auch die aktuellen Bedrohungen durch Russland thematisiert hatte. Zu Wadephuls Vorstoß äußerte sich der Kanzler am Donnerstagabend jedoch nicht direkt.
Anstelle des Anteils der Verteidigungsausgaben an der Wirtschaftskraft solle es mehr um die konkreten militärischen Fähigkeiten gehen, erklärte Merz in der Sendung am Donnerstag. „Wir müssen die Fähigkeit entwickeln, den europäischen Kontinent aus eigener Kraft heraus verteidigen zu können.“ Bereits in seiner Regierungserklärung am Mittwoch hatte der Kanzler verkündet, er wolle aus der Bundeswehr die „stärkste Armee Europas“ machen.
„Die Stärkung der Bundeswehr steht in der eigenen Politik an erster Stelle. Die Bundesregierung wird zukünftig alle finanziellen Mittel zur Verfügung stellen, die die Bundeswehr braucht, um konventionell zur stärksten Armee Europas zu werden“, sagte der Kanzler in Bundestag. Zuletzt hatte die Bundesrepublik geradeso die von der Nato vorgegeben Zwei-Prozent-Marke des BIP erreicht. Staaten wie Italien, Spanien, Belgien und Luxemburg waren bis zuletzt aber noch weit davon entfernt.
Wadephul unterstützt Trumps Nato-Fünf-Prozent-Ziel – Klingbeil verweist aus Koalitionsvertrag
Ähnlich wie Merz hatte nach Wadephuls Aussage auch Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) erklärt, dass weniger die konkrete Prozentzahl der Ausgaben entscheidend sei. Vielmehr gehe es darum, „dass die Nato-Fähigkeitsziele, die dann auch festgelegt werden, schnell, umfassend und zeitgerecht erfüllt werden“. Natürlich werde am Ende über drei Prozent oder mehr geredet. Pistorius betonte außerdem, dass auch Wadephul klar sei: „Die Aufstellung des Etats für Verteidigung liegt im Einzelplan 14, also in meinem Haus.“
Die Sozialdemokraten schienen von Wadephuls Ansage überrascht und äußerten sich zurückhaltend. SPD-Chef Lars Klingbeil betonte in Berlin, im Koalitionsvertrag sei verabredet, dass man sich an die Nato-Fähigkeitsziele halten werde. Nach Angaben aus Bündniskreisen leitet sich die Quote von 3,5 Prozent daraus ab. Die Entscheidung über die Fähigkeitsziele werde auf dem Nato-Gipfel getroffen. „Und dann wird sich Deutschland an diese Verabredung halten“, so der neue Finanzminister. Er rate jedem in der Koalition, sich am Koalitionsvertrag zu orientieren.
Kritik an Wadephuls Militärausgaben-Vorstoß: Grüne warnen vor Anbiederung an Trump
Anders sieht es bei der Opposition aus: Die Grünen äußerten sich deutlicher und kritisierten die Äußerungen des Außenministers als „naiv“ – auch warnten die Grünen vor einer Anbiederung an US-Präsident Trump. Wie auch die SPD-Vertreter pochten sie auf eine solide Planung auf Basis der Pläne, die auf dem Nato-Gipfel im Juni beschlossen werden sollen. „Es wirkt etwas naiv, wenn Außenminister Wadephul denkt, er könne sich bei Präsident Trump anbiedern, indem er unseriös und jenseits des Koalitionsvertrages möglichst große Zahlen in den Raum wirft“, sagte Grünen-Fraktionsvize Agnieszka Brugger der Stuttgarter Zeitung und den Stuttgarter Nachrichten. (pav/dpa)